Dr. Arthur Janov: Beyond Belief: Cults, Healers, Mystics and Gurus - Why We Believe |
LLC Reputation Books, ISBN-10: 0986203173, 03. Mai 2016 |
Kapitel 15
Die Hoffnungs-Händler
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VERGESST NICHT, JESUS LIEBT EUCH Alles, was du tun musst, ist, deine Augen auf Jesus zu richten. Wende deinen Blick ab von deinen Problemen, deinen finanziellen Schwierigkeiten, deiner Krankheit, und alles wird gut. So spricht Benny Hinn, Kabel-TV-Evangelist, ein Mann im weißen Anzug und Händler der Hoffnung. Hinn könnte man jede Nacht um 22:30 auf Trinity Broadcasting Network schauen. Er behauptet, verletzte Seelen und kranke Körper zu heilen, verspricht dafür zu sorgen, dass seine Zuschauer und Schüler ihre Sorgen vergessen und sich gut fühlen.
Im Late-Night-TV zwängt dieser erfolgreiche Händler evangelische Predigten zwischen Werbung und Verkaufspräsentation. Man kann "Partner" werden für nur 15 Dollar im Monat, wenngleich Zuwendungen von $30 oder mehr immer akzeptiert werden. Auf der Bühne predigt Hinn die Bibel geradeheraus. Er ist ein dynamischer Redner, er schmeichelt, schreit, vergießt Tränen in strategischen Augenblicken. Er behauptet, Gottes Stimme gehört zu haben, die auf ähnliche Weise zu ihm sprach. Seine eigene religiöse Bekehrung hatte sich ereignet in Form eines "tiefgreifenden spirituellen Erlebnisses" während eines Gottesdienstes im Jahr 1972. Er ist mit folgenden Worten zitiert worden: "Der Herr hat mich fast über Nacht ins Amt gesetzt." (19) Hinn teilt seinem Publikum mit, dass er "Vergebung" nicht dadurch erhalten hat, dass er sie an sich gesucht hat, sondern dadurch, dass er den Herrn gesucht hat. Das sei der Weg, um zu "gedeihen," sagt er. Er ersucht die Mitglieder seiner Gemeinde, sich nicht auf ihre eigene Kraft, Intelligenz und Fähigkeit zu verlassen, sondern auf "Gottes Kraft." Nur wenn sie sich auf diese Weise demütigen, wenn sie ihren Stolz ablegen, werden sie den "Ort der Macht" erreichen. "Ihr werdet alle an einen Ort kommen.....wenn ihr ihn kostet, werdet ihr es nicht glauben.....nichts ist so wie dies.....in seiner Nähe zu sein....Er wird dich berühren, heilen, die Bedürfnisse deines Herzens erfüllen, dich erlösen.......das ist dein Tag". Wenn wir unser ganzes Leben hindurch depriviert worden sind, ist das eine berauschende Botschaft. Im Publikum starren einige derer, die gekommen sind, um Benny Hinn zu sehen, teilnahmslos auf seine Darbietung. Sie scheinen unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln zu stehen und wirken hölzern, nahezu lobotomisiert. Andere zeigen mehr Emotion. Tränen fließen aus ihren Augen. Sie nicken in Anerkennung, dass hier ein Botschafter Gottes steht, der reine Wahrheit austeilt. Sie werden in der Tat Demut und Schwäche zeigen in "Gottes Gegenwart," um an den Ort der Macht zu kommen. "Herr, ich kann es nicht," seufzt Hinn über das PA System, "ich schaff' es nicht, ich will nur dich, Jesus." In anderen Nächten habe ich Hinn in die Menge hinabsteigen gesehen. Indem er ein paar Worte verkündet und jemanden berührt, der ein mieses Bein hat oder keine Sehkraft, heilt er die Leute auf der Stelle. Freude herrscht unter den Legionen von Anhängern, die Zeuge dieser wunderbaren spontanen Verwandlungen werden. Und man staunt über den Erfolg diese Gebrauchtwagen-Verkäufers und darüber, dass so viele Leute zu Gefangenen der Hoffnung geworden sind. Er haut den Leuten tatsächlich auf die Stirn; sie kippen um, werden dann wieder wach und fühlen sich geheilt. So beschaffen