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INHALTSVERZEICHNIS UND VORWORT
VORWORT
Einige von uns leben in einem Universum aus Schmerz,
in dem wir den Kopf hängen lassen, das Gewicht der ganzen Welt auf
unseren Schultern tragen und uns nicht bewusst sind, dass es ein anderes
Universum gibt, in dem die Menschen erhobenen Haupts umherwandeln und Liebe in ihrem
Herzen tragen, für jeden ein Lächeln haben und sich des Lebens
freuen. Andere haben nur sporadische Depressionen, die von Zeit zu Zeit
wiederkehren, und sie wissen nie, woher sie kommen; vielleicht denken sie
„Was soll’s? Ich kann dem Leben eh’ nicht viel abgewinnen.“
Wir
eröffnen unseren Lesern die Erkenntnis eines neuen Universums; das Universum
der Freude, der Liebe und des Fühlens – wo Depression nur eine ferne
Erinnerung ist, wo Energie die Lethargie ersetzt und Interesse die
Teilnahmslosigkeit, wo man aufwacht und freudig den Tag begrüßt, wo das
Leben kein endloser Albtraum mehr ist, kein Leben, das man in trübem, grauem
Nebel verbringt, sondern vielmehr eines voller Licht und Farbe. Es bedeutet,
lebendig zu werden. Mein Onkel sagte einmal zu mir: „Mache nie falsche
Versprechungen.“ Ich verspreche, das werde ich nicht tun. Schauen Sie, ob Sie
mir zustimmen können.
♦♦♦
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Einführung:
In
diesem Buch geht es um Depression und ihre Heilung. Es enthält keine
Anleitungen, keine „Wie-man’s“, keine Regeln, die es zu befolgen gilt,
und nichts zum Auswendiglernen. Die Frage lautet: Warum gibt es keine
Anleitungen? Warum behaupte ich nicht, dass man glückliche Gedanken haben,
sich im Freien ertüchtigen, eine Glückspille nehmen oder versuchen muss,
Freunde zu treffen? Weil nichts davon funktioniert. Oder vielmehr, nichts
davon heilt, aber Heilung ist möglich. Wir werden lernen, dass die Wurzeln
der Depression außerordentlich tief liegen und dass diese zugrunde liegenden
Wurzeln ungeachtet der Fassade, die wir unserer Depression aufsetzen, unberührt
bleiben. Nachdem ich Hunderte Depressiver behandelt habe – die meisten
erfolgreich - finde ich einen allen gemeinsamen Zusammenhang: die
Geburtssequenz. Allein das mag viele Leser und die meisten Psychotherapeuten
abschrecken. Aber lassen Sie mich ausreden. Es ist keine Laune oder Grille,
worüber ich diskutiere, sondern es sind biologische Wahrheiten. Jede
Anleitung, die in der Verhaltenstherapie gegeben wird, dient nur dazu, die
Wahrheit zu überdecken. Wenn man nie gesehen hat, wie die Geburt wiedererlebt
wird, dann übersieht man leicht ihre große Wirkung. Wir haben lange genug
geforscht, um zu wissen, wie wichtig frühe Erfahrung für späteres Leiden
ist.
Wenn man zur Behandlung Anleitungen verwendet, dann muss man gezwungenermaßen
mechanische Maßnahmen ergreifen und in statistischen Erhebungen nach Beweisen
oder Bestätigungen suchen. Eine Anleitung von einem Therapeuten bedeutet,
dass es „Du sollst“- und „Du sollst nicht“-Regeln gibt. Im Grunde ist es
eine Moralposition des Arztes, der dem Patienten sagt, wie er leben soll –
so und so oft die Pillen abzusetzen, wenn man arbeiten gehen kann. Wenn wir
uns mit Gefühlen befassen, dann können wir die Therapie in Qualitätsbegriffen
messen – Lebensqualität und Gefühlsqualität. Ich glaube, dass keine
„Du sollst“-Regeln nötig sind, wenn der Patient fühlt und Zugang zu seinen
tief vergrabenen Gefühlen hat, und niemand muss einem anderen sagen, wie er
oder sie leben soll.
