Artikel u. Buchausz. |
BUCHAUSZUG |
Artikel u. Buchausz. |
ORIGINAL: GRAND DELUSIONS
|
||
Dr.
Arthur Janov GROSSE ILLUSIONEN Veröffentlicht
im Juni 2005 auf primaltherapy.com
Kapitel 16 _____________________ SCHLUSSFOLGERUNGEN _____________________ Vor
Jahren sagte ich, dass das größte Leiden der Menschheit gleich nach
psychischer Krankheit die Behandlung für sie sei. Ich glaube noch immer
an diese Behauptung. Die Psychotherapie der Gegenwart ist ein wirres
Durcheinander von Ansätzen, Philosophien, Meinungen und Persönlichkeiten,
die gegeneinander Krieg führen. Es gibt Therapien, die sich mit Gedanken
und psychischer Anpassung befassen, andere Therapien, die für Hier-und
Jetzt-Selbstausdruck eintreten, andere, die sich um Abreaktion und
Katharsis drehen – allerdings in einem historischen Vakuum, andere, die
die Psyche durch Neugestaltung der Muskulatur zu manipulieren suchen und
wieder andere, die danach streben, die Physiologie durch Medikamente und
chemische Veränderungen umzuwandeln. Diese Therapien stehen in der Regel
auf der einen oder anderen Seite der Dialektik; nie verstehen sie die
dynamische Wechselwirkung innerer Kräfte, die ein normales System in ein
neurotisches transformieren. Jede Therapie greift das Problem auf einer
anderen Ebene an, ohne die Gesamtheit der involvierten Prozesse zu
erkennen. Ich
glaube, dass es eine Heilbehandlung für Neurose gibt und dass
Psychotherapie dabei eine Rolle spielt, aber keine
„Psycho“-Psychotherapie; vielmehr eine, die auf Erfahrung gründet.
Diese Behandlung bedeutet, sich mit dem grundlegenden Konflikt zwischen
den Kräften des Leidens und ihrem Gegenspieler zu befassen. Das Ziel
besteht darin, jemandem, der von Gefühlen abgeblockt ist, zu helfen, ein
fühlender Mensch zu werden; Menschen zu helfen, Zugang zu sich selbst zu
gewinnen, sodass sie kein Unbewusstes mehr haben, dass entscheidend gegen
das Bewusstsein ins Gewicht fällt und sie dazu treibt, Dinge zu tun, die
außerhalb ihrer Kontrolle liegen. Von den Psychotherapien der Hauptströmung
kann das keine leisten, weil keine Theorie die zentrale Tatsache erkennt,
dass Neurose auf frühen Traumen basiert, die ein Leben lang im System
bleiben, und keine Therapie den Angriff auf eingeprägten Schmerz zum
Hauptziel hat. Wie wir gesehen haben, ignorieren die meisten
Psychotherapien entweder die Dialektik und den Schmerz oder
bewerkstelligen es, ihn wegzuschließen. Das
Problem mit der heutigen Psychotherapie ist Psychotherapie. Die
Krankheit wird als psychisch definiert, also geht der Patient zu einem
Therapeuten, um sich seine Psyche umgestalten zu lassen. Hypnotherapie
hilft ihm zu dissoziieren, Psychoanalyse gibt ihm „Einsicht“,
humanistische Psychologie umgeht Trauma und Schmerz auf der Reise zu
sogenannter Selbstverwirklichung und
Spitzenerfahrung, RET hilft ihm, seine Glaubensvorstellungen und
seine Philosophie zu identifizieren und zu verändern, Gestalt führt zu
„Bewusstheit“ und zufälliger Gefühlsentladung, und so weiter. Die
Psyche wird anvisiert, konfrontiert, gemanagt, besiegt und verändert,
aber der Patient verlässt die Therapie mit genau demselben Satz verschlüsselter
Schmerzen, die er in seinem Körper hatte, als er die Behandlung begann.
Dennoch „fühlt er sich wohl“ – das heißt, er denkt, er fühlt sich
wohl, weil all die zerebralen Einsichten, die der Therapeut anbietet, ihn
mit einer Abwehr ausstatten, die ihn besser von seinem Leiden trennt. Er
ist entfremdeter und deshalb fühlt er sich besser. Er fühlt sein Leiden
nicht mehr, das aber da sein muss, denn andernfalls wäre er erst gar
nicht zur Psychotherapie gegangen. Sein Schmerz ist jetzt lediglich ein
fernes Echo. Und die Abwehr, die den Schmerz weit weg hält, kann Jahre
andauern. Kann
Ihnen eine Therapie helfen, wenn Sie es glauben? Lässt der Wunsch, es möge
uns besser gehen, das geschehen? Wenn Sie sich kleine Hämmer vorstellen,
die Krebszellen zu Brei schlagen, wie beim gelenkten Tagträumen, sind Sie
dann wirklich gesund? Es gibt Beweise, dass es einigen Leuten hilft. Sind
sie gesund? Wenn der Schmerz bleibt, nein. Ihre Symptome bessern sich, was
wichtig ist. Aber wenn Sie sich Gesundheit einbilden, bekommen Sie
eingebildete Gesundheit. Symptome
bessern sich durch Biofeedback, Psychoanalyse und Religion.
Glaubensvorstellungen setzen Verdrängungssubstanzen frei, sodass das
Leiden nachlässt. Aber Glaube heilt nicht. Meiner Meinung nach können
Sie denken, dass Sie sich besser fühlen – durch Wünschen,
Sich-Vorstellen, Glauben und dadurch, dass Sie „Ihre Einstellung ändern.“
Aber sich wirklich gut zu fühlen, ist ein Seinszustand, der mit dem Körper
einhergeht. Wenn es Anzeichen gibt, dass der Körper Schmerz verarbeitet,
auch wenn jemand denkt, er oder sie fühle sich gut, dann besteht
ein Spalt zwischen dem, was man wahrnimmt, und wie man sich wirklich fühlt.
Dann können Sie das Gegenteil dessen denken, was in Ihrem Körper vor
sich geht. Ja, so kann Ihnen Wünschen Besserung bringen, aber nur in
geringem Maß und nur für gewisse Zeit. Solange
psychische Krankheit als psychisch definiert wird und solange Therapie auf
dieser Ebene bleibt, wird der Patient neurotisch bleiben. Oder wenn
Neurose als muskulärer Zustand definiert wird, wird die Behandlung alles
außer dieser Muskulatur ignorieren. Die Gesamtperson wird aus der
Gleichung ausgeschlossen. Genau das ist bei den meisten Hauptströmungen
der Psychotherapie geschehen. Seite
2 Obgleich
Patienten vielleicht denken mögen, sie seien gesund, ist es
offensichtlich, dass sie sich ungeachtet ihrer scheinbar verbesserten
Selbstbewusstheit oder der neuen kognitiven Muster, die sie gewissenhaft
erlernt haben, nicht wirklich auf tiefgreifende Weise verändern. Die
Psychotherapie der heutigen Zeit kann Sie befähigen, dass es Ihnen im
Kopf besser geht, aber sie hilft Ihnen nicht, gesund zu werden. Mit der
Zeit wird der Körper den Preis zahlen. Und die zerstörerischen, durch
Verdrängung und Entfremdung bedingten Wirkungen werden schließlich das
physische System zusammenbrechen lassen. In
der letzten Generation ist mit der Erkenntnis, dass Psychoanalyse und
andere Psychotherapien nicht wirklich funktionieren, und mit dem Aufstieg
der New-Age-Bewegung eine neue Auffassung aufgetaucht: dass es weder
notwendig noch möglich sei, Neurose zu heilen. So schrieb Joel Kovel vor
Jahren in A Complete Guide to Therapy : „Das Modell für Therapie
ist nicht die Heilung einer Krankheit sondern das Wachstum – genauer die
Bildung – einer Person.“ [1] Meine Ansicht ist, wenn Sie
Bildung wollen, gehen Sie zur Schule. Dafür brauchen Sie keine
Psychotherapie. Aber für Kovel, der das medizinische Modell aufgegeben
hat und glaubt, Neurose sei nur in Ihrem Kopf, reduziert sich der
psychische Zustand eines Menschen auf eine Lernangelegenheit. Wenn man
sich nicht wohl fühlt, muss man nur einer bestimmten Formel folgen, um
sich besser zu fühlen. Bedeutet das, dass Neurose etwas ist, das man
erlernt? Man wird voll bewusst, spontan, voller Freude geboren und
verlernt dann, wie man so ist? Was dann erfordert, dass man zurückwachsen
muss in das, was man einst war? Wenn
Therapeuten über „Wachstum“ reden, wie Kovel es tut, sollten sie von
wirklichem biologischen Wachstum des ganzen Menschen
reden und nicht von einem mystischen Begriff psychischen oder
metaphorischen Wachstums. Und zwar deshalb, weil Neurose im Blut, den
Knochen und im Gewebe steckt, was bedeutet, das ihre Beseitigung ebenso in
physischen Wachstums-Veränderungen resultieren sollte. In unserer
Therapie gibt es nach einem Jahr wichtige Veränderungen bei den
Wachstumshormonen. Bei einigen Patienten kommt es zu Wachstum weichen
Gewebes. Das ist wirkliches Wachstum. Nahezu
jede Psychotherapie-Schule gibt den Begriff und die Möglichkeit der
Heilung auf. Was paradox ist. Wenn Sie wirklich glauben, dass Sie keine
Krankheit behandeln, die Krankheit aber dennoch existiert, dann behandeln
Sie etwas anderes, weiß Gott was, und die Krankheit bleibt bestehen,
gleich, wieviel „Wachstum“ es gibt. Die Krankheit bleibt, aber weil
Sie sie nicht behandeln, ist Heilung natürlich nicht möglich. Dem
Fachgebiet der Psychologie bleibt nichts übrig, als ihrem begrifflichen
Schwanz nachzujagen. Sodann wird „Heilung“ suspekt, und diejenigen,
die das Wort gebrauchen, werden zu Parias. Warum
ist es nach einem Jahrhundert Theorie und Praxis zu dieser Sackgasse
gekommen? Weil Neurose nicht als biologische Krankheit betrachtet wird.