ist das Bedürfnis nach Zauberei. Nach der Predigt sehen wir Benny Hinn wieder zurück und allein im Büro. Mit geschlossenen Augen, die Arme uns entgegengestreckt, demütig bittend, seine Handflächen zum Bildschirm ersucht er den Herrn, er möge die Leute von Krebs, Leukämie, Alkoholismus heilen. Durch seine ausgestreckten Hände wird Hinns seine Heilkraft denen zukommen lassen, die sie benötigen. Der Evangelist erinnert uns dann, dass er am nächsten Tag nach Minneapolis kommt - als ob es eine Live-Sendung wäre. "Bis morgen," sagt er und beendet die Show, "und vergesst nicht, Jesus liebt euch." ♦♦♦ Es gibt ein Buch mit dem Titel The Secret von Rhonda Byrne, das in Amerika buchstäblich aus den Bücherregalen abhob. Es geht im Grund darum, dass Ihre Träume wahr werden können, wenn Sie angestrengt genug daran denken und daran glauben. Es ist reine Kopfsache. Die Geschichte zählt nicht, nur Ihre Gedanken. Die Leute wollen an Magie glauben. Die Autorin trat in größeren Fernseh-Shows auf und sagte, dass der Glaube alles sei. Wenn Sie reich werden wollen, müssen Sie angestrengt daran denken. Wenn Sie Ihren Krebs überwinden wollen, müssen Sie positive Gedanken denken. Es ist wieder die Macht des positiven Denkens in neuem Gewand. Sie müssen nicht wirklich was tun - einfach nur denken. Sehr attraktiv; einfach denken und alles wird gut. Jesus liebt dich. Jesus wird die bedingungslose Liebe und Akzeptanz anbieten, die dir vorenthalten wurde, als du klein warst. Auch wenn du dich selbst nicht liebst - Jesus liebt dich. Wenn wir in unserem ganzen Leben geliebt wurden, ist es sehr zweifelhaft, dass wir Liebe von einer Abstraktion bräuchten. Aber wir brauchen Hoffnung. Und er liefert sie. Hoffnungs-Händler sind buchstäblich Drogen-Händler. Wie ich früher erörtert habe, ist Hoffnung der Kern aller Glaubenssysteme. Sie stimuliert die Produktion von Serotonin/Endorphin, natürliche Opiate, die genau in diesen Arealen hergestellt werden, wo Schmerz und Gefühle verarbeitet werden. Folglich ist es möglich, dass man von Glaubensvorstellungen (Hoffnung) nicht nur psychisch abhängig wird sondern physiologisch. Die Droge kommt in der Verpackung von Glaubensvorstellungen: vielleicht ein Mantra, eine Litanei, ein Gebet, eine Visualisierung, eine Botschaft aus dem Jenseits. Die Bekenntnis-Christen zum Beispiel verpacken Hoffnung anders als die New Age Religionen, aber die Botschaft ist im Grund die gleiche. Das globale Konzept ist eine ständige Selbstinjektion, die zu den Gefühlsebenen durchdringt, wo sie in Chemikalien umgewandelt wird, welche die Schmerz-Schleusen verschließen. So sorgt Hoffnung dafür, dass wir uns besser fühlen. Unser Bedürfnis, Hoffnung zu haben und uns besser zu fühlen, geleitet uns zu sanft sprechenden Evangelisten und spirituellen Ratgebern. Wir beten, psalmodieren, singen, visualisieren und haben das Gefühl, alles sei in Ordnung mit der Welt. Die gesungenen Hymnen, die der Pfarrer verkündet (" jeder von euch ist besonders, jeder von euch ist ihm wichtig"), haben eine emotionale Bedeutung, eine Bedeutung, die alle die Schleusungsprozesse in Gang setzt, die Hope in Dope alchemisieren, die Hoffnung chemisch in Drogen umwandeln. Geliebte Menschen fallen darauf nicht herein. Es ist keine Frage der Intelligenz; wenn Sie Schmerz haben und unerfüllte Bedürfnisse, sind Sie anfällig. Die Droge der Hoffnung treibt die Tränen in die Augen einer Frau in Benny Hinns Publikum und katalysiert ihre sogenannte spirituelle Wiedergeburt. Sie bringt tibetische Pilger