Artikel u. Buchausz. |
Buchauszug |
Artikel u. Buchausz. |
Original: GRAND DELUSIONS Buchübersetzungen
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Dr.
Arthur Janov GROSSE ILLUSIONEN Veröffentlicht
im Juni 2005 auf primaltherapy.com „Kein Hypnotiseur der Welt kann eine Einprägung der ersten oder zweiten Linie bezwingen oder auslöschen, weil ein frühes Trauma in das neurophysiologische System als permanente Erinnerung eingeprägt ist. Mit diesen Einprägungen, die unsere Gehirne und unsere Physiologie verändern, muss man sich in jeder Psychotherapie befassen. Deshalb gibt es keinen Hypnotiseur, der eine Neurose „heilen“ kann. Ein Hypnotiseur kann vielleicht Symptome abschwächen, indem er die Einprägung Tag für Tag mit Suggestion um Suggestion bekämpft. Das kann eine gewisse Wirkung haben, aber die ist nicht von Dauer.“
Arthur
Janov
Kapitel 2 ___________________ DIE NATUR DER HYPNOSE____________________
Einführung
Hypnose
erfreut sich gegenwärtig weitverbreiteter Anerkennung in der öffentlichen
und wissenschaftlichen Gemeinschaft. Allgemein ist man der Überzeugung,
dass Hypnotherapie für signifikante Erleichterung von körperlichen und
psychischen Symptomen sorgt, und ihr Gebrauch weist ansteigende Tendenz
auf. In einer Erhebung von
1994 sahen 97 Prozent von 1.000 Psychotherapeuten Hypnose als lohnendes
therapeutisches Instrument an. [1]
Hypnose
kann ohne Frage nützlich sein, insbesonders im Bereich der
Schmerzkontrolle. Sie findet auch weitverbreitete Verwendung in der
Behandlung neurotischer Symptome einschließlich Angststörungen,
Schlaflosigkeit und Suchtverhalten, aber mit wenig dauerhaftem Erfolg. Das
könnte sich daraus erklären, dass der Zustand der Hypnose dem eines
erweiterten aber temporären Neurose-Falls ähnlich ist. Was ich auf den
folgenden Seiten darzulegen versuche, ist, dass die meisten von uns, die
neurotisch sind, sich einfach in einer hypnotischen Langzeit-Trance
befinden.
Ein
dauerhafter Zustand post-hypnotischer Suggestion kann sehr früh in
unserem Leben beginnen, wenn Autoritätsfiguren (Eltern) ein bestimmtes
Verhalten „suggerieren“, das auf der Möglichkeit des Liebesentzugs
basiert. Die Suggestion nehmen die Eltern in der Regel nicht bewusst vor;
sie besteht einfach aus den unbewussten Bedürfnissen der Eltern, die sich
in Erwartungen übersetzen und dem Kind auferlegt werden. Das Kind weiß
nicht, was vor sich geht, und schlüpft ohne ein Fünkchen Reflexion in
das Verhalten. Ein Teil von ihm schläft oder ist unbewusst, ohne dass es
davon weiß.
In
der Tat können Sie den konzentrierten und verdichteten neurotischen
Zustand, der als Hypnose bekannt ist, verwenden, um den
Prozess
der
Neurose zu demonstrieren – das heißt, wie Neurose entsteht. Hypnose
eliminiert die Quellen der Neurose nicht, noch integriert es Bewusstsein.
Vielmehr desintegriert es das Bewusstsein und erzielt dadurch
Dissoziation,
bei der zwei oder drei Bewusstseinsebenen unabhängig voneinander handeln.
Hypnose zeigt die Wechselwirkungen unter verschiedenen Bewusstseinsebenen
sowohl bei der Initiierung als auch Aufrechterhaltung der Neurose auf.
Hypnose und Neurose verwenden in der Tat dieselben neurophysiologischen
Mechanismen. Hypnotische Beeinflussbarkeit ist selbst von einem bereits
vorhandenem neurotischen Zustand abhängig. Wenn also Psychotherapien eine
Form von Hypnose benutzen, wenden sie die Prinzipien des Bewusstseins
falsch an und verstärken als Ergebnis in Wirklichkeit die Neurose.
Die
Anwendung von Hypnose geht auf die früheste Geschichte der Menschheit zurück.
Bis vor kurzem war sie vom Schleier des Geheimnisvollen, Magischen und Übernatürlichen
umhüllt und wurde mit allem in Verbindung gebracht von Druiden und
Hohepriestern im antiken Griechenland bis zu Schamanen, Göttern, Hexen,
Teufeln und Quacksalbern. Als therapeutische Technik geht sie der
Psychoanalyse um mindestens ein Jahrhundert voraus. Freud benutzte Hypnose
therapeutisch, bevor er sie zugunsten der Psychoanalyse aufgab. Mit der
Zeit hat sie populäre und wissenschaftliche Anerkennung gewonnen, ist in
eine breite Skala von Therapien aufgenommen und auf die meisten Arten
medizinischer und psychologischer Probleme angewandt worden.
Heute
wird Hypnose verwendet, um psychosomatische Symptome wie Geschwüre, Migränen
und Kolitis zu behandeln. Sie wird benutzt, um Schmerz zu bewältigen, und
in Rehabilitationsfällen, bei denen ein organischer Schaden eingetreten
ist. Man benutzt sie, um physiologische Funktionen zu ändern, z. B. um
den Blutdruck zu senken, asthmatische Symptome zu lindern und
gastrointestinale Bechwerden zu erleichtern. Sie findet auch in der
Zahnheilkunde und Geburtshilfe Verwendung. Sie wird benutzt, um
Suchtverhalten wie Überessen, Alkoholismus, Rauchen und Drogenmissbrauch
zu behandeln; um Phobien und sexuelle Probleme zu behandeln; um Gedächtnis
und Studierfähigkeit zu verbessern; und sogar um Warzen verschwinden zu
lassen. Sie wird auch angewandt, um mit verschiedenen emotionalen und
psychischen Problemen fertig zu werden.
Während
Hypnose jetzt als eigenständige Behandlungskategorie betrachtet wird, ist
sie nahezu immer in die besondere therapeutische Orientierung jedes
Therapeuten eingegliedert. Somit kann sie von Therapeuten aus so
unterschiedlichen Bereichen wie Psychoanalyse, Verhaltenstherapie,
Ego-Psychologie, Gestalt und sogar ganzheitlich-transpersonalen Gruppen
verwendet werden.
Was
ist der gemeinsame Faktor, der es ermöglicht, dass sich ein einzelner
Ansatz in so verschiedenartige Therapien einpasst? Es scheint die
Vorstellung zu sein, dass Hypnose die innere Person irgendwie zugänglicher
macht. Wenn ein Individuum sich in einem „Trance“-Zustand entspannt,
werden Erinnerungen, Schmerzen und Traumen und ebenso Lösungen und
Reserven vermeintlich zugänglicher. Hypnose wird als direkter Weg zum
Unbewussten gesehen, wo alte Dämonen ohne den geringsten Verdruss für
den Patienten ausgetrieben werden können.
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Traumen
können ohne bewusste Beteiligung wiedererlebt und aufgelöst werden;
Symptome können ohne Kenntnis ihrer Ursache erleichtert werden;
zwanghafte Verhaltensmuster lassen sich ohne übermäßige Anstrengung
durchbrechen; defätistische
Selbst-Bilder
können in einer oder zwei Sitzungen ‚in Stand gesetzt’werden.