Obwohl Hunderte biologischer Veränderungen mit Neurose korreliert sind, hält
das Feld der Psychologie im Großen und Ganzen noch immer an der einfachen
Konzeption „psychischer Abweichung“ fest. Sie fasst Neurose als
einfach eine Frage einer gedanklichen Funktionsstörung auf. Wenn aber die
Lymphozyten oder Immunzellen als Ergebnis von Depression einer radikalen
Änderung unterliegen oder wenn man bei Autopsien an Schizophrenen
systematische Drehung von Gehirnzellen im limbischen System findet, sollte
es uns etwas über die Einheit von Körper und Psyche bei psychischer
Krankheit sagen. Wenn
frühe Traumen voll wiedererlebt werden und nicht nur Angst und Depression
verschwinden sondern ebenso seit langer Zeit bestehende Symptome wie
Allergien und Leiden und Schmerzen mysteriösen Ursprungs, sollte uns das
nicht auch etwas über das Vorhandensein von Neurose überall im
Organismus sagen? Die
meisten Leute würden bestimmt gerne gesund werden, aber sie wollen sich
nicht wirklich verändern. Sie wollen auf möglichst bequeme Art
gesund werden, ohne ihre Gepflogenheiten und ihren gewohnten Gang, die
Art, wie sie sich selbst sehen und ihren Lebensstil im Allgemeinen
merklich zu beeinträchtigen. Aus diesem Grund wählen sie Therapien, die
zu ihrer psychologischen Geisteshaltung passen. Und es gibt da draußen
ein Übermaß an solchen Therapien – Therapien, die Sie ermahnen, Ihre
Vorstellungen zu ändern, die Ihnen zeigen, wie man sich kreativ vergegenwärtigt,
frei von Angst zu sein und wie man Stress wegmeditiert, die Ihnen helfen,
die Spannung aus Ihren Muskeln herauszumanipulieren. Therapien, die grundsätzlich
an der Oberfläche des Problems bleiben und vielmehr versuchen, Wirkungen
zu beheben als tiefere Ursachen anzuvisieren. Heute
haben wir in der Psychotherapie im Grunde zwei unterschiedliche Ansätze:
Therapien, die eine gewisse Art emotionalen Ausdrucks unterstützen, und
Therapien, die sich auf Kognition und Analyse konzentrieren. Es hat sehr
viel Ähnlichkeit mit dem Familien-Schauplatz, wo ein Elternteil die
Kinder ein bisschen fühlen und sich selbst ausdrücken lässt, während
der andere Elternteil nicht einmal wissen will, was die Kinder fühlen.
Wenn Therapie Fühlen umgeht und Kognition zum Ziel hat, wird der
Therapeut unter bestimmten theoretisch-philosophischen Richtlinien in den
Dienst gezwungen, mit dem Ziel, Patienten zu helfen, dass sie aufhören
auszusehen, als seien sie krank, weil sogar das äußere Erscheinungsbild
von Schmerz ein Affront gegen den Therapeuten und die Wirksamkeit seiner
Therapie ist. Viele konventionelle Therapien, auch diejenigen, welche für
Hier-und Jetzt-Ausdruck eintreten, verneinen zu Gunsten verbesserten
sozialen Funktionierens die Notwendigkeit, die Existenz von (frühem)
Schmerz anzuerkennen, geschweige denn, dass sie darüber reden. Repressive
kognitive Therapien wie Behaviorismus, Konditionierungstherapie und RET
passen in ein breiteres soziales Umfeld, in dem Regulierung und Disziplin
von großer Bedeutung sind. Diese Therapien werden von Bundes- und Länderregierungen
großzügig mit Geldern gefördert, weil sie mit dem vorherrschenden
Zeitgeist verschmelzen: Sie sind in der Lage, die Forderung der
Gesellschaft an ihre Bürger auszuführen, nämlich zu verdrängen und
weiterzumachen, sich anzupassen, anzugleichen und zu produzieren. Seite
3 Nahezu
jede Therapie beinhaltet eine bestimmte Art von Manipulation des Patienten
durch den Therapeuten. Sogar eine Einsicht, die der Therapeut liefert, ist
eine Form von Manipulation, weil sie die Machtbasis unterschwellig vom
Patienten zum Therapeuten verlagert. Wenn man jemandem etwas über ihn
selbst sagt, bedeutet das, dass eine stärkere ‚wissensfähigere’
Seele zugegen ist. Oft haben Patienten Angst vor einer Therapie, weil sie
nicht wissen, wohin sie der Therapeut bringt. Angesichts der Natur der
Verdrängung macht das einen gewissen Sinn; obwohl sich Patienten besser
fühlen wollen, wollen sie nicht unbedingt die tiefliegenden Ursachen
ihrer Neurose fühlen. Jedenfalls erleichtern die meisten
Psychotherapien diese Art heilsamen Fühlens nicht. Stattdessen müssen
sich Patienten gewöhnlich in die vorgefassten (erklärten oder nicht erklärten)
Ziele und Absichten der Therapie einfügen. Wenn die Ziele vom Therapeuten
gesetzt werden, haben wir bereits das erste Problem. Die
neue 45-Minuten-Therapiestunde ist ständiger Bestandteil der autoritären
Mechanisierung der Psychotherapie. Für nichts scheint Zeit zu sein –
keine Zeit für Forschen oder Suchen, keine Zeit für langsame, mitfühlende,
warmherzige, reiche menschliche Interaktion. Alles ist auf die Minute
genau reguliert. Für den Patienten bleibt keine Muße, seine Gefühle zu
erleben und darüber nachzudenken, was er gefühlt hat, ein Prozess, der
Stunden beansprucht, nicht Minuten. Wenn Feelings diese zugebilligten
Minuten überschreiten, läuft es genau so: die Sitzung muss nach Zeitplan
beginnen und enden. Entweder löst der Patient seine missliche Lage in 45
Minuten, oder er wartet bis nächste Woche. Wenn er oder sie mitten in Tränen
oder großer Traurigkeit stecken, ist seine oder ihre Zeit dennoch um. Natürlich
lässt die bloße Struktur der Psychoanalyse kein tiefes Fühlen zu,
sodass diese Eventualität minimiert wird. Würde man nur eine kleine Veränderung
an ihrer Struktur vornehmen, so dass Sitzungen wie in unserer Therapie zu
Ende sind, wenn der Patient es sagt, könnte man zu tiefen Gefühlen
gelangen. Wie
ich sagte, sind die meisten Psychotherapien Erweiterungen des elterlichen
Systems. Sie setzen fort, was neurotische Eltern mit Kindern machen, wenn
sie sagen, Sie müssten sich organisieren, in Schwung kommen, beschließen,
es zukünftig besser zu machen, sich mehr bemühen, sich fürs Lernen und
für bessere Noten engagieren. Später im Leben drängt Sie eine andere
Autoritätsfigur, mit bestimmten Denk- und Verhaltensweisen aufzuhören,
erzählt Ihnen, es gebe keinen vernünftigen Grund, sich so zu fühlen,
wie Sie sich gerade fühlen, es sei nur das Produkt verzerrten Denkens,
und dass es an der Zeit sei, Kontrolle über ihre Gedanken auszuüben und
Ihr Leben in Ordnung zu bringen. Das erhält die Überschrift
‚Therapie’, aber in Wirklichkeit ist es einfach unter einem neuen
Titel verkleidete und auf einen anderen Schauplatz verlagerte elterliche
Ermahnung. Man sagt Ihnen, dass Ihre Probleme das Resultat der Wahl und
Entscheidung seien, die Sie getroffen haben und die Sie ändern können.
Gesund zu werden erfordere einfach, sich Ziele zu setzen und sich ihrer
Verfolgung zu widmen. Es sei alles in Ihrem Geist, eine Frage
intellektuellen „Verstehens“ und eine Frage, zu neuen Schlüssen zu
kommen. Was immer Ihnen in der Vergangenheit widerfuhr, bedeutet nichts
mehr. Das
Ziel der meisten Therapien ist nicht Bewusstsein sondern gegenwärtiges
Funktionieren. Und das Ergebnis ist verstärkte „Selbstkontrolle,“
auch als Verdrängung bekannt. Entscheidungen
zu treffen – wie sich zu entschließen, andere Denk- und
Verhaltensmuster zu lernen – ist vielleicht eine intellektuelle Tätigkeit,
aber viele Entscheidungen sind das Ergebnis unbewusster Kräfte, die nicht
gefühlt worden sind. Entscheidung, Geltendmachung oder jede andere
menschliche Bemühung muss man als Auswuchs historischer Prozesse sehen.