dazu, tausende Male auf die Knie zu fallen, wenn sie einen Tempel umrunden, im Glauben, dass sie sich ihres Karmas annehmen, und in der Hoffnung, dass ihre nächste Inkarnation eine gute sein wird. Der gläubige Moslem trägt Hoffnung mit seinem Gebetsteppich herum, wohin auch immer er läuft, so dass er sich fünf Mal am Tag hinknien, in die Richtung von Mekka beten und voller Hoffnung sein kann. Verlorenen Seelen irren herum auf der Suche nach Hoffnung. "Das Leben ist kurz, freut euch!" verkündete Rajneesh, und Hoffnung herrschte unter Hunderten von Leuten, die nach Indien gereist waren und Linderung ihres Schmerzes erwarteten. In Rajneespuram, Oregon, überlebte die Attraktion des Gurus als Symbol der Hoffnung, sogar nachdem er selbst ein "Schweigegelöbnis" abgelegt hatte. Die Anhänger von Rajneesh, die gerne für Hoffnung zahlten, finanzierten den Bau einer Stadt, ganz abgesehen davon, dass sie für den verschwenderischen Lebensstil ihres Führers zahlten. Und nie sahen sie eine Unvereinbarkeit dieses heiligen Mannes mit den Rolls-Royce-Karossen, die er unmöglich alle fahren konnte. Unglückliche Weststaatler reisen nach Thailand und Nepal, um sich in geführte Meditationsprogramme zurückzuziehen, in denen sie wochenlang kein Wort von sich geben, weil sie hoffen, sich durch diese Rituale besser zu fühlen. Bandenmitglieder finden Akzeptanz und Hoffnung darin, dass sie mit einer Gruppe verschweißt sind. Jeder selbsternannte spirituelle Führer oder charismatische Psychopath weiß, dass Hoffnung ein notwendiger Bestandteil der Ideologie ist, die er liefert. Charles Manson überzeugte seine bedürftigen Anhänger, dass sie nach der Ankunft des "Jüngsten Tages" über die Gesellschaft herrschen würden. Und so wurden sie, benebelt von Drogen und Glauben, zu mörderischen Werkzeugen seines Wahnsinns. Jim Jones gab seinen Anhängern Hoffnung. Im Glauben, dass sie sich später in Utopia wieder treffen würden, tranken sie Gift en masse. David Koresh manipulierte das Bedürfnis seiner Anhänger nach Hoffnung und Liebe bis zum endgültigen Showdown in Waco. Hoffnung steckt hinter dem ungeschriebenen Vertrag zwischen Psychologe und Patient, wobei letzterer Hoffnung sucht, während ersterer sie verspricht - wenn auch stillschweigend. Gäbe es keine Hoffnung, was wäre dann der Nutzen der Psychotherapie? Übrigens würden, gäbe es keine Hoffnung, alle 12-Stufen-Programme verschwinden. Verweiflung lässt Alkoholiker auf Entzug immer wieder zu dem Endorphin/Dopamin-Schuss zurückkehren, dessen Produktion durch Hoffnung angestoßen wird. Das Geheimnis erfolgreicher religiöser, psychologischer oder politischer Führer ist die Fähigkeit, die tiefen Bedürfnisse und Ängste ihrer Anhänger oder Patienten wirkungsvoll zu manipulieren. Deshalb betrachte ich die meisten Politiker einfach als weitere Variante von Dr. Feelgood. Alle Arten von Evangelisten, Visionären, Therapeuten, Politiker, Demagogen wissen, was sie anbieten müssen - Hoffnung auf eine bessere, sicherere, reichere, komfortablere Welt, Hoffnung auf ein glückliches Leben frei von Schmerz. Zu diesem Zweck identifizieren sich die Hoffnungslieferanten entweder mit einem Glaubenssystem, modifizieren eines oder erfinden ein neues. Je mehr Abstraktionen es hat, umso besser, weil jeder die Leerstellen mit seinen eigenen persönlichen Bedürfnissen ausfüllen kann. Deshalb dürfen Politiker nie zu genau oder konkret werden. Die Formel ist wohlbekannt: Füttere bedürftige Seelen mit Hoffnung - Leute, denen früh im Leben Fürsorge und Sicherheit und Liebe entzogen