Tatsächlich
gründet Hypnotismus auf dem Glauben, dass die „unbewusste“ Psyche den
Patienten rasch heilen kann, ohne dass die „bewusste Psyche“ je
invoviert wäre. Aufgrund dieser offensichtlichen Leichtigkeit, mit der
sie Veränderungen zu bewirken scheint, ist Hypnose zu einer der populärsten
Therapieformen geworden. Vom Standpunkt des Patienten ist sie populär,
weil sie wie Magie scheint. In der Tat lenkt Hypnotherapie jemanden vom
„Warum“ ab – vom primären Grund für die neurotischen Symptome. Das
Ergebnis ist, dass Hypnose Patienten von der Heilung ablenkt.
Die Geschichte der Hypnose
Der
erste Versuch, Neurose in naturalistischen Begriffen zu erklären,
erfolgte in den 1700er Jahren. Ein österreichischer Arzt namens Franz
Anton Mesmer stellte die These auf, dass Heilung durch die Übertragung
„tierischen Magnetismuses“ stattfinden könne. Seine Prozeduren wurden
als Mesmerismus
bekannt. Manche Leute sprechen immer noch davon,
jemand sei „mesmerisiert“ worden. Mesmer beabsichtigte, Hypnose in den
Bereich der modernen Wissenschaft zu bringen, aber seine Techniken
erweiterten nur die Aura des Mysteriösen, Magischen und des
Scharlatanismus, die sie umgab. In wallende Seidengewänder gehüllt
erschien Mesmer vor seinen Patienten, die sich um einen mit Wasser und
Eisenspänen gefüllten Bottich versammelt hatten. Diese halfen angeblich,
„den wundersamen Tiermagnetismus, der aus [Mesmer] ausströmte“, auf
die Patienten zu übertragen. An einem gewissen Punkt löste der
Tiermagnetismus in den Patienten Konvulsionen aus, die alles, was an
Symptomen präsent war, beseitigen sollten. [2] (Ich vermute, die
Konvulsionen repräsentierten eine Freisetzung von angehäufter Primärenergie,
die durchaus eine Erleichterung der Symptome der Patienten erbracht haben
könnte.)
1784
diskreditierte eine vom französischen König einberufene
Untersuchungskommission Mesmers Ideen. Die Kommission fand, dass in
Wirklichkeit kein solcher Magnetismus existiere und die verblüffenden
Entdeckungen auf „bloße Einbildung“ zurückzuführen seien. Der
Hypnotismus war wieder mit Mystizismus und Quacksalberei verknüpft.
Nichtsdestotrotz
hatte er sich in den 1840er Jahren auf viele Teile der Welt ausgedehnt.
Zwei Chirurgen, die unabhängig voneinander arbeiteten - John Elliotson in London und James Esdaile in Calcutta –
entdeckten, dass die mesmerische Trance zur Schmerzkontrolle bei größeren
Operationen eingesetzt werden konnte. Ein anderer englischer Arzt des
neunzehnten Jahrhunderts, James Braid, war ebenfalls der Ansicht, dass
Mesmers Techniken nützlich sein könnten. Er ließ jedoch die Konzeption
des Tiermagnetismus fallen und führte den Begriff
Hypnotismus
ein
(vom griechischen hypnos, das „schlafen“ bedeutet). Das bezog
sich auf einen „nervösen Schlaf“, der durch Konzentration der
Aufmerksamkeit zu Stande kam. Braid glaubte, Hypnose sei ein Schlafzustand
oder zumindest ein Bewusstseinszustand, der unterhalb der Ebene des vollen
Bewusstseins [conscious-awareness]
existiere. Diese Ansichten schieden die Hypnose vom Mesmerismus und
milderten die negative Einstellung der Ärzteschaft gegenüber der
Anwendung der Hypnose.
In
nachfolgenden Jahrzehnten kristallisierten sich zwei wissenschaftliche
Standpunkte über die Natur der Hypnose heraus. In der Mitte der 1880er
Jahre sah Hippolyte Bernheim, ein Medizinprofessor zu Strasbourg, Hypnose
als normales
Phänomen, das aus einer psychischen Reaktion auf
Suggestion resultierte und keine besonderen körperlichen Kräfte oder
Prozesse involvierte. Im Gegensatz dazu betrachtete Jean Martin Charcot,
Neurologie-Professor an der Sorbonne, Hypnose als
pathologisches
Phänomen,
das nur bei hysterischen Patienten auftrat und durchaus den physischen
Einfluss von Magneten und Metallen beinhaltete.
Sigmund
Freud griff
in den 1890er
Jahren in die Auseinandersetzung ein. Als früherer Student Charcots
gewann er Interesse am Gebrauch der Hypnose als therapeutisches Instrument
zur Behandlung neurotischer Störungen. Freud befand Hypnose als
hilfreich, um hysterischen Patienten zu helfen, sich an vergessene
traumatische Ereignisse zu erinnern. Er benutzte sie auch als Technik, um
körperliche und emotionale Symptome zu lindern. In einer Fallstudie von
1893 beschrieb er zum Beispiel, wie er Hypnose anwendete, um einer Frau zu
helfen, die ihr Kind nicht stillen konnte. Nach dem Herbeiführen einer
hypnotischen Trance „machte [Freud] von der Suggestion Gebrauch, um all
ihren Ängsten und
Gefühlen
zu widersprechen, auf denen die Ängste gründeten: ‚Haben Sie keine
Angst. Sie werden eine exzellente (nährende) Mutter sein und das Baby
wird gedeihen. Ihr Magen ist vollkommen ruhig, ihr Appetit ist
hervorragend, Sie freuen sich auf Ihre nächste Mahlzeit…..“Freud fährt
fort, indem er seine „bemerkenswerte Leistung“ kommentiert. Hypnose
milderte erfolgreich die körperlichen Symptome der Frau, stellte ihren
Appetit wieder her und ermöglichte ihr, ihr Kind acht Monate zu stillen.
[3]
Später
jedoch, während er sein Buch Studien über Hysterie
zusammenstellte,
stellte er den Gebrauch der Hypnose ein und konzentrierte sich stattdessen
auf die neu entwickelten Techniken der Psychoanalyse und freien
Assoziation. Später setzte er die Traumanalyse als „Königsweg zum
Unbewussten“ ein.
Im
ersten Weltkrieg setzte man Hypnose ein, um die traumatisierten Opfer von
Granatenangriffen zu behandeln. Das machte erneut die wissenschaftliche
Gemeinschaft auf sie aufmerksam. Der Experimentalpsychologe Clark Hull
etablierte Hypnose schließlich als ein Objekt, das kontrollierter und
methodischer Laboruntersuchungen würdig war. 1933 schloss sich Hull der
Ansicht Bernheims an, dass Hypnose das Ergebnis von Suggestion und
Beinflussbarkeit sein könnte. Der Zweite Weltkrieg und der Koreakrieg
trugen zum erneuten Interesse an der Hypnose bei. Es wurden Gesellschaften
zur Erforschung und Ausbildung in klinischer und experimenteller Hypnose
gegründet. Hypnose-Journale veröffentlichten Forschungsergebnisse und
Fallstudien. Spezielle Ausschüsse lizensierten Praktiker und verbreiteten
Information unter die Öffentlichkeit.
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Die
1970er Jahre sahen eine kuriose Entwicklung im Gebrauch der Hypnose. Die
Ausbreitung hypnotischer „Vorleben-Regression“ (die seit den 1860er
Jahren, wenn nicht früher, in Europa praktiziert worden war) entzündete
eine neue Kontroverse im Fachgebiet. Anhänger dieser Praxis (von denen
die meisten keinen Abschluss in Psychologie oder Medizin haben) glauben,
dass Ereignisse und Probleme in früheren Leben Neurose und andere
Probleme in diesem Leben erzeugen können. Somit kann man durch Hypnose
Zugang zu vergangenen Identitäten gewinnen, vergangene Traumen
wiedererleben und ihre negativen Auswirkungen auf das gegenwärtige
Funktionieren beseitigen. Obgleich professionelle Hypnose-Organisationen
die Regression auf frühere Leben verurteilt haben, hat sie sich ihren Weg
in die Ericksonsche Hypnotherapie gebahnt, die Schule, die auf der Arbeit
von Milton Erickson (1902-1980) basiert, dem überragenden Hypnotiker der
letzten Jahrzehnte. Einige Hypnotiker waren sogar in der Lage,
„Altersprogression“ einzuleiten, bei der Patienten sich zum Zweck
angeblichen therapeutischen Nutzens selbst in die Zukunft ‚beschwören’.