Entscheidungs-Therapie hilft Menschen, Entscheidungen zu treffen und über
ihre Ambivalenz hinwegzukommen, aber sie sind nach Art von: „Ich würde
gerne eine Entscheidung treffen, wenn ich mich entscheiden könnte, eine
Entscheidung zu treffen.“ Das soll nicht heißen, dass niemand je eine
bewusste Entscheidung treffen kann. Aber die Idee, dass ein Vergewaltiger
beschließen wird, nicht mehr zu vergewaltigen, oder dass jemand, der kalt
und distanziert ist, beschließen wird, warmherzig zu sein und Beziehungen
einzugehen, ist ungefähr so lächerlich wie zu erwarten, dass ein Mensch,
der unter Migräne leidet, beschließt, nie wieder eine Migräne zu haben,
oder einen Epileptiker zu ermahnen, er solle beschließen aufzuhören,
epileptische Anfälle zu haben. In Gehirn und Nervensystem wirken massive
Kräfte, Kräfte, die man als Ursache der Neurose und ihrer somatischen
Ausflüsse begreifen muss und mit denen man sich befassen muss, wenn
irgendeine Art wirklicher Heilung zustandekommen soll. Vor
einigen Jahren war ein Buch über frühe Erfahrung auf dem Markt, das für
mich ein Licht auf die Art von Problemen und falschen Schlüssen wirft,
die entstehen, wenn man versucht, durch ahistorisches Theoretisieren und
„objektive“ statistische Analysen zu einem Verständnis emotionaler
Krankheit zu gelangen. Early Experience: Myth and Evidence [etwa: Frühe
Erfahrung: Mythos und Beweise], herausgegeben von Clarke und Clarke
[2], präsentiert die Perspektiven vieler der größten Namen in der
Kindertherapie und –forschung. Sie beinhalten Urie Bronfenbrenner,
Professor für menschliche Entwicklung an der Cornell Universität; Wayne
Dennie, Professor Emeritus, Brooklyn College; Michael Rutter, Professor für
Kinder-Psychiatrie, Institut für Psychiatrie, London; Jerome Kagan,
Professor für menschliche Entwicklung in Havard. Es scheint, dass diese
prominenten Professoren alle zu dem gleichen auf seriösen und
wissenschaftlich organisierten Forschungsprojekten basierenden Schluss
gekommen sind: dass frühe Lebenserfahrung nicht viel mit späterer
Neurose zu tun hat. „
Das beständige Bild substantieller Erholung (von schwer früh-isolierten
Babys),“ schreiben die Herausgeber, „in Verbindung mit dem Fehlen von
Beweisen, die potentielle genetische Überlegenheit nahelegen, stellt die
Möglichkeit einer frühen Periode ernsthaft in Frage, in der der
Organismus irreversibel anfällig für Umgebungseinflüsse ist.“ [3] In
ihren Schlussfolgerungen behaupten Clarke und Clarke das Folgende: Seite
4 Ohne
Ausnahme sind sich die Autoren, deren Werk zitiert wird, der Wichtigkeit
genetischer Variablen bewusst; sie stehen der Möglichkeit von
Umwelteffekten feinfühlig gegenüber; eine Mehrheit hat – manchmal zu
ihrer eigenen Überraschung – Beweise erbracht, die nahelegen, dass Ereignisse,
die in den ersten paar Jahren im Leben eines Kindes geschehen, nicht
unbedingt von großer Bedeutung für die spätere Entwicklung sind. [4]
[Kursivschrift zusätzlich] Die
einzige Möglichkeit, wie jemand zu dieser Art von Schluss kommen könnte,
besteht darin, dass er oder sie völlig von seiner eigenen Kindheit losgelöst
ist. Ganz zu schweigen davon, dass die von den Autoren zitierten
Forschungsarbeiten den Myriaden Studien ins Gesicht fahren, die das
Gegenteil anzeigen. Misshandelte Kinder werden zum Beispiel mit zehnfach höherer
Wahrscheinlichkeit zu misshandelnden Eltern. Kinder aus zerrüttetem
Elternhaus haben eine viel größere Wahrscheinlichkeit als Kinder aus
intaktem Elternhaus, unter Nervenzusammenbrüchen, Alkoholismus und
Drogenabhängigkeit zu leiden. Statistische Indizien können nützlich
sein; sie können auch entmenschlichen. Sie können vielmehr mit
„statistischen Wahrheiten“ enden als mit menschlichen Realitäten.
Jedenfalls müssen Sie nicht andere Leute studieren, um die Macht zu
erkennen, die frühe Ereignisse ein ganzes Leben lang ausüben. Wenn Sie
sich an Ihre Kindheitserfahrungen erinnern und fühlen könnten, was Sie
Ihnen im späteren Leben angetan haben, wäre es Ihnen keinesfalls möglich,
diese Ereignisse bedeutungslos zu nennen. Die
Clarks sagen, dass die Freudianer und Neo-Freudianer die Wichtigkeit früher
Kindheitsereignisse überbetont haben. Sie sagen auch, dass Therapeuten,
wenn sie annehmen, Neurose leite sich daraus ab, was früh im Leben
geschieht, damit enden, dass sie nur sehen, was sie sehen wollen: die schädlichen
Wirkungen früher Erfahrung. Diese Editoren beziehen sich auf Forscher,
die versichern, dass es eine bequeme Methode sei, die Diskussion gegenwärtiger
Probleme zu vermeiden, wenn man sich in der Psychotherapie auf die
Kindheit eines Erwachsenen konzentriert. Diejenigen, die die Auswirkungen
der Kindheit betonen, sagen sie, „agieren unwissentlich als
wechselseitige Verstärker bei der Entdeckung von Anomalien im frühen
Leben.“ [5] Ich
würde das Gegenteil sagen: Jene, die die Auswirkungen der Kindheit nicht
betonen, unterstützen unwissentlich Verdrängung. Auf diese Weise verstärken
Therapeut und Patient wechselseitig die Neurose. Einige
der in Early Experience: Myth and Evidence versammelten Autoren
liefern Beweise, dass Kinder aus sehr schlechten Waisenhäusern, die zu
anderen Institutionen und später zu Adoptiveltern wechselten, als
Erwachsene gute Anpassung zeigten und dass ihre Anpassung vielmehr von
“späteren Änderungen” abhing als von frühen Traumen. Wie kommen sie
zu diesem Schluss? Ein Index, den sie verwenden, ist der I.Q.
Wenn frühe Traumen nicht den Intelligenzquotienten verändern, so
versichern sie, dann sind frühe Traumen bedeutungslos und spielen für
die spätere Intelligenz lediglich eine minimale Rolle. Die Wahrheit ist,
dass wir einige sehr intelligente Psychotiker in der Primärtherapie
gesehen haben und dass die gestörtesten Patienten, die wir sehen,
ausnahmslos diejenigen sind, die in Institutionen aufwuchsen. Statistische
Studien laufen letztlich auf die subjektive Beurteilung durch den
Wissenschaftlers hinaus, was man als Kriterium für Messungen benutzen
soll. In der Alfred Kadushin–Studie zum Beispiel, die im Buch der
Clarkes enthalten ist, verwendet man zwei Kriterien, um das
„Wohlergehen“ von Kindern zu beurteilen, die ein traumatisches frühes
Leben hatten und nachfolgend zu Adoptiveltern kamen. Ein Kriterium ist
elterliche Zufriedenheit und Unzufriedenheit mit der Adoptiverfahrung. Das
andere Kriterium ist das Verhältnis unstetiger Zufriedenheit zu
Unzufriedenheit, das Eltern in Interviews mit den Forschern ausdrückten.
Wenn Eltern ein hohes Zufriedenheitsniveau ausdrückten, bedeutete es
erfolgreiche Anpassung bei den Kindern. Aber was ist, wenn die Eltern
neurotisch sind? Dann haben wir neurotische Befriedigung mit neurotischem
Verhalten von Kindern, die sich vielleicht gut anpassen, indem sie
gehorsam, ruhig, ausdruckslos, passiv etc. sind. Eine Untersuchung über
Flüchtlingskinder verwendete den I.Q., „allgemeine Kompetenz“ und
„durchschnittliche Gesundheit“ als Kriterien dafür, wie gut sie sich
angepasst hatten. Eine andere Studie benutzte Schulnoten als
Determinanten. Nirgends
wird Fühlen erörtert; das Wort selbst erscheint nicht einmal. Schmerz
gehört nicht zu den hier diskutierten Themen. Hat irgendjemand bei all
der Aufmerksamkeit, die auf Intelligenz und Noten und elterliche
Befriedigung gerichtet ist, jemals die Kinder gefragt, wie sie sich mit
all ihren Anpassungen fühlten? Nein. Was ist mit dem Leidens-Index?
Den physischen und verhaltensmäßigen Ablegern eines eingeprägten
Traumas? Der neurotischen Gedankenbildung? Wo sind die Statistiken hierfür? Da
ein Großteil des Landes unter Beruhigungsmittel und unter Prozac steht,
muss man annehmen, dass mehrere Zehnmillionen von Amerikanern unter nicht
anerkanntem frühen Schmerz leiden. Sie sehen im Fernsehen eine Menge
Werbung für landesübergreifende Medikation wie Tylenol und Bayer und
Nyquil und Tums und die restlichen, aber erörtern diese Anzeigen je das
„Warum“ von Kopfschmerzen, Magenschmerz, Schlaflosigkeit oder Angst?
Es geht darum, den Schmerz wegzuwischen, und nicht darum rauszukriegen,
woher er kommt. Nimm einfach die Pille und erlebe ein klein bisschen
Magie! In
der vergangenen Generation ist der Gebrauch von Medikamenten für
sogenannte psychische Probleme über die Wände psychiatrischer Kliniken
hinausgeschwappt und hat größere Teile der Gesellschaft durchdrungen.
