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Dr. Arthur Janov:   Beyond Belief: Cults, Healers, Mystics and Gurus - Why We Believe

LLC Reputation Books, ISBN-10: 0986203173, 03. Mai 2016

Kapitel 13 

Neue Glaubenssysteme ersetzen die alten

Damals in den 1960er Jahren schienen organisierte Glaubenssysteme - der Glaube an die Familie, an traditionelle Religion, an bildende und politische Organisationen - für viele junge Leute keine Gültigkeit mehr zu haben. Sie schauten sich um und sahen eine starrsinnige Führungsriege, institutionelle Korruption, militarisierte Wissenschaft und Eltern, die sich für den Amerikanischen Traum selbst umbrachten. Viele Individuen engagierten sich für die Veränderung der Welt, und einige erzielten nachweisbaren Erfolg im Bereich sozialer Betätigung. Andere verzweifelten an der Uneinsichtigkeit, Gier und Unaufrichtigkeit in der Gesellschaft.

Eine beträchliche Anzahl junger Leute, die normalerweise für konventionelle Pfade bestimmt gewesen wären, entschieden sich für eine generelle Verweigerung von "Karriere" und "Beruf." Anstatt sich dem kommerziellen Amerika anzuschließen, "stiegen sie aus." Aber einige dieser Rebellen formten zusammen mit anderen Leuten, die sich mit dem Status quo irgendwie arrangieren konnten, eine Subkultur von Menschen, die eine Welt entdeckten, die empfänglich für Veränderung war, eine Domäne, auf die sie anscheinend einen gewissen Einfluss ausüben konnten. Sie entzogen der unnachgiebigen Außenwelt ihr Aufmerksamkeit und wendeten sich dem Machtgebiet in ihrem Inneren zu.

Das Wissen über diese Innenwelt fehlte. In die Bresche sprangen technologische Ansätze in Form von LSD und anderen Drogen und Vehikel, die den mystischen Traditionen des Ostens entnommen waren: Zen Buddhismus, Vedanta, Transzendentale Meditation (TM) und so fort. Popmusik erlebte eine Blütezeit als wichtiges Element der magischen Entdeckungsreise. Drogen, östliche Religion, die Beatles und die Grateful Dead reformierten die persönliche Landschaft von Hunderttausenden, ja sogar von Millionen Menschen.

 

FRANK

Ich wurde in eine Fundamentalisten-Familie in einer Kleinstadt in Oklahoma hineingeboren. So vieles wurde als Sünde betrachtet: Kino, Fernsehen, jede Art von Weltlichkeit, Tanzen, Makeup, Schmuck, Trinken. Ich musste dreimal pro Woche in die Kirche gehen und lebte mit der schrecklichen Bedrohung, als Krimineller aufzuwachsen und auf dem elektrischen Stuhl zu landen, wenn ich meinen Eltern nicht gehorchen würde.

Ich hatte nie das Gefühl, irgendwo hineinzupassen, und wurde von anderen Kindern - einschließlich verwandten- verspottet und gequält. Meine Kindheitserinnerung ist, dass ich fast immer gelitten habe. Ich füllte die Leere meines Lebens damit auf, dass ich von Wissenschaft und Chemie besessen war. Als ich 12 Jahre alt war, entdeckte ich die Evolutionstheorie und versuchte sie meinen Eltern und anderen Verwandten zu erklären. Sie waren entsetzt über das, was ich ihnen sagte und bestritten seine Richtigkeit. Ich war verwirrt und hatte das Gefühl, dass man mich mied. Aber wissenschaftlicher Atheismus tröstete mich ein wenig über die unbegreifliche Religion meiner Eltern und über mein schmerzvolles Leben hinweg.

Meine wissenschaftliche Besessenheit brachte mich durchs Leben, bis meine Frau starb und mein Kartenhaus in eine alptraumhafte Alkoholhölle zusammenzustürzen begann. Ich versuchte, mich in das Studium der Psychologie zu flüchten. Ich behielt meinen Atheismus bei und wurde mit 23 Therapeut. Zu der Zeit war ich von Drogen (einschließlich acht LSD-Trips) abhängig geworden, von Alkohol, Zigaretten, Essen und falschen Beziehungen. Ich entwickelte auch eine Abhängigkeit von einem neuen Glaubenssystem, das meinem qualvollen Leben Sinn zu geben und mein Leiden zu lindern schien.