[4]
Heute
scheint die Hypnose in der wissenschaftlichen Gemeinschaft zunehmend an
Akzeptanz zu gewinnen. Ericksons Einfluss hat sich über die traditionelle
Hypnotherapie auf Familientherapie und andere klinische Bereiche
ausgedehnt. Nichtsdestotrotz besteht noch immer keine zusammenhängende
oder zwingende Theorie über die Natur der Hypnose. Die meisten stimmen
darin überein, dass hypnotische Phänomene real sind: Die Leute können
sich von Schmerz in ihrem Körper loslösen, auf frühere Ereignisse in
ihrem Leben zurückgehen, traumatische Ereignisse wiedererleben und sie
Augenblicke später vergessen und bedeutende Änderungen in ihrer
Wahrnehmung erfahren. Aber was verursacht diese Veränderungen? Ist
Hypnose ein veränderter Bewusstseinszustand? Oder aktiviert und
kanalisiert sie lediglich normale Prozesse, Fähigkeiten und Reaktions-Präferenzen?
Das wird als Zustand – Nichtzustand –
Kontroverse angesehen,
und es führt uns zum Kernproblem des Wesens der Hypnose.
Die Natur der Hypnose
Hypnotische
Trance: ein Zustand, bei dem sich Wahrnehmungen entweder spontan
oder
als Ergebnis von Suggestion ändern und bei dem es zu einer Loslösung von
der
Die
Elemente einer hypnotischen Trance sind weithin bekannt. Ernest R. Hilgard
(1904-2001), Langzeit-Experimentalpsychologe an der Stanford Universität
und ein prominenter Erforscher der hypnotischen Analgesie, entwickelte ein
Profil eines hypnotisierten Individuums mit Charakteristika, die er als
„ausreichend logisch“ ansah, um als Definition zu dienen. Insbesonders
gilt für eine geschulte hypnotisierte Person, dass sie: §
passiv
auf Information wartet, wie sie sich verhalten soll; §
ihre
Aufmerksamkeit nur auf den Hypnotiker richtet; §
Verzerrungen
als Realität akzeptiert; §
hochgradig
empfänglich für die Suggestionen des Hypnotikers ist; §
bereitwillig
in die Rolle eines anderen schlüpft, §
das
hypnotische Erlebnis vergessen kann. [6]
Nehmen
wir an, das alles seien Aspekte einer hypnotischen Trance. Ist an diesem
Zustand wirklich etwas Besonderes, etwas, das in von alltäglichem
Bewusstsein (wenn man wach ist oder schläft) unterscheidet? Verschiedene
Forscher haben gegensätzliche Antworten auf diese Fragen gegeben.
Nichtzustand-Theorien
Theodore
Barber, ein führender Hypnose-Forscher ist ein starker Verfechter der
Nicht-Zustand –Theorie. Für ihn ist Hypnose nichts Außergewöhnliches;
es ist ein normales alltägliches Verhalten, dem man fälschlicherweise
einen speziellen Namen gegeben hat. Sogenanntes hypnotisches Verhalten
kann gemäß Barber als das Resultat interpersoneller Faktoren verstanden
werden, wie dem Wunsch des Subjekts, dem Hypnotiker zu gefallen, indem es
erfolgreich ausführt, was von ihm verlangt wird – sehr ähnlich dem,
was sich oft zwischen Klient und Therapeut in allen Therapiearten
abspielt.
Barber
legt dar, dass alle Versuche, Hypnose zu defnieren, bis heute ein
semantisches Karussell involvieren: Man sagt, eine Person zeigt ein
bestimmtes Verhalten, weil sie hypnotisiert ist. Aber wie wissen
wir, dass sie hypnotisiert ist?
Weil sie in einer Trance ist!
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Während
die Begriffe Trance und Hypnose benutzt werden, um einander zu definieren,
werden sie auch austauschbar verwendet. Laut Barber erfordert der Beweis,
dass Hypnose ein besonderer Bewusstseinszustand ist, die Entdeckung von
Verhalten, das anders ist als das, welches verwendet wird, um sie zu
beschreiben.
Wenn
des Weiteren Hypnose ein besonderer Zustand ist, sollten Intrumente dann
nicht deutlich seinen Unterschied zu einem Wach-oder Schlafzustand
anzeigen? „Seit nahezu hundert Jahren“, schreibt Barber, „haben
Forscher versucht, einen objektiven physiologischen Index zu erstellen,
der den hypnotischen Zustand von nicht-hypnotischen Zuständen
unterscheidet….Der Versuch, einen physiologischen Index für die
‚hypnotische Trance per se’ zu finden, war nicht erfolgreich.“ [7]
Insbesonders zeigen physiologische Messungen wie EEG, Blutdruck,
Pulsschlag und Körpertemperatur keinerlei Abweichung zwischen einem
„hypnotischen“ und „nicht-hypnotischen“ Zustand.
Peter
Brown, der untersucht hat, was dem Phänomen hypnotischer Kommunikation zu
Grunde liegt, modifiziert Barbers These wie folgt: „Obwohl es Veränderungen
der Gehirnfunktion während Hypnose gibt, sind sie nicht einzigartig für
Hypnose noch einheitlich für alle Subjekte…. Die Veränderungen der
Gehirnfunktion, die bei Hypnose geschehen, sind den normalen [ultradian
???] Aktivitäts-Abweichungen ähnlich und scheinen sich nicht von Veränderungen
zu unterscheiden, die man in anderen Typen ‚absorbierter’
Konzentration gefunden hat.“ [8] Brown fügt hinzu, dass „es leicht
ist, von einem ’geänderten Bewusstseinszustand’ zu reden oder von
‚Loslösung’, als ob wir genau wüssten, was diese Begriffe bedeuten.
Die Beweise legen nahe, dass der Trance-Zustand substantielle Veränderungen
in Kognition, Emotion, Wahrnehmung und physiologischer Regulierung
involviert. Aber diese Änderungen existieren nicht in einem Vakuum. Der
umgebende Kontext des Individuums wird sich mit ihnen vermischen: seine frühere
Geschichte, aktuelle Sorgen und die Qualität der Interaktion und der Grad
an Harmonie, den es mit dem Hypnotherapeuten erfährt.“ [9]
Gemäß
der Nichtzustand-Theorie sind die Vitalfunktionen und das Verhalten eines
Menschen in hypnotischer Trance nicht verschieden von denen einer Person,
die in keiner Trance ist. Leute spielen Rollen, agieren, verzerren,
verbergen, phantasieren und machen sich Vorstellungen wie andere im
Wachzustand, und sie machen diese Dinge auch, während sie hypnotisiert
sind. Während sie entweder in einer hypnotischen Trance oder in einer
alltäglichen Trance sind, sind sie in der Lage, sich bewusst oder
unbewusst auf einen besonderen Reiz zu konzentrieren und alle anderen
auszuschalten. Darüber hinaus sagen Barber und andere
Nichtzustand-Theoretiker, dass das, was mit den Leuten in Hypnose
passiert, weitgehend in Hinsicht auf die Beziehung zwischen dem Subjekt
und dem Hypnotiseur erklärt werden kann und auf der Psychologie, den
Motivationen und Trieben des Subjekts basiert. Als Kinder versuchen sie
ihren Eltern zu gefallen; als Studenten suchen sie Anerkennung von
Lehrern; und als hypnotische Subjekte machen sie dasselbe.