wurde, und die sich jetzt nach Sicherheit, Schutz und Erfüllung sehnen - aber biete nichts Konkretes an. Auf der Wahlkampf-Tour sitzt die Wahrheit weit hinter der Hoffnung. Niemand wird gewählt, indem er oder sie die Wahrheit sagt. Jimmy Carters Chancen auf Wiederwahl starben, als er verkündete, dass wir eine nationale Krise durchmachten, eine weitreichende soziale Maläse. Auf individueller und auf gesamtgesellschaftlicher Ebene zog es eine Mehrheit der Amerikaner vor, die Botschaft des Kandidaten Reagan zu hören, dass dies das großartigste Land in der Welt sei und dass wir uns die ganze "Negativität" nicht anhören müssten, die Präsident Carter und andere Demokraten ablieferten. "Ihr seid gute, anständige, hart arbeitende Leute, und ihr habt euch eine Pause verdient." Ronald Reagan kam auf seinem weißen Pferd von Hollywood angeritten und stimmte das Wohlfühl-Lied an: "Ihr seid perfekt so wie ihr seid." "Ihr seid freundlich und großzügig und werdet nicht beachtet." "Ich mache das Leben für euch annehmbar." Es gibt Hoffnung für eure Kinder." Solche Worte erfüllen uns mit der Hoffnungsdroge, nach der wir uns sehnen, so dass wir leicht die Realität des Gesagten übersehen. Sie dringen zu unserem Bedürfnis durch und machen uns unkritisch und "dumm." Das Versprechen auf Erfüllung überflutet jegliche kortikale Intelligenz und macht sie nutzlos. "Wir werden mehr für Waffen ausgeben, aber ihr werdet weniger Steuern zahlen," sagten Präsident Reagan und Bush. Solche Redensarten schalten die "Komfortzone" an. Wir lassen uns in unser Polstersessel fallen, fühlen uns ein paar Augenblicke lang gut und versuchen, nicht darüber nachzudenken, woher das Geld kommen soll. Wir wenden unsere Augen ab von einer sorgenvollen Gegenwart, stellen uns eine glückliche Zukunft vor, lassen uns von Hoffnung Auftrieb geben und Betäubung von Endorphinen - ein anderer Name für Morphium. Das erzeugt viel angenehmere Empfindungen als das, was man fühlen könnte, wenn man soziale Kritik hört. "Ihr seid nur auf euch selbst aus." "Ihr übernehmt keine Verantwortung für euch selbst." "Ihr habt nicht hart genug gearbeitet." "Ihr kümmert euch nicht genug um eure Mitmenschen." "Ihr seid konsumsüchtig, und ihr verschwendet Ressourcen." "Ihr hört nie zu." Die meisten von uns wechseln den Kanal oder die Gehirn-Hemisphäre, wenn sie mit solchen Aussagen konfrontiert werden. Vergessen Sie nicht, als der 11. September geschah und unsere großartigen Gebäude zerstört wurden, empfahl New Yorks Oberbürgermeister Giuliani Shopping und Konsum. Ein politischer Führer kann die Leute nicht in Schmerz versetzen und erwarten, dass sie applaudieren und ihn in einer Neuwahl unterstützen. Bill Clinton benutzte unser Bedürfnis nach Hoffnung 1992 auf der Wahlkampf-Tour. "Ich glaube an einen Ort namens Hoffnung. Ich fühle euren Schmerz," wurde zum Mantra und zur Werbestrategie seiner Kampagne für die Präsidentschaft. In der Wahlnacht erhob sich der Mann aus dem Land der Hoffnung siegessicher, um zu seinen Anhängern draußen vor dem Staatskapitol in Arkansas zu sprechen, begleitet von den Klängen eines Fleetwood-Mac-Liedes: Hör nicht auf.........an morgen zu denken. Hör nicht auf, bald ist er da.....Gestern ist vorbei, gestern ist vorbei...... "Gestern ist vorbei" wurde vorübergehend zur Hymne der Babyboom-Generation, und die Zukunft wurde zu "einem Ort namens Hoffnung." Die unreale Hoffnung oder der religiöse Glaube, die in den Versprechungen dieses Politikers eingesetzt waren, würden in der wirklichen Welt unerfüllt