Medikamente werden automatisch nicht nur 90% der Schizophrenen
verabreicht, sondern ungefähr jedem, der als suizidal betrachtet wird,
und den meisten, die in ambulante psychiatrische Behandlung aufgenommen
werden; ein Drittel der amerikanischen Erwachsenen haben irgendwann einmal
Tranquilizer genommen. Der weitverbreitete Gebrauch von Beruhigungsmitteln
(die jedes Jahr Millionen von Amerikaner verschrieben werden), ist ein
Index für das Scheitern der Psychotherapie. Seite
5 Die
Psychiatrie sitzt auf dem Rücksitz, und das (legale) Drogengeschäft ist
der Fahrer. Es ist eine Sache des Schwanzes, der mit dem Hund wackelt. Wenn
Psychotherapeuten die Ursachen der Neurose nicht ausrotten können, haben
sie keine andere Wahl, als ihre Manifestationen zu behandeln. Dann müssen
sie rationalisieren, dass die Behandlung von Manifestationen die Apotheose
der Psychotherapie sei. Wenn sie nicht verstehen, dass eingeprägter
Schmerz aus früher Bedürfnis-Deprivation die Ursache ist, oder nicht
wissen, wie sie sich damit befassen sollen, dann werden sie in den äußeren
Randbereichen bleiben und immer wieder Symptome zurückschlagen. Die Waffe
der Wahl, um diesen Zauber geschehen zu lassen, war in der Regel Valium.
Heute ist es Prozac. Elektroschock erlebt eine Renaissance und ist
vielleicht die Wahl der Zukunft. Es ist bestimmt der wirkungsvollste
Unterdrücker. Wenn
man bewusst oder nicht unter Schmerz steht, erfordert es die Notwendigkeit
magischer Methoden, um noch mehr Schmerz zu vermeiden. Wenn man von der
Existenz vergrabenen Schmerzes nichts weiß - und die meisten Leute haben
keine Ahnung -, ist man gezwungen, sein Bedürfnis nach Hilfe auf die
Gegenwart zu konzentrieren: Wochenend-Seminare, Vorlesungen, inspirierende
Gespräche, etc. Diese ändern
tatsächlich nichts, überzeugen aber die Leute, dass sie in der Tat verändert
werden. Lebensfrühling, Est, spirituelle Führung usw. – das ist Woodoo
unter anderem Namen. Natürlich
ist es sehr attraktiv, nach Medikamenten zu greifen oder sich auf
Therapien einzulassen, die einen magisch und schmerzlos umwandeln. Geht es
nicht darum bei Medikamenten? Schmerzlose Veränderung….Magie. Therapeuten nehmen daran
teil, weil sie auch eine magische Formel wollen, wo der Patient von seiner
Veränderung in der Therapie hingerissen ist. Es kann befriedigend sein,
Leute nicht unter Schmerz zu setzen, Schmerz, der nichtsdestotrotz
existiert, und die Dankbarkeit des Patienten für die erhaltene Hilfe zu
bekommen. Viele
Leute wissen es besser, dennoch hoffen sie gegen die Hoffnung. Aber meiner
Meinung nach erzeugt jedes therapeutische System, das sich nicht primär
Bedürfnissen zuwendet, falsche Hoffnungen, löst nichts auf und ist
letztendlich reaktionär. Jedes Therapiesystem, das nicht auf Bedürfnisse
gerichtet ist, muss zur Kompensation werden; das heißt, es muss sich
vielmehr mit dem symptomatischen Ausdruck der Pathologie befassen als mit
der Ursache der Pathologie selbst. Da der symptomatische Ausdruck
individueller Pathologie Myriaden von Formen annimmt, ist die Aufgabe
reaktiver Behandlung nicht nur gewaltig, sondern sie ist letzlich
fruchtlos. Soziales
Bedürfnis und persönliches Bedürfnis Betrachten
wir einen Augenblick lang die Gesellschaft. Soziale Systeme, die errichtet
werden, ohne dass an Bedürfnisse gedacht wird, müssen ihre Einwohner
frustrieren und traumatisieren. Auf sozialer Ebene sind die Symptome unerfüllter
Bedürfnisse vielfältig. Hohe Verbrechensquoten, geistig-psychische
Krankheit, zunehmender Drogengebrauch und wachsende Raten chronischer
Krankheit sind nur einige Beispiele. Es ist kein Zufall, dass man im bedürftigsten
Segment der Gesellschaft die pathologischten Symptome finden kann, die höchste
Häufigkeit von Mord und Vergewaltigung, Gewalt gegen Frauen,
Kindesmisshandlung, Alkoholismus, Drogenmissbrauch und so fort. Auch kann
man in diesen Sektoren mehr hyperaktive und antisoziale Kinder finden, die
durch Bedürfnis-Deprivation zu diesen gemacht wurden. Die Existenz von
Gangs ist selbst eine Widerspiegelung von Bedürfnissen. Bedürftige junge
Leute bilden Gruppen in Opposition zu anderen solchen Gruppen, alle, um
Identität, Bedeutung und ein Zugehörigkeitsgefühl zu erlangen.
Gang-Aktivitäten, Substanz-Missbrauch und religiöse Bräuche können
verschiedene Formen annehmen, aber in der Regel werden sie durch den
Schmerz versagter Bedürfnisse erzwungen. Die
meisten Gesellschaften gründen vielmehr auf Profit als auf Bedürfnissen.
Wenn das der Fall ist, muss die Gesellschaft kompensierende Subsysteme
entwickeln, um mit den Symptomen dieses zentralen Widerspruchs fertig zu
werden. Somit werden mehr psychiatrische Krankenhäuser und Gefängnisse
gebaut, und Rufe nach mehr Disziplin in den Schulen werden laut. Es werden
mehr Opiate hergestellt, um die Hyperaktivität und antisozialen Tendenzen
von „Problemkindern“ zu unterdrücken und hochgradig ängstliche Leute
zu beruhigen, sodass sie weiterhin funktionieren können. Eine
Wettbewerbsgesellschaft, die vielmehr auf Erwerb basiert, als dass sie auf
Bedürfniserfüllung ausgerichtet ist, produziert nicht für alle Jobs,
aber vielleicht geht sie als oberflächliches Heilmittel mit
Arbeitslosigkeit sparsam um. Sie schafft Städte, die unter der
Luftverschmutzung ersticken, und ist gezwungen, ein enormes Maß an
Energie und Geldmittel für die Behandlung von daraus resultierenden
Erkrankungen der Atemwege, der Augen und des Herz-Kreislauf-Systems
abzuzweigen. Wenn Symptome und nicht Ursachen ‚anvisiert’ werden,
werden solche Mittel vergeudet. Nehmen
Sie Los Angeles. Anstatt das Ausmaß des Automobilverkehrs durch die
Errichtung eines lebensfähigen Massentransportsystems zu reduzieren,
kauften drei Industrie-Giganten (die mit Öl, Reifen und Autos handeln)
die Bahnlinien der Stadt auf und zerstörten schließlich das Straßenbahn-System.
Diese Gesellschaften haben auch Bedürfnisse, das Bedürfnis nach
Profiten, Bedürfnisse, die mit menschlichen Grundbedürfnissen
kollidieren. Und sie werden nach diesen Bedürfnissen Ausschau halten,
ohne Rücksicht zu nehmen auf die Bedürfnisse der großen Mehrheit der
Bevölkerung und des Planeten, den sie bewohnen. Seite
6 Sind
sie schuldig? Vielleicht nicht. Wie alle bedürftigen Leute sind sie in
einem System gefangen, das sich selbst auf dieselbe Weise errichtet hat,
wie das menschliche Gehirn sich selbst aus ‚Kette und Schuss’ von
Erfahrung und Widrigkeit konstruiert hat. Ist das System einmal in Gang,
ist alles andere zweitrangig. Die Bedürfnisse nach Profit, Expansion und
Marktbeherrschung haben vor menschlichen Bedürfnissen Vorrang. Dasselbe
geschieht innerhalb des persönlichen Systems. Der Neurotiker jagt Geld,
Erfolg, Prestige, Achtung und Macht hinterher. Er ist ständig auf der
Jagd nach symbolischer Erfüllung, die nichts mit realem biologischen Bedürfnis
zu tun hat. Seine unerfüllten Bedürfnisse machen ihn ehrgeizig. Einige
Leue, die so bedürftig nach Anerkennung und Lobhudeleien sind, enden
damit, dass sie andere kontrollieren. Es sind Bedürfnisse, die Hitler,
Stalin, Pol Pot, ganz zu schweigen von Jim Jones und David Koresh
antreiben, autoritäre Macht zu ergreifen und auszuüben. Die Regierung
selbst ist ein erschreckend effektives Instrument für Unterdrückung und
Missbrauch; wer außer einem bedürftigen Soziopathen würde die Macht
wollen, die sie verleiht? Wenn
eine Gesellschaft seine Einwohner nicht ernährt und ihnen keinen
angemessenen Schutz bietet, und sie protestieren, riskieren sie, von den
Unterdrückungs-Kräften, auch als Ordnungs-Kräfte bekannt, getötet zu
werden. Die Obrigkeit will nicht daran erinnert werden, dass Menschen Bedürfnisse
haben. Das gilt auch für die Psyche. Jemand benimmt sich abhängig und
bedürftig und braucht Drogen, um mit dem Leben fertig zu werden, und er
wird weiter unterdrückt, vielleicht durch Elektroschock-Therapie, und
gezwungen, seinen Platz in der Gesellschaft einzunehmen. Oder Leute sind
deprimiert, wobei ernsthafte Bedürfnisversagung direkt unter der Oberfläche
liegt. Sie werden unter (legale) Drogen gesetzt und angewiesen zu
funktionieren. Gibt es da einen Unterschied zu den hungernden Bauern in Südamerika,
die Kokablätter kauen, um sich zu betäuben, während sie in mörderischem
Tempo arbeiten, um Rauschgift für die Drogenbarone zu produzieren? Werden
Bedürfnisse in der Gesellschaft oder im Individuum unterdrückt,
beinhaltet dieses ‚Werk’ auch die Unterdrückung der sekundären
Symptome. Es gibt mehr Verbrechen und psychische Krankheit – weg damit.