Zustand-Theorien
Andere
Forscher sehen Hypnose als speziellen oder geänderten Zustand, obwohl
aktuell keine Forschung ihe Theorie stützt. Erickson war der
prominenteste Verfechter dieser Ansicht. Erickson glaubte, dass Hypnose
ein besonderer Zustand hochkonzentrierter Aufmerksamkeit sei. In diesem
Zustand könne die bewusste Psyche „mit relativer Leichtigkeit
verschoben, transformiert oder umgangen werden,“ was unbewusste
Erinnerungen zugänglicher mache als während eines normalen Wachzustands.
Ericksons
Überzeugung, dass Hypnose hauptsächlich ein inwendiger Prozess sei,
trennte ihn von vielen traditionellen Hypnotiseuren. Nach seiner Ansicht
entsprang die hypnotische Reaktion der inneren Dynamik des Subjekts, auch
wenn sie vom Hypnotiseur erleichtert wurde. „Die hypnotische Trance“,
schrieb Erickson, „gehört nur zum Subjekt; der Operator kann nicht mehr
tun als zu lernen, wie er Reize und Suggestionen anbieten kann, um
reaktives Verhalten hervorzurufen, das auf der eigenen empirischen
Vergangenheit des Subjekts gründet.“ [10] Diese Erklärung steht in
deutlichem Kontrast zu Barbers Ansicht, dass Hypnose als Ergebnis
interpersoneller Dynamik ensteht.
Obwohl
Erickson Hypnose als speziellen Bewusstseinszustand sah, glaubte er nicht,
dass sie außergewöhnliche
Kräfte involviere. Er behauptete
stattdessen, dass sie dieselben Fähigkeiten und Prozesse verwende, die
wir gewöhnlich erfahren. Die meisten hypnotischen Phänomene –
Altersregression, Amnesie, Dissoziation, hypnotische Anästhesie,
Zeitverzerrung – hätten gewöhnliche alltägliche Korrelate. Zum
Beispiel vergisst man einen quälenden Zahnschmerz vorübergehend während
eines besonders spannenden Films. Das ist ein Beispiel dessen, was
Erickson als gewöhnliche alltägliche Trance bezeichnet. Nach seiner
Denkweise ist Hypnose in dem Sinn nützlich, dass es eine Möglichkeit
bietet, diese gewöhnlichen Prozesse absichtlich zu aktivieren und sie zu
gebrauchen, um das Hypnose-Subjekt auf ein spezielles Ziel auszurichten.
Die hypnotische Trance
Das
erste Merkmal einer hypnotischen Trance ist, was Hilgard einen Verlust der
„Planungsfunktion“ nannte. Das bedeutet, dass die Subjekte vielmehr
auf Instruktionen vom Hypnotiseur warten, als selbst irgendwie aktiv zu
werden. „Neuzuweisung der Aufmerksamkeit“ – das zweite Merkmal –
findet statt, wenn Subjekte nur das auswählen, was sie laut Anweisung
wahrnehmen sollen. So können Leute auf der Bühne das Publikum vergessen,
während sie nur den Therapeuten hören und sehen.
Drittens
ist die „Realitätsprüfung“ reduziert, während
„Wirklichkeitsverzerrung“ akzeptabel wird. Viertens ist die
„Beeinflussbarkeit“ erhöht, was bedeutet, dass eine Person
bereitwilliger den Vorschlägen des Hypnotiseurs entsprechend handelt. Fünftens
wird eine Person leichter ungewöhnliche Rollen ausführen.
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Hilgard
erklärt: Wenn man dem hypnotisierten Subjekt sagt, es solle eine Rolle
annehmen, wie z. B. jemand anders sein, wird es das gewöhnlich tun und
komplexe Aktivitäten ausführen, die mit der Rolle verbunden sind.“
Schließlich
„kommt es oft zu posthypnotischer Amnesie.“ Auf Anweisung vergisst das
Subjekt Ereignisse, die während des hypnotischen Erlebnisses geschahen.
Diese Erinnerungen können durch ein „Freisetzungssignal“
wiedergefunden werden. Der Hypnotiseur kratzt sich vielleicht an der Nase,
zündet sich eine Zigarette an oder beugt seinen Ellenbogen auf bestimmte
Weise, um die Person sich an das erinnern zu lassen, was sie zeitweilig
vergessen hat. [11]
Sind
diese Merkmale – passives Warten auf Anweisungen, Empfänglichkeit für
Suggestionen, Rollenspiel und so weiter –
exklusiv mit dem
hypnotischen Zustand verknüpft? Ich glaube nicht, dass sie es sind. Später
werde ich zeigen, wie genau dieselben Charakteristika auch dazu dienen,
die Eigenschaften der Neurose zu definieren
Variationen in Tiefe und Typus der
Trance
Sowohl
Hilgard und Erickson glauben, dass es bestimmte unterschiedliche Ebenen
der hypnotischen Trance gibt. Zum Beispiel gibt es eine stuporöse Trance
– ein Zustand, bei dem laut Hilgard spontanes Denken aufhört und das
Selbst „bedeutungslos“ wird. In Hypnosis in the Relief of Pain
behauptet
Hilgard, dass der Begriff der Tiefe bei Hypnose nicht wirklich gemessen
werden kann und nur durch die Person beschrieben werden kann, die sie
erlebt. Dennoch gibt er diese Beschreibung einer Person in einem
hypnotischen Stupor:
"Die
Entspannung des Körpers nahm eine Zeit lang zu, aber er [das Subjekt] fühlte
sich
Eine
andere Art von Trance ist die schlafwandlerische, bei der psychische und körperliche
Aktivitäten offenbar normal bleiben. Erickson machte zu
Demonstrationszwecken und zu therapeutischen Zwecken häufigen Gebrauch
von der schlafwandlerischen Trance. Ich beschreibe jetzt ein Beispiel, in
dem Erickson ein Individuum aufforderte, um den schlafwandlerischen
Zustand zu demonstrieren. Er gab dann vor, die Demonstration zu beenden
und das Subjekt zu entlassen. Aber er machte weiter in der Hoffnung,
echtes „hypnotisches Verhalten“ zu beobachten anstatt Verhalten, dass
darauf abzielte, dem Hypnotiseur zu gefallen.
Da
er die Vorliebe des Subjekts für Süssigkeiten kannte, Sagte Erickson der
Frau, dass sie sich als Belohnung für ihre Vorstellung etwas von einem
Teller hausgemachten Konfekts aussuchen könne. Als Subjekt war sie
„noch immer in dem schlafwandlerischen Zustand“, und als man sie bat,
ihr Lieblingskonfekt zu nennen, „äußerte sie eine ausgeprägte
Vorliebe für ‚Götterquatsch’
[‚divinity
fudge’,
ein
Schaumgebäck]
und
gerade als sie sprach, konnte man erkennen, dass sie in Erwartung frei
Speichel absonderte.“ Der Hynotiseur ging in einen anderen Raum, rief
voller Zufriedenheit nach draußen, dass da tatsächlich ‚Götterquatsch’
sei, und fragte sie, ob sie sich sofort oder erst später ein Stück holen
wolle. Wie verlautet, antwortete sie: „Was ‚Götterquatsch’
betrifft, ist sofort kaum schnell genug.“ Erickson kehrte dann in den
Raum zurück und brachte Servietten mit, wobei er vorgab, ein Teller
Konfekt in seinen Händen zu halten und sagte, dass auf dem Teller
verschiedenes Konfekt sei für den Fall dass die Anwesenden
unterschiedliche Vorlieben hätten. Als nächstes näherte er sich dem
Subjekt und bat sie, nach vorn zu gehen und sich die größten Stücke
‚Götterquatsch’ auszusuchen.
