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Peter Prontzos:    Elemente der Primärtheorie                

Dienstag, 28. Dezember 2010, Elements of Primal Theory, www.arthurjanov.com                                                       

                                                                                                          

      Von Peter Prontzos, ein Freund und Universitäts-Dozent

     Isaac Newton, einer der  meistgefeierten Wissenschaftler aller Zeiten, bemerkte einst, dass er weit sehen könne, weil er „auf den Schultern von Riesen stehe.“ In gleicher Weise verbindet Arthur Janovs Ansatz zur Psychotherapie, die Primärtherapie, einige der wichtigsten Elemente seiner Vorgänger, während er eine tiefere und vollständigere Theorie des Heilungsprozesses anbietet.

  Das wurde mir klar, als ich die zweite Ausgabe von Louis Cozolinos unschätzbarem Buch The Neuroscience of Psychotherapy  las.

 

Zum Beispiel schreibt Cozolino, dass Freuds Psychoanalyse und die psychodynamischen Therapieformen, die daraus entstanden sind, theoretische Annahmen teilen, wie z. B. die Existenz des Unbewussten, die Macht früher Kindheitserlebnisse und die Existenz von Abwehrmechanismen, welche die Realität verzerren, um Angst zu reduzieren und bessere Bewältigung  zu gewährleisten.

 

Janov, der ursprünglich zusammen mit Freudianern Ausbildung machte, praktizierte konventionelle Psychotherapie, bis er durch seine Arbeit das entdeckte, was er als „Urschmerz“ bezeichnete. Im Allgemeinen bezieht sich dieser Begriff auf von Babys und Kindern erlebte Traumen, die so schmerzhaft sind, dass die Verletzung vom Bewusstsein abgetrennt werden muss. In den folgenden mehr als drei Jahrzehnten, hat er die Primärtherapie als Methode ausgearbeitet, die es Patienten ermöglicht, die Verbindung zu diesen Gefühlen herzustellen, damit Heilung erfolgen kann.

 

Im Gegensatz zu Freuds Psychoanalyse und einigen modernen psychodynamischen Methoden interpretieren oder erklären Primärtherapeuten jedoch nicht dem Patienten, was er oder sie ihrer Ansicht nach „wirklich“ fühlt.

 

Sie bieten weder „Einsichten“ an noch spekulieren sie über die Ursache des Traumas, und sie würden nie verlangen, dass der Patient etwas Künstliches macht wie übertriebenes Atmen oder Schauspielen.

 

Janov behauptet, dass Patienten anstatt solcher willkürlicher Praktiken ihre eigenen spezifischen Wahrheiten für sich selbst entdecken müssen, wobei der Therapeut als fachlich erfahrener und einfühlsamer „Zeuge“ agiert. Pionier dieser „klientenzentrierten Therapie“ war Carl Rogers in den 1960er Jahren. Wie Cozolino erklärt: „Rogers legte Wert auf die Schaffung einer Beziehung, welche die Chance des Individuums auf Selbstentdeckung maximierte.“

 

In derselben Art beendet ein Primärtherapeut eine Sitzung nicht nach 50 Minuten oder nach einem anderen künstlichen Zeitlimit. Der Patient hat so viel Zeit wie er benötigt, und eine Sitzung dauert oft zwei Stunden oder länger.

 

Eine Sitzung beginnt gewöhnlich damit, dass man den  Patient ermutigt, Kontakt aufzunehmen mit dem, was er oder sie gerade im Augenblick fühlt. Das ist der wirkliche „Königsweg zum Unbewussten.“ Es kann eine Emotion sein, eine Erinnerung, ein Traum, ein Lied im Kopf oder vielleicht eine körperliche Empfindung. Dieser körperliche Brennpunkt wurde zuerst von Wilhelm Reich verwendet, der mit Freud studiert hatte und der, wie Cozolino anmerkt, verstand,“dass Erinnerung nicht nur im Gehirn sondern überall im Gesamtkörper gespeichert wird.“

 

Kurz gesagt ist das Vertrauen, dass der Klient seinen eigenen Weg findet (mit geeigneten Anregungen vom Therapeuten), nicht nur die zuverlässlichste Methode, Zugang zu tiefen Gefühlen zu schaffen, sondern es ist – was keine Überraschung ist-  auch unverzichtbar dafür, Vertrauen zwischen dem Klienten und Therapeuten aufzubauen – ein Element, das wesentlich für die Entwicklung einer Heilbeziehung ist. Während Janov der Ansicht nicht zustimmt, dass „das heilende Element die therapeutische Beziehung an sich ist,“ betont er, dass die Patienten das Gefühl haben müssen, dass sie sich in einer sicheren, unterstützenden und verständnisvollen Beziehung befinden.

 

Diese empathische Situation ist das Gegenteil der Situation, die bestand, als der Schaden zugefügt wurde, und sie ermöglicht den Klienten, das Trauma sicher wiederzuerleben – dieses Mal in kleinen Portionen, um eine Neu-Traumatisierung zu vermeiden.

 

Wenn alle diese Elemente gegeben sind, hat der Patient die beste Chance, die heilende Verknüpfung zwischen dem bewussten Selbst und dem verdrängten Schmerz herzustellen. Wenn man den alten Schmerz fühlt, kann es zum Weinen, Faustschlagen, Zittern kommen – auch zum Zusammenrollen in eine Fötalposition, wenn eine traumatische Geburt wiedererlebt wird. (Nachdem  der Gefühls-Neurowissenschaftler Jaak Panksepp Janovs Videoband eines Patienten anschaute, der ein Geburtsprimal erlebte, stellte er fest, dass solches Verhalten „nicht vorgetäuscht werden konnte.“ )

 

Janovs Position ist, dass ein Therapeut dem Patienten - die meiste Zeit-  erlauben muss, so tief zu gehen, wie er oder sie gehen muss, um eine volle Verknüpfung herzustellen (und er glaubt, dass zu viele Therapien einen Patienten nicht voll in seinen/ihren Schmerz hinabsteigen lassen). Nach einer tiefen Verknüpfung werden Patienten Einsicht haben, warum sie sich so oder so gefühlt haben oder warum sie neurotisch ausagiert haben. Es bedarf vieler Sitzungen, bevor genug Schmerz freigesetzt worden ist, so dass man nicht mehr von alten Gefühlen getrieben wird.

 

Wie Cozolino behauptet Janov, dass der „Primärbrennpunkt der Psychotherapie anscheinend die Affektintegration in all ihren Formen ist, mit vollem Bewusstsein und voller Kognition.“ (Nicht unerwartet behauptet Janov, dass sich kognitive Verhaltenstherapie nur mit Symptomen – Gedanken – befasst, während sie die Ursache – vergrabene Emotionen -  übersieht. Gedanken sind einer der gebräuchlichsten Abwehrmechanismen gegen das Fühlen von Schmerz).

 

Mit der Zeit führt diese „Affektintegration“ zu  erhöhter neuraler Integration und zu gesteigertem Informationsfluss, wie Daniel Siegel bemerkt. Die Heilung ist nicht nur psychisch – Neuroplastizität bedeutet, dass es physische Änderungen an der Gehirnarchitektur selbst geben wird.  

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Übersetzung:  Ferdinand Wagner