1973 sagte mir ein bekannter Amateur-Psychologe, dass ich etwas machen könne, was noch nie zuvor gemacht worden sei. Dass ich einer Menge Leute helfen würde, aber dazu müsse ich "das Unbedeutende freisetzen und das Alte loslassen." Es war eine kryptische Botschaft, aber Nahrung für mein Ego. Ich hatte das Gefühl, aus mir könnte etwas werden. Obwohl ich im Kern immer noch ein wissenschaftlicher Atheist war, erlag ich der Idee, eine kleine Dosis LSD zu nehmen und mit meinem besten Freund Baba Ram Dass aufzusuchen, ein früherer Harvard-Psychologe, der zu einem umherreisenden Yogi wurde und öffentliche Vorlesungen hielt. Da ich im Gebrauch von LSD ein Veteran war, brachte mich der Drittel-Schuß, den ich setzte, nicht zum Halluzinieren. Ich bemerkte nur, dass ein Bereich einer weißen Wand ein bisschen heller zu sein schien als der Rest. Dennoch war ich erfreulich ‚high'. Nachdem er klangvolle Musik gespielt, eine Weile religiöse Gesänge von sich gegeben und eine geheimnisvolle Rede gehalten hatte, begann Ram Dass die Geschichte zu erzählen, als er aufgebrochen war, um einen Guru in Indien zu sehen. Der Guru hatte seine Hand über den Kopf von Ram Dass gehalten, so dass ein kreisförmiges bläuliches Licht auf seiner Hand spielte. Das Licht wandelte sich dann in ein plastisches menschengemachtes Medaillon mit dem Bild des Gurus darauf.

In diesem Moment dachte ich: "Ja, ich glaube, das ist dir passiert oder du glaubst wenigstens, dass es dir passiert ist, aber nie passiert mir so etwas." Plötzlich fühlte ich unter meiner linken Hand (mit der ich mich abgestützt hatte, als ich auf dem Boden saß) einen Gegenstand. Voller Erstaunen ergriff ich ihn. Es war eine perlenartige blaue Kugel, offensichtlich von Menschenhand gefertigt, ohne ein Loch darin, also kein Teil einer Halskette. Ich dachte: "Es muss gerade aufgetaucht sein. Nein, jemand muss es fallen lassen haben." Ich hielt sie hoch. Die Leute um mich herum sahen sie an und lächelten. Keiner beanspruchte sie für sich. Ich dachte: "Vielleicht hat Ram Dass sie fallen lassen. Vielleicht hat er sie auf den Boden gelegt und genau das soll jetzt geschehen; es ist ein Teil der Show." Dann erkannte ich, dass ich nicht wirklich wusste, was geschehen war, und es mit dem Verstand nicht herauskriegen konnte.

In der Pause zeigte ich sie Ram Dass. Er sagte: "Es ist eine blaue Perle. Swami Muktananda schrieb ein Buch namens Guru über die Lehre von der blauen Perle. Liebe sie, aber sei nicht fasziniert von ihr." Weil ich mich wichtig fühlen wollte, saß ich nach der Pause mit anderen neben Ram Dass auf der Bühne. Zusätzlich zu meiner Arbeit in einer Beratungsklinik lehrte ich an einer Universität Psychologie. Im Publikum konnte ich einige meiner Studenten und Patienten sehen. Wie verrückt das aussehen musste. Ram Dass machte Zeigebewegungen über meinem Kopf, als wolle er sagen: "Der da." Später, als ich Ram Dass eine Frage stellte, sagten wir beide gleichzeitig dieselben Worte. Es schien, als seien wir ein und dieselbe Person. Am nächsten Tag fühlte ich den Zwang, ihn in einer Radiostation aufzusuchen. Ich sagte: "Segne mich, Baba." Er hielt mich an seine Wange und signierte sein Buch für mich. Ich war verwirrt, und ich wunderte mich über alles, was geschehen war - fragte mich, was wirklich geschehen war und was es zu bedeuten hatte.