"Mit
der jugendlichen Direktheit, Ernsthaftigkeit und Einfachheit, die für das
Verhalten
Der
imaginäre Teller wurde in der Gruppe herumgereicht. Jede Person gab vor,
ein Stück Konfekt zu nehmen und es zu essen. Das Subjekt wurde dann
unruhig, wanderte im Zimmer herum und setzte sich schließlich in einen
Stuhl neben dem Tisch, auf dem der imaginäre Teller abgestellt war.
Daraufhin blickte sie „in der Art eines kleinen Kindes, das sich noch
ein Konfekt nehmen will“ verstohlen zwischen dem imaginären Teller und
dem Hypnotiseur hin und her, bis : "sie
sich mit einem Anflug von Entschlossenheit nach vorne beugte, den Teller
sorgfältig
prüfte und sich anschickte,
eine
Vorstellung zu geben, in der sie mehrere
Der
Teller wurde wieder herumgereicht. Als sie an der Reihe war, wählte das
Subjekt wieder und aß imaginäre Konfektstücke. Erickson merkt an, dass
während der gesamten Vorstellung zwei „medizinisch ausgebildete
Mitglieder das Subjekt unauffällig beobachteten“ und unabhängig
voneinander an ihr „erhöhten Speichelfluss und vermehrtes Schlucken“
beobachteten,
ebenso wie
ihren Gebrauch der Serviette, um sich die Finger abzuwischen. Dann schloss
Erickson die Demonstration ab und weckte das Subjekt auf. [13]
Somit
haben wir stuporöse Trancen, in denen die Umwelt, der Körper und das
Selbst zu bedeutungslosen Begriffen werden., und wir haben somnambule
Trancen, in denen im Kontext normaler Gruppenaktion fröhlich
halluzinatorisches Schaumgebäck verspeist wird. Wie sind diese Zustände
möglich? Sind diese Berichte bloße Phantasie oder wirkliche
Beschreibungen von veränderten neurologischen Funktionen? Und wenn
letzteres zutrifft, welche Gehirnstrukturen vermitteln hypnotische
Trance-Zustände?
Die Neurologie der Hypnose
Mit
der Entdeckung der hemisphärischen Lateralität
des Gehirns (Siehe
die Arbeit von Gazzanga und Bogen und ebenso: Psychology Today, Mai 1985,
s. 43), sind die Bezeichnungen rechtes Gehirn/linkes Gehirn
praktisch
zu Haushaltsbegriffen geworden. Das Gehirn ist in zwei Hälften
unterteilt, wobei jede Hälfte qualitativ unterschiedliche Prozesse
vermittelt: Das rechte Gehirn vermittelt nicht-rationale Funktionen und
holistische Wahrnehmungen, während das linke Gehirn die rationalen und
spezifischen vermittelt. Das rechte ist holistisch, während das linke
analytisch ist. Das rechte ist nach innen orientiert, während das linke
sich nach außen konzentriert.
Eine
andere neurologische Entdeckung der jüngeren Zeit ist die des
„dreieinigen Gehirns“, wobei die Einteilung vielmehr konzentrisch ist
als lateral. Obgleich weniger bekannt als die Konzeption der hemisphärischen
Lateralität, ist die Entdeckung des dreieinigen Gehirns vielleicht von größerer
Bedeutung.
Das
Modell des dreieinigen Gehirns basiert auf der Forschung von Paul Yakovlev
und beschreibt das Gehirn als konzentrisch in drei Zonen oder
„Neuropileme „ organisiert. [14] Jede Zone besteht aus einem
wechselseitig verknüpften Netzwerk aus Nervenzellen mit eigener
biochemischer Zusammensetzung. Jede Zone hat ihr eigenes Lagerhaus für
Bewusstsein und Erinnerung. Die drei Zonen oder Ebenen des Gehirns
entwickeln sich chronologisch im Fetus und Neugeborenen, genau wie es in
der menschlichen Evolution geschehen war. Bei der Geburt und bei
primitiven Tieren ist
nur die
erste Ebene in Funktion, die viszerale und körperliche Aktivitäten
vermittelt. Mit dem sechsten Lebensmonat tritt die zweite Ebene der
Gehirnentwicklung in Erscheinung, um die limbischen Prozesse des Fühlens
und der Emotion zu vermitteln. Einige Bewiese sprechen dafür, dass dies
in der Evolution mit der Schildkröte begann, die gewisse limbische
Strukturen aufweist. Die dritte oder kortikale Ebene, die alle kognitiven
Funktionen vermittelt, entwickelt sich als letzte und ist in ihrer vollen
Entwicklung einzigartig menschlich.
In
welcher Beziehung steht das zur Hypnose? Die Dissoziation, die für alle
hypnotischen Phänomene so entscheidend ist, hängt von der Loslösung
oder Abkoppelung der dritten Bewusstseinsebene ab. Es ist genau diese
dritte Ebene, die in der Beziehung zur Außenwelt vorherrscht. Dieser Teil
des Gehirns nimmt wahr, reflektiert, denkt logisch, rationalisiert und
versteht. Seine Aufgabe ist es, Information zu verarbeiten und
auszuwerten, zu wissen, was Sache ist: wie die Temperatur ist, die
Umweltbedingungen, ob Gefahr naht, ob der Körper Nahrung oder Schlaf
braucht und so fort. Wenn Hypnose wirken soll, muss sie die dritte
Ebene loslösen, sodass das Individuum nicht mehr fähig ist, unabhängig
Information zu verarbeiten.
Ein
Trance-Zustand findet statt, wenn die Person ohne Unterstützung des
kritischen Intellekts (dritte Ebene) von der emotionalen (zweiten) oder
physischen (ersten) Ebene aus funktioniert. In diesem Zustand wird
keinerlei Kognition angewandt, um zu bestimmen, ob innere und äußere
Umstände übereinstimmen, ob Fühlen und Handeln auf Realität basieren.
Deshalb sprechen Kinder grundsätzlich leichter auf Hypnose an. Sie haben
nicht die weit entwickelten Bewertungsfunktionen des Erwachsenen.
Kindliche
Willfährigkeit ist die neurotische Eigenschaft im Erwachsenen, die die
Trance ermöglicht und aufrecht hält.
Beachten
Sie zwei Schlüsselsätze in Ericksons Bericht über die Frau im
schlafwandlerischen Zustand: „mit….jugendlicher
Direktheit,
Ernsthaftigkeit und Einfachheit,“ und „in der Art eines kleinen
Kindes.“ Ich glaube, diese Demonstration
deckte
die latenten
kindlichen Tendenzen vielmehr auf, als sie herbeizuführen. Die
bereits vorgegebene Willfährigkeit des Subjekts ließ noch mehr Loslösung
zu (von dem, was sie normalerweise erlebte), sodass nicht einmal äußere
Fingerzeige ihre Trance unterbrechen konnten
Ericksons
Demonstration zeigt einen anderen entscheidenden Aspekt des hypnotischen
Zustands auf. Unbehindert von persönlicher Verlegenheit und sozialen
Einschränkungen war das Subjekt frei, so kindlich zu handeln, wie sie
tatsächlich
war. Unter normalen Umständen wehrt die Verdrängung das Eingeständnis
der Neurose ab. Unter Hypnose, wenn der letzte Rest rationaler Wahrnehmung
untersdrückt ist, können neurotische Leute sich erlauben, so abhängig,
kindlich und verletztend zu sein, wie sie wirklich sind.