Mehr Depression – mit Drogen beiseite schieben. Mehr psychische
Zusammenbrüche – weg damit. Wenn
sich die kranke Gesellschaft und das neurotische Individuum einmal
gebildet haben, erzeugen sie irreale Bedürfnisse und Ideologien, um sie
zu rechtfertigen. Ein hoher materieller Lebensstandard ist das, wonach ein
jeder strebt, im Glauben, das sei der Schlüssel zum Glück, aber ist er
es? Wenn soziale Probleme nur bandagiert werden und man sich nicht Jahr für
Jahr auf bedeutungsvolle Weise mit persönlichen Bedürfnissen befasst,
nehmen die Symptome schleichend zu. Was soll Millionen von
Nervenzusammenbrüchen und den Zusammenbruch der Gesellschaft verhindern?
Prozac und Religion, Ideologie und Psychotherapie. Das ist der Leim, der
das Land zusammenhält. So viele Leute sind emotional so depraviert, dass
es ohne diese Schmerzkiller nicht genug Ärzte und Kliniken gäbe, um mit
der Verrücktheit fertig zu werden. Für
eine große Zahl von Leuten ist Psychotherapie die neue Religion, der neue
Weg zur Erlösung. Das Wesentliche jeder Religion ist Hoffnung – die
Hoffnung auf Transformation und Erlösung. Der Patient hat sein ganzes
Leben mit der unbewussten Suche nach Erfüllung und Wiedergutmachung
verbracht, und das und nicht weniger will er von der Therapie. Was
verspricht jede Psychotherapie? Erfüllung, Wiedergutmachung, Erlösung,
Glücklichkeit. So erwartet der Patient und bietet der Therapeut dieselbe
Sache: Magie. Das ist bestimmt verständlich. Verzweifelte Leute wollen,
dass ihr Leiden aufhört. Sie wollen nicht wirklich wissen, warum es ihnen
so schlecht geht; sie wollen nur ein Ende der Qual. Sie wollen schnell und
schmerzlos geheilt werden. Und Psychotherapeuten wollen helfen. Die
Leute wollen einfache Lösungen, schnelle Behandlung und Lösung ihrer
Probleme, aber sie wollen nicht durch die Turbulenzen der Veränderung
gehen. Psychotherapien passen in dieses Ethos, teils weil viele
Psychotherapeuten selbst gegen ihren eigenen Urschmerz abgewehrt sind.
Therapeutische Ansätze, die die Notwendigkeit verneinen, in der
Vergangenheit zu suchen und Ursachen auszurotten, haben wahrscheinlich
mehr Erfolg in einem relativ jungen Land wie den USA, das weniger
Traditionen als europäische Länder hat, und welche nicht alle auf die
eigene Vergangenheit abgestimmt sind. Und seit einiger Zeit ist bei den
psychotherapeutischen Tendenzen in diesem Land ein Wechsel im Gange, ein
Wechsel weg von Vergangenheits-Reflexion und hin zum Hier und Jetzt.
Therapeutisch bedeutet das, den Patienten zu behandeln, als hätte er
keine Geschichte, keine Vergangenheit – ein fehlgeleiteter Ansatz, der
dazu verurteilt ist, Symptome für Ursachen zu halten und Neurose intakt
zu lassen. Es
gibt ein altes Axiom von George Santayana, des Inhalts, dass derjenige,
der die Geschichte nicht versteht, verdammt ist, sie zu wiederholen. Das
trifft zweifellos genau so auf Patienten zu, wie es auf Länder zutrifft. Die
Lösung – auf sozialer und persönlicher Ebene – muss letztlich in der
Organisation der Gesellschaft und des Individuums um das Bedürfnis herum
liegen. Damit das geschehen kann, muss es ein Bedürfnis-Bewusstsein geben.
Ein solches Bedürfnis-Bewusstsein ist wesentlich für die Lösung der
zentralen Widersprüche zwischen den Bedürfnissen der Bürger und den Bedürfnissen
derer, die die Produktions- und Verteilungsmittel kontrollieren, zwischen
den Bedürfnissen eines Kindes und einem Elternteil, das dafür
verantwortlich ist, sie zu erfüllen. Im
Gegensatz zu dem, was viele Psychotherapien beinhalten und praktizieren,
hilft einem ein solches Bedürfnis-Bewusstsein, sich vielmehr mit Ursachen
zu befassen als mit Wirkungen. Es beginnt mit einer inneren Erfahrung,
einem Bewusstsein des persönlichen Selbsts. Das entwickelt sich dann in
ein soziales Bewusstsein. Sich seiner Kindheitsbedürfnisse bewusst zu
sein, bedeutet, sich dessen bewusst zu sein, was Kinder in vielen
Bereichen brauchen. Wenn man darüber hinausgeht und die Agonie erlebt,
die zustandekommt, wenn solche Bedürfnisse versagt werden – nachdem die
Barrieren der Verdrängung Jahrzehnte nach dem Geschehen des Traumas
angehoben worden sind – verringert man damit die Wahrscheinlichkeit,
dass man ein solches Trauma seinen eigenen Kindern zufügt. Seite
7 Mit
seinen biologischen Rhythmen und Gefühlen in Kontakt zu stehen, bedeutet
auch, die Art von Lebens- und Arbeitssituationen zu verstehen, die man
braucht; ein Lebenshintergrund, der nicht auf einer
Gesellschaftsorganisation um Gleichförmigkeit, Produktivität und
statistischen Indikatoren wirtschaftlichen Wachstums gründet, sondern auf
den Bedürfnissen des Individuums, im Reich des Bewusstseins zu wachsen. Die
Lösung des Konflikts zwischen persönlichen Bedürfnissen und den Bedürfnissen
derer, die in der Position sind, sie zu erfüllen, würde darauf
hinauslaufen, dass es weniger neurotische Leute und eine weniger explosive
Gesellschaft gibt. Individuen wären nicht mehr bedürftig, hyperaktiv,
antisozial, würden nicht mehr zu Alkoholismus oder Substanz-Missbrauch
oder symbolischer Bedürfnis-Erfüllung getrieben: Erfolg, Reichtum,
Einfluss und der ganze Rest. Desgleichen würde die Gesellschaft nicht
mehr hastig und chaotisch ohne Rücksicht auf die natürliche Umwelt und
ihre begrenzten Ressourcen Energie verbrauchen. Würden Bedürfnisse erfüllt
werden, würde sich das Ausmaß der gesamten im sozialen und persönlichen
Bereich verbrauchten Energie radikal vermindern, und man würde auch
effizienter mit ihr umgehen. Würde man den Bedürfnissen der Leute
entsprechende schnelle Verkehrssysteme bauen, gäbe es auf den Straßen
weniger Automobile, weniger verbranntes Benzin, weniger Verschmutzung, gesündere
Luft. Das würde wiederum die Anzahl der Leute reduzieren, die wegen ihres
Lungenzustands und Herzkrankheiten ins Krankenhaus eingeliefert
werden müssen, sodass es weniger Bedarf nach medizinischer Betreuung,
Medikamenten, Klinikbetten und so weiter gäbe. Wenn
wir erst in der Lage sind, uns bewusst mit unserem eigenen Urschmerz
(unbefriedigten Bedürfnissen) zu verbinden, werden wir nicht länger
versuchen, ihn mit Schmerzkillern zu unterdrücken, und wir werden aufhören,
im angestrengten Bemühen um Aufmerksamkeit, Anerkennung, Wertschätzung,
Hochachtung und Liebe erregt herumzuzappeln. Ist
es möglich, das System zu ändern? Können wir die Psyche der Menschen ändern?