bleiben und Desillusionierung hinterlassen. Die Alternative ist, weiterhin an den Mann aus dem Land der Hoffnung zu glauben, um die bittere Medizin der Realität zu vermeiden. Hoffnung muss mit eingebaut sein in jedes sozioökonomische und politische System, das sich nicht angemessen um die Bedürfnisse seiner Mitglieder kümmert, besonders wenn sie kleine verletzliche Kinder sind. Diktaturen verlassen sich auf Religion, um die Massen zu unterdrücken, deren Bedürfnisse nicht befriedigt worden sind. Deshalb sind in faschistischen Gesellschaften Staat und Religion sehr nahe beieinander. Sie deprivieren die Bürger und überzeugen sie dann, dass Erfüllung und Glück im nächsten Leben kommen werden. Soziale und individuelle Stabilität erfordern ein Hoffnungselement, dass alles bald besser wird, dass die bessere Welt gleich um die Ecke liegt, dass sich unser aller Schicksal bessern wird und so fort. Es ist diese Hoffnung, die ganze Völker beruhigen kann und die oft erfolgreich alle Gedanken an radikale oder revolutionäre Lösungen abwehrt. ♦♦♦ ROBIN Mein Vater war ein Kernwaffen-Spezialist, der in Begriffen von "Mega-Todesfällen" dachte. Er trainierte mich, "effizient" zu sein. Er schärfte mir die Bedeutung der Fähigkeit ein, meine Gedanken und Vorstellungen zu organisieren, so dass ich kommunizieren konnte. Er "paukte" mit mir Schreibfertigkeiten. Mein Leben als Kind war gelinde gesagt "systematisiert." Für alles gab es eine Methode. Ich musste auf bestimmte Art essen; ich musste jede Mahlzeit bis zum letzten Bissen aufessen, gleich, wie lang es dauerte. Bettruhe war um 20:01 (Militärzeit für eine Minute nach acht nachts), als ich sechs Jahre alt war, 21:01, als ich sieben war, und so fort. Mein ganzes Leben lang hörte ich "Sei leise, mach' keinen Lärm, wenn Daddy studiert." "Sei lieb." Mein Vater kontrollierte, was ich in der Schule lernte. Als ich elf war, war ich dafür vorgesehen, einen speziellen Sommerkurs zu belegen. Ich wollte Drama nehmen, aber er schrieb mich für Mathe und Wissenschaft ein. Nachdem er in der U.S. Air Force den höchsten Grad im Schnell-Lesen erreicht hatte, zwang er mich, den Kurs nach der Schule zu belegen. Bald hörte ich mit dem Lesen auf. Es fällt mir schwer, mir vor Augen zu führen, wie verrückt ich mich manchmal fühle. Ich hatte einige sehr bizzare Erlebnisse. Eines ereignete sich vor etwa fünf Jahren. Ich war dreiundzwanzig und wohnte in Boston. Damals war ich sehr deprimiert. Ich hatte gerade einen Partner in einem Geschäft verloren und obendrein einen guten Freund. Ich hatte das Gefühl, dass meine Welt eingestürzt war. Ich unternahm lange einsame Spaziergänge und versuchte, die Dinge in Ordnung zu bringen. Eines Tages sah ich ein Schild in einem Fenster, auf dem stand: "Bruder Elkinson, Kartenleser und Berater" Ich ging hinein, und er las meine Tarot-Karten. Zu meinem Entsetzen sagte er mir, dass ich von Teufeln besessen sei! Ich glaubte ihm, und für die nächsten zwei Monate besuchte ich ihn jede Woche. Ich machte genau das, was er mir sagte: Ich nahm Kräuterbäder, betete jede Nacht, brachte ihm Geld (für Kerzen, die er für mich in Kirchen überall auf der Welt anzünden ließ). Um meine Aufrichtigkeit gegenüber Bruder Elkinson und Gott zu zeigen, "opferte" ich mein Stereoradio und kaufte einen Fernseher, die er allesamt "beerdigen" wollte, wie er sagte. Einmal brachte ich ihm ein Gefäß mit einigen Goldmünzen, Knöpfen von meiner Kleidung, zerrissene Banknoten, Wasser und ein wenig von meinem Urin. Er legte seine Hand auf meinen Kopf, und als ich meine Augen öffnete, sah ich eine fürchterliche Wucherung in der Flasche. Ich war überzeugt, dass ich besessen war. Es endete alles sehr abrupt. Ich saß eines Tages in einer Badewanne voller Kräuter, als ich mir plötzlich lächerlich vorkam und wusste, dass das alles ein Schwindel war. Ich besuchte ihn nie wieder. Später erkannte ich, dass Schuld- und Schamgefühle mich zur perfekten Zielperson für Bruder Elkinson machten. -----------