Das
hypnotische Verfahren enthüllt, was die Selbst-Zensur der Verdrängung
verbirgt : den Kern des neurotischen Selbst. Das geschieht jedoch unter
Vermeidung des voll bwussten Erlebens, denn es ist dieses Erleben, das
Schmerz-Gefühle hervorruft. Zweifelsohne können wir durch Unbewusstheit
nicht gesund werden, weil das die Definition von Neurose ist. Es bedarf
des vollen Bewusstseins, um ganz zu werden.
Somit
besteht die Attraktion der Hypnose in der offensichtlichen Gelegenheit,
beide Möglichkeiten zu haben: Man kann zeigen, wer man ist, ohne
gleichzeitig Schmerz zu fühlen. Und das ist, wie ich später erklären
werde, genau der Grund, warum Hypnotherapie letztlich nicht therapeutisch
sein kann.
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Herbeiführung der Unbewusstheit
Es
ist in der Tat bemerkenswert, dass ein paar Worte, die durch die Luft
reisen und als Geräusche ins Ohr dringen – sogar monotones Geschwafel
– erreichen können, dass eine Person wirksam das Bewusstsein verliert
und in eine Trance fällt. Diese Geräusche nehmen im Gehirn offenbar eine
Bedeutung an, die die höchsten (kortikalen) Funktionen des Nervensystems
radikal reduziert. Wenn diese Geräusche Bedeutung gewinnen, beginnen sie
eine biochemische und neuroelektrische Kraft auszuüben, die die Übertragung
zwischen vielen Nervenzellen stilllegt. Das Bewusstsein ist ernsthaft
eingeschränkt, und die Person wendet ihre Aufmerksamkeit einem sehr engen
Reizspektrum zu. Das unterscheidet sich nicht von dem, was mit einem
kleinen Kind geschieht, das von den Eltern getadelt und ermahnt wird, sich
anders zu benehmen. Diese Worte können bewirken, dass das Kind seine Gefühle
über sich selbst und sein Verhalten ändert, alles ganz unbewusst.
Mit
anderen Worten können Vorstellungen Aspekte des Bewusstseins wegschließen,
verzerren und verändern. Das geschieht jedoch nur, wenn die Person, die
die Vorstellungen liefert, in den Augen der Person, die sie empfängt,
Autorität hat und der Händler der Liebe und der Beseitiger möglichen
Schmerzes ist. Das geschieht, wenn ein charismatisches Individuum jemanden
überzeugt, an exotische Vorstellungen zu glauben. Somit gibt es
vielleicht keinen großen Unterschied zwischen einem Kultführer, der zu
einem Schüler spricht, einem Elternteil, das zu einem vierjährigen Kind
spricht, und einem Hypnotiseur, der zu seinem Subjekt spricht. In jeder
dieser Situationen ist es möglich, die Person auf selektive Weise
unbewusst zu machen. Eine sichere Art besteht darin, dass man Bedürfnisse
manipuliert – unerfüllte Bedürfnisse – nach Liebe, Sicherheit,
Schutz und Führung, Wärme und gegen alles, was die Zukunft bereithalten
mag. Jemand, der eingeprägten Schrecken in sich trägt, muss jemanden
finden,
der die „Dämonen“
abwehrt, wer sie auch sein mögen. Jemanden, der den Weg ebnet und unsere
Lebensreise sicher macht.
Die Neurologie des Unbewussten
Schlüsselstrukturen
im limbisch-emotionalen System oder Bewusstsein der zweiten Linie
vermitteln in dem, was sowohl bei Hypnose als auch bei neurotischer Trance
geschieht. Die Amygdala und der Hippokampus sind daran beteiligt, Gefühle
bewusst zu machen und Gefühle verdrängt und unbewusst zu machen – Gefühle
von ihrer Erkenntnis abzukoppeln. Der Hippokampus kann Emotionen wieder
aufspüren und kann sie mit der Hilfe des Thalamus aus dem Bewusstsein
heraushalten. Das verschafft den Zugang zum hypnotischen Zustand; Peter
Brown bemerkt, dass der limbische Hippokampus in hohem Maß für die
Abtrennung vom vollen Bewusstsein verantwortlich ist. Die Amygdala können
Emotionen aktivieren und gegenwärtigen Input daran hindern, diese
Emotionen auszulösen. Der Thalamus und die Basalganglien, schreibt Brown,
unterstützen diesen Prozess, indem sie sich weigern, bestimmte
Informationen von unten zu den höheren Ebenen zu übertragen. Auch auf
diese Weise bleiben wir ‚dissoziiert’.
Es
gibt noch ein weiteres System, dass uns wachsam und bewusst aufmerksam
sein lässt, und das ist das retikuläre Aktivierungssystem des
Hirnstamms. Wenn dieses System blockiert ist, sind wir weniger wachsam und
kritisch. Einige Schlaftabletten wirken direkt hier. Im eingelullten
parasympathischen Zustand einer beginnenden Trance ist es dieses
Alarmsystem, dass seinen Betrieb einstellt.
Aber
es ist in erster Linie das limbische System, wo die emotionale
Bewusstseinsebene organisiert ist, welches „beschließt“,
ob ein Feeling voll bewusst gemacht wird. Und genau hier kann
Dissoziation stattfinden. Hier können die Rhythmen des Gehirns zu
Theta-Rhythmen verlangsamt werden, die das Vorherrschen einer tieferen
bzw. der zweiten Bewusstseinsebene anzeigen. Genau hier findet der Input
des Hypnotiseurs Zugang und wird bedingungslos akzeptiert. Wenn sich die
Gehirnrhythmen noch weiter in den Delta-Bereich verlangsamen, bis hinab
auf 2 oder 3 Zyklen pro Sekunde, kann die Person in eine tiefe Trance
eintreten, wo sogar Suggestion keinen Zugang mehr hat. Sie ist „draußen“,
nicht mehr in dieser Welt; sie ist starr und unnachgiebig. Sie
funktioniert nur auf der ersten Ebene, auf der Überlebensfunktionen
dominieren. Die linke Hemisphäre des Gehirns mit ihrer schwer
herabgesetzten Aktivität ist jetzt praktisch nutzlos. Es gibt absolut
keine Kritikfähigkeit mehr. Die Aufmerksamkeit ist auf die Stimme des
Hypnotiseurs eingeengt und auf das, was er suggeriert, und auch sie ist
auf minimalem Niveau.
All
das unterscheidet sich nicht von der Erörterung der unterschiedlichen
Bewusstseinsebenen, die bei Neurose aktiv sind, und der Erklärung, wie
auf den zwei unteren Bewusstseinsebenen traumatische Einprägungen
erfolgen können, die hinterher ein Leben lang unser Verhalten und unsere
Symptome steueren können. Kein Hypnotiseur der Welt kann eine Einprägung
der ersten oder zweiten Linie bezwingen oder auslöschen, weil ein frühes
Trauma in das neurophysiologische System als permanente Erinnerung eingeprägt
ist. Mit diesen Einprägungen, die unsere Gehirne und unsere Physiologie
verändern, muss man sich in jeder Psychotherapie befassen. Deshalb gibt
es keinen Hypnotiseur, der eine Neurose „heilen“ kann. Ein Hypnotiseur
kann vielleicht Symptome abschwächen, indem er die Einprägung Tag für
Tag mit Suggestion um Suggestion bekämpft. Das kann eine gewisse Wirkung
haben, aber die ist nicht von Dauer. Die erste oder zweite Ebene zu
manipulieren ist nicht dasselbe wie ein Ereignis einzuprägen. Hypnose
kann Wirkung erzielen, die aufgrund anderer Faktoren wie Belohnung, äußere
Motivation, Bestrafung usw. kurzzeitig andauert. Nichtsdestotrotz
kann
man Suggestion nicht einprägen. Es bedarf für ein Ereignis einer
hohen Valenz oder Kraft, etwas, das unser Leben oder unsere Unversehrtheit
bedroht, damit es eingeprägt wird. Einprägungen geschehen in der
kritischen Periode, wenn bestimmte Bedürfnisse erfüllt werden müssen.