Nehmen wir die Lektionen, die wir in der Primärtherapie gelernt haben. Sich
Bedürfnissen zuwenden: Die Logik des Bewusstseins Da
unerfüllte Bedürfnisse an der Wurzel der Neurose liegen, wendet sich
meine Therapie hauptsächlich Bedürfnissen zu. Primärtherapie bietet
keine oberflächliche Abhilfe und auch keine Symptom-Beruhigung, sondern
den Schmerz, der sich wirklich ereignete. Wir diskutieren nicht über die
Gedanken des Neurotikers. Noch versuchen wir, sie zu ändern. Stattdessen
helfen wir dem Patienten, seine frühen Bedürfnisse in all ihrer unerfüllten
Agonie zu fühlen. Wie wir herausgefunden haben, ist es diese Erfahrung,
die lösend wirkt. Wir „ändern“ Geist und Psyche eines Menschen, ohne
uns jemals direkt damit zu befassen. Wenn
entsprechend im sozialen Bereich der zentrale Widerspruch gelöst wird –
wenn die Mittel der Bedrüfniserfüllung nicht in den Händen privater
Individuen sind, deren Interessen im Widerspruch zu denen der meisten
Leute stehen – ändern sich Ideologien automatisch. Die
Lösung des Widerspruchs zwischen den Kräften des Bedürfnisses und den
Kräften der Verdrängung werden die Umstrukturierung des gesamten
sozialen Systems erleichtern. Da soziale Symptome zurückgehen, da sich
Gewaltverbrechen und Gang-Aktivitäten, Substanz-Missbrauch und
Kindesmisshandlung dramatisch reduzieren, wird Unterdrückung nicht mehr
das Mittel der Wahl sein. Vollzugskräfte und Justiz werden aufhören, auf
Gewalt und Unterdrückung zurückzugreifen, um jedes Problem zu lösen. Ärzte
in psychiatrischen Kliniken werden nicht sofort Medikamente gebrauchen, um
die Symptome der Patienten zu unterdrücken. Schulen werden konstruktivere
Wege als Unterdrückung finden, um auf hyperaktive Kinder und andere zu
reagieren, die Probleme machen. Und Psychotherapeuten werden die Verdrängung
ihrer Patienten nicht unterstützen, indem sie sie unter (legale) Drogen
setzen, sie dissoziieren oder ihnen eine Ideologie einimpfen, die Bedürfnisse
ignoriert. Mit
dem Nachlassen der Verdrängung wird das Bedürfnis nach einer
therapeutischen Ideologie verschwinden. Das kommt daher, weil Ideologie
der Handlanger der Verdrängung ist, sowohl auf individueller als auch auf
gesellschaftweiter Basis. Ohne Verdrängung gibt es kein emotionales
Interesse mehr, eine irreale Ideologie aufrecht zu halten, insbesondere
eine, die den eigenen besten Interessen zuwiderhandelt. Zum Beispiel
verbringt man in einigen Therapien wie der Jungschen und Freudschen
Analyse Stunde um Stunde damit, Träume zu analysieren. Teil der Theorie
ist, dass laut Freud Träume „der Königsweg zum Unbewussten“ sind.
Der Patient übernimmt diesen Wert und diese Auffassung und bringt
Unmengen an Träumen in jede Sitzung ein. Man durchsucht sie mit einem
feinen Staubkamm, und nichts geschieht, außer dass der Patient überzeugt
ist, er mache Fortschritte, weil er wundervolle Einsichten in seine Träume
hat. Aber sein Leben ändert sich nicht. Könnte es auch nicht. Es ist
eine Spielerei, die die zentralen Realitäten meidet, die den Patienten
wirklich befreien könnten. Dieser
Punkt an sich – dass man Leuten eine Ideologie einimpfen kann, die
nachteilig für das Wohlbefinden ist – ist der interessanteste von
allen. Warum ist das möglich und so weit verbreitet? Es kann nur
geschehen, wenn das Individuum von seinem eigenen Sein ausgeschlossen ist.
Verdrängung und Schmerz sind eine Einheit. Das eine erzeugt das andere.
Eine Gesellschaft, die nicht repressiv ist, produziert weniger Schmerz,
und dass ist eine Gesellschaft, die sich um Bedürfnisse dreht. Aber eine
Gesellschaft oder ein persönliches System, die Bedürfnisse verneinen, müssen
repressiv werden und Ideologien entwickeln, um sich selbst zu
rechtfertigen: wie z. B. die
Idee, dass Sie der Architekt Ihrer eigenen Neurose sind und dass Sie sie
durch einen Willensakt zum Verschwinden bringen können. Oder die
Vorstellung, dass Drogenabhängige und Alkoholiker ‚es bringen’ und
anfangen müssen, für sich selbst ein produktives Leben zu schaffen, was
natürlich stimmt. Aber wie? Seite
8 Es
ist eine unerbittliche Dialektik. Wenn Sie sich nicht eingeprägten Bedürfnissen
zuwenden, läuft es darauf hinaus, dass Sie das Bedürfnis des Individuums
verstärken, frühen Schmerz auf jede ihm mögliche Weise zu verdrängen. Es
gibt Leute, die sagen, Primärtherapie zerrütte die Psyche. Diese Kritik
basiert auf einer dämonologischen Sicht der Psyche, einer vermeintlich
rationalen Erweiterung der alten religiösen Auffassung, dass wir von
teuflischen Kräften bewohnt werden, die wir zurückschlagen müssen. Das
ist auch die Freudsche Sicht: dass das Unbewusste voller destruktiver
Impulse und Instinkte ist, dass es uns zu Versuchungen treibt, denen wir für
alle Zeit widerstehen müssen. Es stimmt, wenn man nicht richtig damit
umgeht, kann das ‚Anheben’ der Verdrängung und das Fühlen von
Urschmerz Menschen in Bruchstücken zurücklassen. Aber jene, die Primärtherapie
als zerrüttend kritisieren, erkennen nicht, woraus das Unbewusste
wirklich gemacht ist. Das andere Problem, das wir haben, ist, dass es überall
auf der Welt an die fünfhundert
Kliniken gibt, die meinen Namen oder das Wort „Primär“ benutzen und
jede Art von Therapie praktizieren, über die ich keine Kontrolle habe.
Sie geben meiner Therapie einen schlechten Namen. Heute
wissen wir sehr viel mehr über die Rolle verschiedener Gehirnstrukturen
und chemischer Prozesse bei der Verdrängung von Schmerz und Integration
von Gefühlen, als es früher der Fall war. Auf Grund umfangreichen
Forschungsmaterials wissen wir, dass das Gehirn darauf angelegt ist zu
unterbinden, dass schmerzvolle Botschaften das Bewusstsein erreichen.
Neurorezeptoren vermitteln diesen Prozess. Zum Beispiel regt Schmerz
Gehirnneuronen an, Endorphine, Serotonin, Gaba und andere Substanzen
abzusondern, die dabei helfen, die Psyche vor überwältigender
Information zu schützen. Dieses innere schmerztötende System
desensibilisiert das Gehirn; es blockiert neurologische Kanäle und schützt
dadurch das Individuum vor (Ur-)schmerz. Wir wissen, wie Verdrängung
Information vom zerebralen Kortex und anderen Teilen des Gehirns
wegleitet. Wir wissen von der Rolle des Thalamus für das menschliche
Bewusstsein und für die Informationsübertragung zum Kortex, um Verknüpfung
zustande zu bringen. Wir haben einen Gehirnforscher unter unseren
Mitarbeitern, dessen Aufgabe darin besteht, uns all die Gehirnstrukturen,
Prozesse und chemischen Substanzen verstehen zu helfen, die an der Verdrängung
und Integration von (frühem) Schmerz beteiligt sind. Da
wir uns der Prozesse bewusst sind, die sich abspielen, wenn wir uns gegen
das Fühlen verschließen und wenn wir uns ihm öffnen, können wir die
Gehirnkanäle langsam öffnen, so dass das System des Patienten nicht überwältigt
wird. Die Psyche darf nicht mit erschütterndem Schmerz überflutet
werden; man muss ihr erlauben, lang verdrängte Botschaften nach und nach
zu integrieren. Das erfordert, dass man weniger schmerzvolle Erlebnisse
zuerst fühlt und die schmerzhafteren danach. Wir beginnen in der
Gegenwart; eine Scheidung, ein Todesfall, ein emotionales Trauma, und
gehen im Lauf der Monate auf Kindheitsereignisse zurück; schließlich
gelangen wir nach Monaten oder Jahren zu Traumen am Lebensanfang. Es ist
eine unausweichliche Sequenz. Es ist keine Laune von mir sondern eine
biologische Hierarchie, der man folgen muss. Schmerz hat seine eigene
evolutionäre Logik und Ordnung, an die wir uns anpassen und die wir
respektieren müssen. Wir
brauchten fast 30 Jahre, um die Techniken zu perfektionieren, die wir
benutzen. Das Resultat ist, dass Patienten unsere Therapie nicht überwältigt
und in Stücken verlassen; sie sind in der Lage, ihren Schmerz zu fühlen
und zu integrieren. Mit unseren Gehirnkartierungs-Verfahren können wir
jetzt „sehen,“ dass diese Integration stattgefunden hat. Wir können
es verifizieren, indem wir uns die Vitalfunktionen und andere klinische
Kriterien ansehen. Die Wahrheit ist, dass unsere Patienten gesund werden
und dass „Desintegration“ oder „Zerrüttung“ ein Mythos ist, den
Leute ausgeheckt haben, die übermäßige Angst vor dem Unbewussten haben
oder die daran interessiert sind, Schmerz als unwesentlich für Neurose
und Psychotherapie zu erachten. Wenn
wir überlegen, wie weit wir seit Freuds Tagen gekommen sind, erkennen
wir, wie antiquiert das Freudsche psychoanalytische System ist. Es ist ein
System, dass auf Phantasie beruht; sein Ego, Es und Überich sind
Konstrukte, die in Wirklichkeit nicht existieren. Viele Psychotherapien
bemühen sich emsig, das Ego zu stärken, dennoch gibt es keine präzise
Definition, was das Ego ist, noch irgendeine Vorstellung, wo es liegen könnte.