Ich las das Buch "Guru" das Ram Dass erwähnt hatte. Es war nichts Bemerkenswertes. Aber ich hatte beschlossen, meinen Studenten und Patienten Lebewohl zu sagen und nach Los Angeles umzuziehen. Ein Mann war in der Gruppe, von dem ich mich nicht verabschieden konnte, weil ich das Gefühl hatte, ihn wiederzusehen. Einige Monate später sah ich entlang des Santa Monica Boulevards Plakate mit der Aufschrift: "Kommen Sie zu Swami Muktananda." Obwohl sein Buch nicht wirklich viel für mich getan hatte, zog es mich dazu hin, einen weiteren Guru zu sehen. Ich suchte Muktanada auf und fragte ihn, was mit mir und mit dem LSD, Ram Dass und der kleinen blauen Kugel geschehen war. Er sagte: "Meditiere einfach weiter, und du wirst verstehen." Ich berührte seinen Arm und ging mit ihm und den andern. Ich sang. Sein Bild auf einer Karte, die man mir gegeben hatte, schien bewusst zu werden. Ich dachte, er befähige Leute, Trips ohne LSD zu haben.

Einige Monate später besuchte ich meine Familie in Oklahoma. Nach ein paar Wochen war es für mich Zeit abzureisen. Aber aus irgendwelchen Gründen konnte ich mich nicht aufraffen. Ich dachte, es würde helfen, meiner Universität Lebewohl zu sagen. Ich fuhr zum Campus und parkte auf dem einzigen Platz, der in dem Block frei war. Da vor mir war ein Poster, das Swami Muktanandas Ankunft für den nächsten Tag ankündigte. Ich dachte: "Deshalb also konnte ich nicht abreisen." Ich hatte keine bewusste Kenntnis davon gehabt, dass er hier sein würde. Als ich ihn aufsuchte, war unter vielen anderen im Publikum der Mann, von dem ich mich nicht verabschieden konnte. Wir lachten zusammen und riefen aus: "Wir wussten es. Wir wussten es." Ich dachte, es sei alles voller Bedeutung, nicht einfach eine Reihe von Zufällen.

Später im Sommer, nachdem ich nach Los Angeles zurückgekehrt war, war ich wie immer von tiefer Einsamkeit befallen. Aber da ich keine Bars mehr mochte, ging ich zu einem lokalen Yoga-Treffen. Dort sagte ich einem Gesinnungsfreund, dass ich Swami Muktanada gerne wiedersehen möchte. Er sagte: "Nun, er kommt." Ich dachte: "O ja, so arbeitet er. Wo immer ich hingehe, taucht er auf." Genau so schien es sich abzuspielen. Und wieder besuchte ich ihn - auf einem amerikanischen Indianer-Festival, an dem er teilnahm. Amerikaner, die keine Eingeborenen waren, lud man ein, an einem großen Tanz um zwei geweihte Speere herum teilzunehmen, die in den Boden gepflanzt waren. Man wies uns an, nicht zwischen den Speeren zu tanzen. Mir fiel auf, dass es mehrere Leute doch taten, und es machte mir Sorgen. Ich erinnere mich, dass ich über etwas weinte, das Muktananda sagte, und seine Dr. Pepper-Flasche als Souvenir mitnahm.

Einige Tage später hörte ich, dass Muktananda im Krankenhaus war, da er einen Schlaganfall erlitten hatte. Einige Tage danach rannte ich in ein Mitglied der Fakultät, eine Frau, die auf dem Indianerfestival gewesen war. Ich erzählte ihr von Muktanandas Schlaganfall. Sie war ganz überrascht und sagte mir, sie wisse von einigen amerikanischen Indianern, die Muktanandas Anhänger dafür bestrafen wollten, dass sie zwischen den Kriegslanzen tanzten. Sie sagte, sie seien in den Besitz einiger Fäden aus seiner Kleidung gekommen und hätten damit "irgendeinen Zauber gemacht." Sie wollten Muktananda nicht töten, ihn nur verletzen, um seine Anhänger für ihre Respektlosigkeit zu bestrafen. Ich glaubte, dass sie und ich die einzigen Leute seien, die diese Information hatten. Etwas Furchteinflößendes und Unheimliches war im Gange. Schreckliche Dinge könnten geschehen. Genau so fühlte ich mich.