DER PROPHET RAEL Ich habe festgestellt, dass es bedeutungslos ist, welche Form das Glaubenssystem annimmt. Es kann so bizarr sein, wie man sich nur vorstellen kann, und trotzdem Anhänger finden. Selbsttäuschung hat keine Grenzen. Der Prophet Rael ist ein Kanadier, der eine Religionsgruppe gründete und der predigt, dass Wissenschaftler von einem anderen Planeten das Leben auf der Erde schufen und dass sie bald ihre fliegenden Untertassen besteigen und zu ihrer Heimatbasis zurückkehren würden. Er bat um hübsche Freiwillige als Stewardessen auf diesen Flügen. Einhundert Frauen meldeten sich freiwillig, obwohl sie wussten, dass sie diesen Aliens vielleicht für Sex zur Verfügung stehen müssten. Der wirkliche Name des Propheten ist Claude Vorilhon. Er behauptet, er wolle auf Anweisung dieser außerirdischen Wissenschaftler Klon-Experimente an Menschen durchführen, wofür die weiblichen Anhänger ihre Eier spendeten. Er hat vor dem Kongress gegenüber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er für das Klonen ist, was den Gesetzgebern endlos Sorgen bereitet. Denn bei so einer Gruppe fürchten sie, dass Klonen leicht missbraucht wird, was sie dazu zwingt, die Technik zu verbannen, die vielleicht letztendlich zu einer Heilung der Alzheimer-Krankheit führen würde. Die Frauen haben keine Kenntnis von den Risiken eines Klon-Verfahrens, weil sie es für die "Sache" machen. Sie sind nicht allein. Sie behaupten, es gebe fünfundfünfzigtausend Mitglieder in etwa vierundachtzig Ländern. Diese Gruppe hat ganze Plakatwände erworben, um die Außerirdischen willkommen zu heißen. Vorilhon macht etwas, das für Kulte äußerst wichtig ist: Regelmäßig verkündet er die nahende Apokalypse. Bei Menschen, die bereits geprägt sind mit einer Katastrophe von ihrer Geburt oder aus ihrer frühen Kindheit, resoniert diese Verkündung mit tiefsten Ängsten. Es kommt ein Desaster, aber nicht von außen sondern vielmehr von innen. Es ist eine katastrophale Erinnerung, welche die psychische Unversehrtheit des Individuums bedroht. Vorilhon trägt dazu bei, den Brennpunkt dieses Schreckens nach außen zu verlagern, und gibt ihm eine logische Begründung. Es gibt einen Grund, Angst zu haben: Ein großes Unglück wird kommen und alle müssen darauf vorbereitet sein. Der Prophet hat die schönen Frauen ermutigt, mit den ankommenden Außerirdischen zu schlafen und ebenso mit dem Propheten - und sie tun es. Sie glauben, was immer er sagt, weil sie seine Liebe brauchen, seine Anerkennung, seinen Schutz und was auch immer sie als Kinder nie hatten. Er nennt sie seine "Engel" - eine verlockende Bezeichnung für Leute, die sich überhaupt nicht wie Engel fühlen. Diese Frauen opfern ihr Leben freiwillig für die Sache, was sie nicht von den Taliban unterscheidet, außer dass die Sache eine andere ist. Aber die Sache ist nie bedeutend, solange es eine "Sache" ist. Die Taliban und die Engel würden ihr Leben freiwillig für eine Idee aufgeben, eine Idee, welche die Kraft eines Grundbedürfnisses hat; ein Bedürfnis, das so mächtig ist, dass es den Überlebensinstinkt