Freuds Vorstellungen und seine Therapie mögen zu seiner Zeit vor nahezu
einem Jahrhundert Gültigkeit besessen haben, aber die Wissenschaft hat
einen Sprung nach vorne gemacht. Das Unbewusste ist weit von einem
Versteck der Schattenkräfte und Dämonen entfernt. Es ist ein
freundlicher Ort, nichts, dass man fürchten müsste, nichts, vor dem man
davonlaufen müsste. Manchmal laufen die Leute davon; das passiert, wenn
sie gezwungen sind, Schmerzen ins Auge zu sehen, für die sie nicht bereit
sind. Wenn man den biologischen Prozessen vertraut und weiß, wie man mit
ihnen arbeitet, wird dieses verfrühte Ereignis nicht stattfinden. Vorsicht
vor Pseudo-Primärtherapien! Die
größten Probleme in einer Gefühlstherapie treten auf, wenn Menschen die
Bewegungen des Fühlens durchmachen, ohne zu fühlen, oder wenn sie
Schmerzen außerhalb der Sequenz wiedererleben. Wie ich früher bemerkte,
ist das als Abreaktion bekannt. Sie findet statt, wenn der Therapeut die
Charakteristika und Funktionen des körperlichen Abwehrsystems nicht
versteht. Abreaktion kann Menschen in Stücken zurücklassen, und dann
geben sie der Primärtherapie die Schuld. Seite
9 Primärtherapie
hat eine Menge Nachahmer ‚ausgebrütet’, die ganze
„Wiedergeburts“-Industrie. Mit den Jahren haben zahlreiche Kliniken
behauptet, Therapeuten zu haben, die ich ausgebildet habe. Oft wenn ich
eine TV- oder Radio-Show mache, treten Leute an mich heran und berichten
von ihrer „Primärtherapie,“ gewöhnlich in Kliniken und mit
Therapeuten, von denen ich nie gehört habe. Einige meiner Ex-Patienten
praktizieren inzwischen, ohne einen einzigen Tag Training absolviert zu
haben. Deshalb ist Abreaktion so überhandnehmend. Zweifelsohne ist sie
das, was jede Pseudotherapie-Gruppe im Namen der Primärtherapie macht. Diese
Pseudo-Primärtherapien benutzten und benutzen eine Reihe von Techniken,
um ihre Patienten in Geburtsprimals zu bringen. Einige haben ihre
Patienten in Wannen mit heißem Wasser eingetaucht, nackt, versetzten sie
in Panik und ermutigten sie dann, mit ihren Geburtsfeelings Fühlung
aufzunehmen. Eine andere Technik besteht darin, Patienten eine Geschichte
über Geburt lesen zu lassen, die sie vermeintlich in die richtige Gemütsverfassung
versetzt, um das Geburtstrauma wiederzuerleben. Einige Rebirther haben die
Atemtechniken benutzt, die zuerst in The Primal Scream [Der
Urschrei] beschrieben wurden, Techniken, die wir kaum noch benutzen.
Wir haben entdeckt, dass künstliche Techniken nicht notwendig sind und
gewöhnlich eingesetzt werden, wenn ausreichende Information fehlt. Diese
Techniken neigen dazu, Schmerz in der falschen Reihenfolge hochzubringen,
und können gefährlich sein. Wir machen nichts Mechanisches. Der Patient
ist keine Maschine. Er oder sie braucht menschliche Techniken,
biologische Methoden. Wir wenden keine Stroboskop-Blitze auf das Gehirn
an, wie wir es in den frühen Siebzigern taten, noch benutzen wir Körperpanzer-Techniken
wie in der Bioenergetik. Es ist völlig natürlich, wie es sein sollte. Alle
Pseudo- oder Wiedergeburts-Ansätze haben etwas gemeinsam: Sie versuchen,
den Patienten so schnell wie möglich dahin zu bringen, dass er die Geburt
wiedererlebt, sogar in der ersten Therapiestunde, nach einem Zeitplan, den
der Therapeut festlegt und der nicht der inneren Uhr des Patienten
entspricht. Während es einigen Leuten unmöglich ist, sehr schnell in ein
Geburtsprimal zu gehen, gleichgültig, auf welche Weise sie es versuchen,
können es andere tatsächlich. Aber die Ergebnisse sind fast immer
verheerend. Warum? Geburts-Urschmerzen
werden in den innersten Tiefen des Nervensystems registriert. Es sind auch
die Schmerzen mit der höchsten Valenz oder elektrischen Ladung. Sie müssen
zum Schluss eines systematischen Kontinuums wiedererfahren werden,
nachdem eine Reihe geringerer Schmerzen wiedererlebt worden ist. Wenn sie
wie beim Rebirthing am Anfang erlebt werden, können sie ziemlich zerrüttend
sein. Der Patient wird mit einer Anhäufung frühen Schmerzes überflutet,
für die es keine begriffliche Handhabe gibt, keine Möglichkeit, sie zu
verstehen oder zu integrieren. Es kann sein, dass er umgehend mystisch
wird, da der Kortex nach etwas greift, woran er sich festhalten kann. Wenn
der Therapeut an das Mystische glaubt, wird der Patient unter dem
Deckmantel psychischer Gesundheit kränker als zuvor. Der Patient weiß in
diesen Fällen als letzter, was geschieht. Er fühlt sich gut, weil er zu
seinem Kopf Zuflucht genommen und völlig den Kontakt mit sich selbst
verloren hat. Früher oder später wird er den Preis bezahlen. Der
Rebirthing-Therapeut – oft kein ausgebildeter Psychologe oder Psychiater
– entscheidet sich dafür, diese schädlichen Wirkungen zu ignorieren. In
einer anderen Spielart des Rebirthing gab Stanislav Grof seinen Patienten
große Dosen LSD. Er behauptete, dass die Droge viele Patienten befähige,
durch die Wiedergeburt zu gehen und Todesgefühlen bei der Geburt
nahezukommen. Nur durch den Einsatz „einer ganzen Reihe von
hochdosierten LSD-Sitzungen,“ so theoretisierte Grof, könne man
„existenzielle Verzweiflung, metaphysische Angst, mörderische
Aggression, abgrundtiefe Schuld und Minderwertigkeitsgefühle und die
Agonie totaler Vernichtung“ erfahren und transzendieren. Und er
berichtete, dass nahezu jeder, dem es gelang, mit dem Medium des LSD in
die Nähe des Todes zu reisen, eine gewisse Art spiritueller
„Transzendenz“ erlangte. Wenn diese schrecklichen Gefühle erlebt
werden, so Grof weiter, ist man geöffnet für „orgiastische Gefühle
kosmischen Ausmaßes“ (was immer die sein mögen), „spirituelle
Befreiung und Erleuchtung, ein Gefühl ekstatischer Verknüpfung mit der
ganzen Schöpfung und mystische Vereinigung mit dem kreativen Prinzip im
Universum.“ [6] Meiner
Meinung nach sind es gerade diese hohen Dosen LSD, die Angst in
„kosmische“ und „ekstatische“ Erfahrungen umwandeln, während sie
gleichzeitig garantieren, dass das Subjekt seine Qual nie voll bewusst bewältigen
kann. In der Tat behauptete Grof, dass viele seiner Subjekte Raum und Zeit
überschritten und Ewigkeit und Unendlichkeit erlebten. Wie ein körperlicher
Mensch das alles aus einem Geburtserlebnis heraus zustandebringt, wird
nicht klar. Bewusstsein ist eine Sache; diese ganzen abgehobenen Flüge in
die Spiritualität sind eine andere Sache. Ich bin mir nicht sicher, was
Grofs schwülstige Worte bedeuten, aber ich habe Patienten gesehen, die
bestimmte Vorstellungen heraufbeschwören, wenn der Schmerz zu groß ist,
um damit fertig zu werden. Wie ich in einem früheren Kapitel gesagt habe,
geht es bei der „Wiedergeburts“-Erfahrung genau darum. Leute, die
ihrem Schmerz zu nahe sind, umarmen „Gott“, um davor gerettet zu
werden. Sie sagen „Ich bin gerettet worden!“ Und das sind sie – nur
wissen sie nicht wovor. Vorstellungen sind sowohl ein Produkt von als auch
eine Zuflucht vor Schmerz. Wenn sich Menschen während einer LSD-Erfahrung
der Geburt nähern, dann geschieht es oft, dass sie „wiedergeboren“
werden. Grof
jedoch machte aus der Umwandlung von Schmerz etwas Positives. Sie wurde
zur „Transzendenz“, und das war sie – Überschreitung des Schmerzes.