Anstatt nach L. A. zurückzukehren floh ich nach Oakland und blieb in dem Ashram, wo Muktananda etwa 10 Tage war. Ich war voller Angst und Schmerz. Meistens fühlte ich mich, als sei ich auf einem LSD-Trip, obwohl ich seit beinahe zwei Jahren keines mehr genommen hatte. Ich fühlte unerträgliche Schuld, weil ich meinen Sohn verlassen hatte und selbst ein schlechter Sohn war, indem ich meine Eltern verlassen hatte. Ich hatte das Gefühl, dass ich zu ihnen zurückkehren musste. Es war mir nahezu unmöglich zu schlafen. Ich weinte und sang abwechselnd. Ich fürchtete, dass, wenn ich jemanden sagen würde, was ich getan hatte und was geschehen war, mir etwas Schlimmeres als der Tod zustoßen würde. Ich wollte nicht an die Hölle glauben.

Ich kehrte nach L. A. zurück und fragte meinen Sohn, ob er mit mir nach Oklahoma kommen wolle. Er wollte. Wir gingen nach Oklahoma, wo wir in der Nähe meiner Eltern lebten. Ich arbeitete in einer Besserungsanstalt. Ich meditierte und versuchte zu fühlen. Ich versuchte, ein Vegetarier zu sein. Ich versuchte, zölibatär zu sein. Nichts half. Ich nahm Meprobamat, weil ich nicht schlafen konnte. Ich war allein und flippte innerlich aus. Eines Abends nahm ich etwas Robaxin, ging in eine Nackt-Bar und trank ein paar Bier. Am nächsten Morgen wachte ich weinend auf und war von der unerschütterlichen Besessenheit erfüllt, dass ich mich umbringen müsse.

Baba Ram Dass kam nach Oklahoma zurück. Ich warf mich zu seinen Füßen und hoffte verzweifelt, einige Worte von ihm zu hören, die mich besser fühlen ließen. Er war der einzige Mensch, dem ich genug vertraute, um ihm den Verdacht mitzuteilen, den nur ich und das andere Fakultätsmitglied hegten. Aber Ram Dass sagte zu mir, ich solle meine finanziellen Angelegenheiten in den Griff kriegen und zu meinem Sohn und meinen Eltern so liebevoll wie möglich sein. Ich vermute, er versuchte mir eine Art praktische Führung zu geben.

Mein Gesundheitszustand verschlimmerte sich rapide. Mein Hausarzt schickte mich zu einem Psychiater, der mir Sinequan verschrieb. Ich nahm eine Tablette, und es wurde schlimmer. Ich hatte das Gefühl, aus der Haut zu fahren. Meine Eltern wollten, dass ich mit ihrem Prediger redete. Ich versuchte sie sehen zu lassen, dass ich wirklich krank war und Hilfe brauchte. Der Prediger redete mir ein, dass ich an jenem Nachmittag gerettet werde. In jener Nacht nahm ich noch eine Sinequan, konnte aber nicht schlafen. Mein Kopf war voller Daliesker Bilder mit Christus in ihnen. Ich hatte fünf Tage kaum geschlafen. Es war ziemlich klar, dass ich Hilfe brauchte. Ich bekam sie und begann, mein ganzes Elend zu fühlen. Zum ersten Mal hatte ich einen klaren Kopf und war nicht mehr in Verzweiflung versunken, und ich konnte sehen, wie meine Bedürfnisse und Gefühle mich buchstäblich um meinen Verstand brachten.

♦♦♦

  Ende des Kapitels

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