davonjagt. Wenn Sie wissen wollen, wie stark ein Bedürfnis ist - wie sehr wir Liebe am Lebensanfang brauchen - da ist der Beweis. Damit wir nicht denken, man könne Intelligenz benutzen, um Glauben zu bekämpfen, der führende Wissenschafts-Beauftragte der Gruppe (und derjenige, der vielleicht das Klonen durchführt) ist ein Mensch mit zwei fortgeschrittenen akademischen Graden. Intelligenz und Glaube liegen Seite an Seite im menschlichen Kortex und tangieren einander nicht. Die eine Seite weiß buchstäblich nicht, was die andere gerade macht. Somit ist Glaube das Ergebnis des Kortex, der sich mit tiefliegendem eingeprägten Schmerz befasst, während der Intellekt sich mit der Außenwelt befasst. Also hat der Kortex einen zweifachen Zweck: ein Teil (der rechte) befasst sich mit dem Innenleben, der andere (der linke) mit dem äußeren. Der rechtsseitige Kortex hat viel mehr Verbindungen zur tieferen limbisch-fühlenden Zone als der linksseitige. Ohne die Hilfe der anderen Seite gibt es keine kritische Bewertung des eigenen Glaubens auf der linken Seite. Die Anzahl der Kulte und Glaubenssysteme geht in die Hundertausende, von den Taliban zu den lokalen Kulten wie die Sonnentempler in der Schweiz. Man verliert sich leicht in den vielfältigen Verzweigungen von Glaubensüberzeugungen. Es ist dasselbe wie mit jeder neurotischen oder psychotischen Idee oder Wahnvorstellung. Verzweifelte, unbefriedigte Leute glauben an alles, an jede Heilung für ihr Problem, wenn Hoffnung angeboten wird. Es ist immer der charismatische Führer, der dynamische Redner, der die Macht hat. Er ist überzeugend, und er stellt das Recht in Aussicht, dazu zu gehören, sich gewollt und bestätigt zu fühlen und im Grund "geliebt." Dieses Bedürfnis verleiht ihm seine Macht. Man manipuliert nicht einfach die Leute; man dockt an ihr Bedürfnis an und manipuliert es. Verbannt zu werden ist der schlimmstmögliche Schmerz, und es gibt viele, die sich selbst umbringen, nur um sich nicht verbannt und isoliert von der Gruppe zu fühlen. Wie gesagt, die Eingeweihten, die Schüler sind nicht vom Führer abhängig sondern von ihrem Bedürfnis, dessen Erfüllung mit dem Führer verknüpft ist. Sie folgen einfach blindlings. Der Führer hat die Möhre und die Peitsche in der Hand. Was auch immer seine Laune ist, welche verrückten Ideen auch immer er hat, sie werden zu den Glaubensüberzeugungen seiner Anhänger. "Ich glaube alles, was du sagst, Daddy, wenn du mich liebst." Ihre kritische Intelligenz ist hier nutzlos. Die Leute sind im Griff eines Gefühlswirbels. Sie können durchaus komplizierte mathematische Probleme lösen, können komplexe wissenschaftliche Theorien verstehen und dennoch an Unsinn glauben. Wie Sie vielleicht schon geahnt haben, kann der Führer ihr Vater sein, ihr wirklicher Vater.
♦♦♦ Hoffnung lässt sich verpacken, vermarkten und in Kapital umsetzen. Sie glüht in den Leuchtreklamen der Bruder-Elkinsons dieser Welt. Sie bringt uns zu sonderbaren Orten und lässt uns lächerlich aussehen. Auf der Jagd nach ihr geben wir unser besseres Wissen auf; übereignen sogar unseren Besitz an die Hoffnungshändler. Hoffnung ersetzt vernünftiges Denken und echtes Fühlen. Willkomen an diesem "Ort namens Hoffnung," sagt der gewählte Präsident, der Priester, Prediger, Heiler, New Age Lehrer. Hoffnung ist neben Disneyland der "glücklichste Ort auf der Welt." ♦♦♦
(18) Dager, Albert J. "Benny Hinn - Pros and Cons", Media Spotlight, 1992 (19) Christianity Today, 28. Oktober 1991, s. 44
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