Wenn wir in den ersten Monaten unseres Lebens auf Erden nicht geliebt oder
gehalten werden, wird das zusammen mit den Veränderungen bei bestimmten
Liebeshormonen wie Oxytozin oder Vasopressin eingeprägt. Es kommt zu Veränderungen
bei den Stresshormonen und sie bleiben uns als dauerhafte Souvenirs, bis
wir zurückgehen und die Einprägung, die so viele Abweichungen in vielen
unserer Systeme verursachte, umkehren und ungeschehen machen.
Seite 8
All
das soll keine erschöpfende Diskussion der Neurologie der Hypnose sein,
die ein gut’ Stück über mein Fachgebiet hinausgeht. Es soll nur
zeigen, dass dieselben Mechanismen, die in Neurose involviert sind, die
Mechanismen sind, die an Hypnose beeiligt sind. Kurz gesagt ist Hypnose
eine verdichtete und begrenzte temporäre Neurose. Sie beinhaltet
Dissoziation als eine sine qua non. Sie involviert Abtrennung und
und blinden Gehorsam. Sie involviert unkritisches Verhalten, als sei man
‚auf Automat geschaltet’. Und in Neurose ist man auf Automat,
weil man automatisch das Programm abspult, das durch unsere primären
Bezugspersonen in der Kindheit festgelegt worden war. Wenn wir in den
formenden Monaten der frühen Kindheit keine Nähe erfuhren, wird das
eingeprägt, sodass wir später nicht in der Lage sind, dauerhafte
emotionale Bindungen mit anderen einzugehen.
Das psychologische Klima der Hypnose
Welche
psychologischen Elemente sind an Hypnose beteiligt? Zuallererst könnte
man sagen, dass wir durch unsere vorgefassten Ansichten und Erwartungen
bereits teilweise hypnotisiert sind, bevor wir den Hypnotiseur besuchen.
Wir erwarten, durch einen Prozess zu gehen, den der Ruf der Hypnose
bereits vorherbestimmt hat. Wenn der Hypnotiseur uns zwingt, verstärken
sich diese Elemente sofort. Noch wichtiger als diese Vorerwartungen ist
der Wunsch, hypnotisiert zu werden. Welche Motive liegen diesem Wunsch
zugrunde, seinen kritischen Verstand aufzugeben? Ich glaube, diese
Motivation zu verstehen bedeutet zu verstehen, wie Hypnose funktioniert.
Die
Wünsche einer Person sind nicht nur gesunde Triebe motiviert, sondern
auch durch neurotische Prozesse, die aus unbefriedigten Kindheitsbedürfnissen
resultieren. Barber sagt, dass jemand in eine Trance geht wegen seines
oder ihres Wunsches,
dem
Hypnotiseur zu gefallen, den Hypnotiseur gut aussehen zu lassen, um als
etwas Besonderes angesehen und mit Komplimenten bedacht zu werden und so
weiter. Barber könnte genauso gut die alltäglichen Motivationen des
gemeinen Neurotikers beschrieben haben. Die tiefere Bedeutung von Barbers
Standpunkt besteht darin, dass hypnotischer Erfolg von vorgegebenen
neurotischen Motivationen abhängig ist.
Das ist eine weitere Bestätigung
für die Behauptung, dass Hypnose und Neurose die gleichen Mechanismen
involvieren.
Für
viele Leute scheint Hypnose unerklärlich oder magisch. In Wirklichkeit
ist das, was bei Hypnose als Dissoziation bezeichnet wird, der tagtägliche
Zustand des Neurotikers. Alle klassischen hypnotischen Phänomene –
Amnesie, Zeitverzerrung, Altersregression, Halluzinationen, Anästhesie
und Katalepsie – hängen von Dissoziationen des Bewusstseins ab. Was
Trancen verschiedener Tiefen gemeinsam haben, ist ein gewisses Maß an
Dissoziation oder Trennung innerhalb des Selbst, wie es der Fall ist, wenn
wir jahrelang traumatischen emotionalen Schmerz verdrängen oder zeitweise
einen wunden Hals oder Kopfschmerz nicht mehr spüren.
Ich
behaupte, dass Hypnose in Bezug auf die allgemeine neurotische
Bedingung kein veränderter Zustand ist, aber es ist ein veränderter
Zustand in Bezug auf das, was gesund ist. Das
isolierte
Bewusstsein
der Hypnose ist nur eine eingeschränkte Demonstration dessen, wie Neurose
funktioniert.
Der Unterschied ist, dass Neurose in der kritischen
Periode festgelegt wird, wenn das Gehirn sich formt und Hormone ihre
Sollwerte erreichen. Sie ist dann ein permanenter Zustand. Hypnose ist ein
temporärer, indem sie dem Verhalten durch die Manipulation des vollen
Bewusstseins eine neue Richtung gibt. Sie ist ein unbewusster Input, der
sich gegen die Primärflut zu stemmen versucht; der versucht, die Effekte
der Einprägung zu blockieren. Hypnose ändert jedoch nichts an der Einprägung.
Man kann durch Hypnose mit dem Rauchen aufhören, aber das Verlangen
danach ändert sich nie. Der Preis, den wir dafür bezahlen, dass wir uns
selbst belügen, ist früher oder später der vorzeitige Zusammenbruch des
Systems. Psychotherapie wendet sich dem linken Frontalhirn zu, während
der Hypnotiseur es umgeht und seinen Input anscheinend an das rechte
Frontalhirn, an das emotionale, nach innen orientierte Gehirn richtet.
Neurose als hypnotischer oder
posthypnotischer Zustand
Ich
habe behauptet, dass man Hypnose verstehen kann, indem man sich Neurose
anschaut. Tatsächlich ist Neurose die
sine qua non
für Hypnose.
Schauen wir jetzt, ob wir Neurose ebenso leicht verstehen können, indem
wir Hypnose betrachten. Gibt es einen grundlegenden Unterschied zwischen
beiden? Hypnose ist eine beabsichtigte Prozedur, der man sich zu einem
eindeutigen Zweck freiwillig unterzieht. Neurose ist ein globaler Zustand,
der sich als adaptive Reaktion auf ein emotionales Trauma unfreiwillig
entwickelt hat. Man kann argumentieren, dass Neurose ein posthypnotischer
Zustand ist, der durch konstante Verstärkung von Verdrängung und
Dissoziation aufrechterhalten wird. Hypnotische Verfahren können sich in
diesen Zustand leicht einklinken, um präzise und erkennbare
posthypnotische Episoden zu erzeugen.
Was
meine ich, wenn ich sage, dass Neurose ein hypnotischer oder
posthypnotischer Zustand ist? Es ist offensichtlich, dass das menschliche
Gehirn, um zu fühlen, vollen Gebrauch von seinem Bewusstsein machen muss.