Seine Patienten befassten sich nicht nur mit einem materiellen
eingravierten Geburtserlebnis. Es war eine Erfahrung, die sie über das,
was wir Sterbliche kennen und erleben, auf eine andere Ebene
hinaustrug, wo Zeit und Raum nicht mehr existieren. Das Wiedererlebnis der
Geburt, sagte Grof, führe zu „kosmischer Überflutung.“ Er sprach
auch davon, wie das Subjekt „kraftvolle Energieströme erlebt, die durch
seinen Körper fahren….gefolgt von Episoden explosiver Entladungen und
Gefühlen ekstatischer Freisetzung.“ Danach kommt es zu Visionen von
Atombomben, Kriegs- und Zerstörungsszenen, explodierenden Vulkanen etc.,
ganz zu schweigen von der „Vereinigung mit der „Großen Mutter.“
Eine meiner neuen Patientinnen hatte vor Jahren an einem Wochenende
eine Rebirthing-Sitzung, ohne dass ich davon wusste. Seite
10 Am
Montag wurde das sofort dadurch offensichtlich, dass sie über ihre
„transzendenten“ Erfahrungen diskutierte, und durch ihr unechtes
Lachen und ihren glasigen Blick. Es brauchte Wochen, um dieses
Wochenend-Ereignis ungeschehen zu machen. Meiner
Ansicht nach ist die Vereinigung mit der Großen Mutter und der ganze Rest
einfach eine symbolische Art zu sagen, dass Menschen von innerem Schmerz
überflutet und nicht von ihm befreit worden waren. Es ist kein Wunder,
dass Grofs Patienten in Mystizismus und Spiritualismus ‚krabbeln’. Sie
sind im Schnellverfahren in ein Erlebnis außerhalb der Reihenfolge
katapultiert worden, das eingeprägt in den innersten Tiefen des Gehirns
liegt und für das sie keine Vorbereitung, keinen Bezugsrahmen und keinen
geordneten, allmählichen Abstieg haben. Da sie von der Gewalt einer
katastrophalen Erfahrung überflutet werden, sind sie gezwungen, in ihre Köpfen
zu fliehen. Und in einer wilden Flucht vor Schmerz ist der menschliche
Geist zu unglaublichen und kreativen Phantasieflügen fähig. Aber der
Schmerz wird nicht transzendiert; vielmehr wird er, da er auf ein unerträgliches
Maß angewachsen ist, in „kosmische“ Gedankenbildung umgewandelt. Der
rationale Verstand beschwört Erklärungen für diese explosive, unerklärliche
Erfahrung herauf. Er kommt zu dem Schluss, dass eine gewisse unbekannte
mystische Kraft dahinterstecken muss. Probleme werden nicht gelöst; sie
werden symbolisiert. Das ist das Wesen der Abreaktion. All
das Um-Sich-Schlagen, Schreien und Sich-Winden als Resultat der
Geburtserfahrung unter LSD mag wie ein reales Geburtsprimal aussehen,
wenngleich es in Wirklichkeit einfach eine Freisetzung roher Energie ist
und zu einer weiteren Abwehr gegen Urschmerz wird. Wir wissen, dass
Abreaktion stattfindet, weil sich bei den Messwerten der Vitalfunktionen
nicht die charakteristischen Änderungen zeigen, die sich zeigen sollten. Wie
die Pseudo-Primärtherapien ignorierte Grofs Ansatz zum Rebirthing – der
übrigens manchmal von Regierungsbehörden und psychiatrischen
Institutionen finanziell unterstützt wurde – die Dialektik. Unter der
autoritären Anleitung des Therapeuten lässt man den Patienten viele
kleinere Urschmerzen überspringen, um sich künstlich auf das
Geburtstrauma zu konzentrieren. Bewusstsein
wird nicht integriert; man pfuscht an ihm herum. Allein schon aus
theoretischen Gründen sollte klar sein, dass man sich bei der Umkehrung
von Neurose erst mit den jüngsten, weniger schweren Schmerzen befassen
muss und sich dann methodisch zu den tieferen, hochgradig geladenen
vorarbeiten muss. Das steht im Einklang damit, wie das Gehirn sich
entwickelt und organisiert. Jeder
von uns hat Tausende kritischer nachgeburtlicher Erfahrungen, die dazu
beitragen, uns neurotisch zu machen. Zu glauben, dass eine Art aufs
Geratewohl eingeleitete „Wiedergeburts“-Erfahrung das alles auslöschen
kann, bedeutet, an Hexerei zu glauben. Aber Pseudo-Primärtherapeuten
wissen nicht, wie sie zwischen Abreaktion und wahrer Auflösung
unterscheiden sollen, oder es bekümmert sie einfach nicht. Im Gegensatz
dazu, was wir in Primärtherapie machen, überwachen sie die biologischen
Messwerte nicht, die objektiv reflektieren, was sich abgespielt hat. Darüber
hinaus kommt es, wenn tatsächlich Auflösung stattfindet, zu keinen
symbolischen Nachwirkungen, was wir bei Tausenden von Patienten gesehen
haben: keine Worte und Begriffe, keine Erklärung, kein psychotischer
Symbolismus, nur Gefühle. Der Körper erkennt einfach seinen Schmerz an.
Aber wenn Abreaktion stattfindet, kommt es wahrscheinlich zu kosmischen
Vereinigungen mit der Großen Mutter und dergleichen. Das ist nicht weiter
verwunderlich, wenn man die gewaltige Kraft der Geburtserfahrung bedenkt,
mit den schnellen Veränderungen bei Körperkerntemperatur und Herzschlag
und anderen Vitalwerten, die mit ihr einhergehen. Man
sagt, Nachahmung sei eine Form von Schmeichelei. Aber wir brauchen keine
Schmeichelei, und leidende Menschen brauchen keine Versuchskaninchen zu
sein. Noch müssen sie „kosmische“ Erlebnisse haben. Viele Leute haben
versucht, Primärtherapie nachzuahmen, aber niemand hat es geschafft, sie
nachzuvollziehen. Etwas so Präzises wie Primärtherapie können
Dilettanten oder Scharlatane nicht korrekt praktizieren. Und das ist der
Grund, warum eine Menge Leute, die eine Pseudo-Primärtherapie
durchmachen, in schlechterer Verfassung aus ihr herauskommen als zu Beginn
der Therapie. Eine Zulassung in Psychologie oder Psychiatrie ist bei
dieser präzisen Form der Psychotherapie keine Kompetenz-Garantie. Des
Weiteren besteht für diejenigen, die Primärtherapie machen wollen, kein
Grund, das Rad nochmals zu erfinden. Sie müssen nicht die ganzen Fehler
machen, die wir in unseren frühen Jahren aufgrund mangelnden Verständnisses
von Gehirnprozessen machten. Während die meisten unserer Gewinne in
Ausbildung und Forschung fließen, möchte ich ernsthafte Forschung bei
denjenigen Pseudo-Primärtherapeuten erst noch sehen, die aus unserer
Arbeit Kapital geschlagen haben, ohne sie wirklich zu verstehen. Wie
so viele andere Therapien betreiben die Rebirther ein Geschäft, in dem
man Leuten die Magie anbietet, nach der sie sich sehnen, die unverzüglichen
Ergebnisse und schnellen Heilungen. Es ist unrecht, auf diese Weise mit
Leuten zu spielen, sie auszunutzen und zu manipulieren. Wir haben zu viele
Fälle psychischer Zusammenbrüche und suizidaler Depressionen als dessen
Resultat gesehen. Der überflutete Patient versucht mit allem, was ihm zur
Verfügung steht, zu verdrängen. Wenn es funktioniert, wird er depressiv;
wenn es nicht funktioniert, erfährt er gesprengte Schleusen und
permanente Angstattacken, Nervosität, ständige Agitation und Mangel an
erholsamen Schlaf. Man
muss verstehen, worum es bei der Selbstverteidigung des Körpers geht.
Abwehren entstehen und existieren genau zu dem Zweck, dass (frühe)
Schmerzen das System nicht überwältigen. Sie sind elektrochemische Umhüllungen,
die durch Schmerz stimuliert werden. Diese Abwehrhüllen plötzlich
wegzunehmen, bedeutet, das System für mehr Schmerz zu öffnen, als es
vielleicht integrieren kann. Alles, was diese Abwehrmechanismen künstlich
verändert, produziert künstliche und potentiell gefährliche Ergebnisse.
Andererseits ergeben sich natürliche Resultate, wenn man das System natürlich
sein lässt. Das Unbewusste verdrängter Schmerzen hat sich langsam durch
Zuwachs an Erfahrungen aufgebaut. Es gibt dorthin keine Abkürzungen und
somit keine Abkürzungen zum Bewusstsein. Seite
11 Wirkliche
Primärtherapie ist im Gegensatz zu ihren schlechten Nachahmungen kein
Geschäft. Es ist eine sakrosankte Methode, Leute zu helfen, dass sie
gesund werden. Unsere Methoden sind vielleicht nicht perfekt. Aber meiner
Meinung nach sind sie von allen bestehenden die wissenschaflichsten. Primärtherapie
ist nicht sauber und rein, und sie ist nicht intellektuell. Viele anständige
Ladys und Gentlemen stößt der Gedanke ab, sich Stunde um Stunde
schreiend und weinend am
Boden zu wälzen und Monate in Qual zu verbringen. Sie wollen eine
kontrollierte Situation, dieselbe (von anderen auferlegte) Kontrolle, die
sie in das Schlamassel brachte, in dem sie stecken, dieselbe Kontrolle und
Verdrängung, die sie später sehr krank machen wird. Was mit den meisten
Therapien nicht stimmt, ist diese Kontrolle. Meiner Ansicht nach ist das Chaos
innen und nicht Kontrolle von außen die sine qua non für
echte, kreative, heilsame Psychotherapie. Es ist das Chaos des Schmerzes,
nicht seine sorgfältige Vermeidung oder seine Umwandlung, was
letztendlich heilt. Ein Patient muss den Schmerz in der richtigen
Reihenfolge fühlen und seinen oder ihren spezifischen inneren Reaktionen
entsprechend darauf antworten und nicht mit einer Reaktion, die der
Anweisung eines anderen entspricht. Schmerz selbst, nicht die Gedanken und
Symptome, die lediglich seine Ableger sind, birgt den Schlüssel zur
Dialektik des Bewusstseins und zum Ende der Neurose. Primärtherapie
erzeugt neue Menschen oder Menschen, die nicht mehr nach magischer Erlösung
suchen müssen, die zu ihrem Ursprung zurückgehen, als sie naiv,
unschuldig, hoffnungsvoll, spontan, wunderbar, warm, offen waren. Sie können
nicht wieder so sein, indem Sie erwachsen agieren. Sie müssen in Ihre
Kindheit zurückkehren. _______________________________________ Anmerkungen
und Quellen [1]-[6]]: siehe
Originalversion _______________________________________ Übersetzung:
Ferdinand Wagner _______________________________________ |