Doch wie wir gesehen haben, besitzt das Gehirn die Fähigkeit, einen Teil
von sich selbst stillzulegen, um die voll bewusste Erfahrung von Schmerz
abzuwehren. Das linke Gehirn kann vom rechten getrennt werden, sodass die
eine Seite nicht weiß, was die andere tut oder fühlt. Diese Fähigkeit
kommt ins Spiel, wenn das naive und verletzliche System des sich
entwickelnden Kindes mit mehr Schmerz konfrontiert ist, als es bewältigen
kann – wenn das Kind zum Beispiel abgelehnt, misshandelt oder verlassen
wird. Die Psyche des Kindes verdrängt den Schmerz, indem es einen Großteil
des vollen Bewusstseins funktionell von den tieferen Gehirnfunktionen (wie
Emotion und Empfindung) abkoppelt, wo der Schmerz gespeichert wird. Wir
bezeichnen diesen Zustand als Spaltung, Dissoziation oder Trennung. Das
Verhalten, das ensteht, um ihn aufrecht zu erhalten, nennen wir Neurose. Die
dissoziierte Person bleibt mit einer Vielzahl ungelöster Primärbedürfnisse
zurück, die von ihrer verborgenen Verdrängungsposition aus eine
kontinuierliche aber unbewusste Kraft ausüben. Diese Kraft lenkt eine
Person auf symbolische Versuche hin, primäre Bedürfnisse zu erfüllen.
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Die
Person wird zu einem Intellektuellen, weil das die Eltern erwarteten: ein
kluger Student, der gute Noten erhielt und dessen Hauptinteresse Bücher
waren. Ein Intellektueller zu sein kann ein symbolischer Weg sein, um sich
geliebt zu fühlen und seine anderen Bedürfnisse erfüllt zu bekommen.
Dennoch quält ihn diese neurotische ‚Ablenkung’ mit allen Arten von
Symptomen wie z. B.
Migränen
und zwingt ihn, auf eine Weise zu reagieren, die die Trennung aufrechterhält
– ein kopflastiges Leben, völlig losgelöst von seinen Gefühlen. Nur
Gedanken leiten ihn. Deshalb wählt er sich die falschen Partner im Leben,
weil er kenen Kontakt mit sich selbst und seinen realen Bedürfnissen hat.
Ein Erwachsener wächst um das unbefriedigte Kind herum auf, dessen
dringenden Bedürfnisse die vorherrschende Beschäftigung bleiben. Er
sucht ständig Befriedigung, während er die Erfahrung der Realität der
Deprivation zu vermeiden versucht.
In
einem Artikel, der vor einigen Jahren im American Journal of Clinical
Hypnosis [15] veröffentlicht wurde, beschreibt Edwin eine eigene
Erfahrung, die die Art und Weise beschreibt, wie unbefriedigte
Kindheitsbedürfnisse erwachsenes Funktionieren beeinflussen und ihre
eigene fortlaufende Verdrängung generieren:
"Ich
kam von einem anstrengenden Arbeitstag nach Hause und bat meine erste
Frau, mir
Er
wendete dann Selbsthypnose an, um eine entfernte verdrängte Erinnerung
„anzusteuern,“ eine Erinnerung, die „so klar in Erscheinung trat,
als sei ich dort.“ Am zwölften Tag seines Lebens, der Tag, von dem an
er nicht mehr gestillt wurde, „verspürte [ich] eine ähnliche kindliche
Wut darüber, dass mir verweigert wurde, worauf ich meinem Empfinden nach
ein Anrecht hatte“. Aus dieser Rückkehr in die Vergangenheit hatte
Edwin eine Einsicht: „Die Allegorie der Frau in meinem Leben, die mir flüssige
Erfrischung verweigert, ist offensichtlich.“ Später zog er medizinische
Aufzeichnungen zu Rate, um die Erinnerung zu bestätigen; seine Mutter
hatte auf Grund eines Brustabszesses mit dem Stillen aufhören müssen.
Edwin
benutzt diesen
Fallbericht
als Beweis für die Richtigkeit von Erinnerungen, die unter Hypnose
wiederaufgespürt werden, auch von Erinnerungen an Ereignisse, die bis zur
Geburt zurückreichen. Er fügt hinzu, dass er durch die Verknüpfung
seiner „außerverhältnismäßigen“ Wut in einer gegenwärtigen
Situation mit verdrängter Kindheitsdeprivation in der Lage war, sein
Verhalten in ähnlichen Situationen zu ändern. Anstatt an die Decke zu
gehen, konnte er sagen: „Oh, du hattest auch einen schlechten Tag? Lass
uns darüber reden.“
In
nachfolgenden Kapiteln werde ich diskutieren, ob Neurose wirklich Verdrängung
aufheben und Neurose beseitigen kann. Jetzt genüge es zu sagen, dass sich
an ein Ereignis in der fernen Vergangenheit zu
erinnern
nicht
dasselbe ist als es wirklich wiederzuerleben; noch wird die
Erinnerung daran Jahrzehnte der Neurose heilen. Neurose ist eine
Lebensweise. Kraft der Dissoziation von vorherrschenden inneren Realitäten
sind alle Neurotiker bis zu einem gewissen Grad in einer Trance. Das ist
der Grund, warum so viele Leute „draußen“, „nicht ganz da“ oder
„ausgeschlossen“ scheinen. Das Gehirn des Neurotikers befasst sich
selten optimal mit den Gegebenheiten, weil ein Großteil seiner oder ihrer
Psyche anderweitig beschäftigt ist. Er oder sie reagiert oder antwortet
nicht spontan auf das, was um ihn oder sie herum ist, oder sie reagieren
auf eine Weise, die „außer Verhältnis zur Provokation“ steht.
Neurose trennt uns von richtiger Wahrnehmung und engt sie auf ein ständig
kleiner werdendes Feld ein. Hier kommt es zum Zusammenfluss von Hypnose
und Neurose. Der prähypnotische Neurotiker befindet sich bereits in einem
hypnotischen Zustand. Er muss nicht weit gehen.
Wenn
die hypnotische Trance nur eine spezialisierte Demonstration des
neurotischen Zustands ist, dann entspricht ihre Tiefe dem Grad der
Neurose. Vielmehr als in eine Trance hinabzusteigen, wie das Wort
„Tiefe“ impliziert, macht Hypnose einfach deutlich, wie weit unterhalb
der Ebenen des Bewusstseins Neurose existiert. Die
Illusion besteht darin, dass die Trance durch Hypnose „erreicht“ wird,
wenngleich sie in Wirklichkeit lediglich durch sie veranschaulicht wird.
Wir
werden das deutlicher sehen, wenn wir das Wesen der Suggestion und
Beeinflussbarkeit erkunden, von denen Hypnose unweigerlich abhängt und
die die neurotische Bewusstseinsspaltung vielmehr benutzen als sie
dialektisch zu integrieren. Auch hier wieder gibt es keinen dialektischen
Prozess, wie es immer der Fall ist, wenn ein Symptom für DAS Problem
gehalten wird anstatt für eine Manifestation eines Problems. Hier wird
natürlich kein Schmerz erwähnt oder keine Motivation für die Abhängigkeit
vom Rauchen. Es ist einfach eine Gegebenheit, die ausgemerzt werden muss.
Es ist ein rein mechanischer Ansatz.
Ich
erkläre Hypnose im Detail, weil sie eine Menge mit unserem Verständnis
vom Wesen der Realität zu tun hat. Denn wenn ein Hypnotiseur eine kalte Münze
auf Ihre Hand legt und suggeriert, dass sie heiß sei, und Sie dann eine
Blase entwickeln, wo ist die Wirklichkeit? In Ihrem Kopf, Ihrer Hand oder
im Verstand des Hypnotiseurs? Ist Realität, was wir denken? Können Sie
die Wirklichkeit durch Ihre Gedanken verändern? Können wir uns deshalb
unseren Weg zur Gesundheit denken? Befindet sich Krankheit allein in Ihrem
Kopf? (wie mein Freund sagt: „Wo sonst sollte sie sein?)
Anmerkungen
[1] – [15]
Übersetzung: Ferdinand Wagner
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