Das übliche Arrangement der konventionellen Psychotherapie wendet sich gegen
die Aufdeckung tiefer Realitäten. Aufrecht sitzen und die Angelegenheit
Die Vorstellung, dass mechanische Übungen, wie etwa mehr lachen, ausgehen und
Freunde besuchen, die Tiefe der Depression ungeschehen machen kann, ist reine
Candide-Pollyanna-Lösung ("schau’ auf die helle Seite") für
Probleme, die von alten historischen Kräften verursacht werden. Regeln
helfen dabei, tiefem Schmerz eine andere Fassade aufzusetzen. Und den finden wir
bei unseren Depressiven. Wenn man sieht, wie andere glücklich sind, macht es
einen manchmal umso deprimierter. Übungen? Die kanalisieren die Schmerzenergie
für kurze Zeit. Das Problem mit all den „Wie-man’s“ und mechanischen Übungen
ist, dass man sie immer wieder machen muss, weil sie alle flüchtige Notbehelfe
sind. Anleitungsbücher gibt es endlos viele, weil sie sich nicht mit Ursachen
befassen können und es nicht tun. Stattdessen bieten sie eine unendliche
Aufmachung kesselflickender Mechanismen. Das machen sie, weil man, um sich mit
Ursachen zu befassen, zu den genauen Gegenpolen des verbalen/expressiven Geistes
vordringen muss, um die Ereignisse und dazugehörigen Gefühle ausfindig zu
machen, die verankert wurden, bevor wir das Tageslicht auf diesem Planeten sahen
und bevor wir ein Wort sprechen konnten. Wir können nicht mit etwas reden,
das keine Sprache spricht. |
-2-
Es gibt keine 10 Schritte zur Gesundheit; wir können keiner „yellow brick
road“ ins Nirwana folgen. Wie wir sehen werden, ist Depression ein Zustand
massiver Verdrängung vieler Gefühle und Einprägungen. Sie müssen in
zeitlicher Reihenfolge von den jüngsten zu den am weitesten zurückliegenden
wiedererlebt werden. Meine Depressiven haben viele Gefühle gemeinsam, und diese
stammen aus ähnlichen Geburtsgeschichten. Ich habe diese Idee nicht ausgeheckt
und dann auf Patienten angewandt. Ich habe einfach aufgeschrieben, was sie
sagten und durchgemacht hatten. Aus meinen Beobachtungen habe ich eine Theorie
aufgestellt. Der Grund, dass wir vorher nicht dorthin gegangen sind, besteht
darin, dass die Tiefen des Unbewussten niemals erforscht worden sind. Wenn wir
nichts über die Tiefen wissen, die es zu ergründen gilt, werden wir keinen Weg
finden, um dorthin zu gelangen. Wenn wir auf der verbalen Ebene bleiben, werden
wir die Erinnerungen, die tief im Gehirn aufgezeichnet sind, nie erreichen. Wenn
zum Beispiel depressive Patienten in die Therapie kommen, kann ihre Körpertemperatur
im Zustand tiefer Depression auf 94,5 oder 95 Grad (F) [=
34,7°(C) oder 35°(C)] absinken. Nachdem jemand eine tiefe Hoffnungslosigkeit
wiedererlebt, kann sich seine Körpertemperatur auf 98,6 (F)
[=
37°C]
normalisieren. Das ist nur eine von vielen Kontrollen, die wir haben. Die
Gehirnstrukturen, welche die Temperatur im Körper kontrollieren, befinden sich
tief im Gehirn. Die Tatsache, dass die Therapie die Sollwerte der Körpertemperatur
ändert, zeigt mir an, dass wir tiefliegende Teile des Zentralnervensystems
beeinflusst haben. Der
Depressive ist im Großen und Ganzen ein Parasympath – jemand, dessen
Gesamtsystem zu diesem Teil des Nervensystems (dem parasympathischen) verschoben
ist. Dieser Unterabschnitt des Nervensystems wird vom Hypothalamus kontrolliert.
Es ist ein Ruhe-, Entspannungs- und Reparatursystem, ein System, das gewöhnlich
Untersekretion erzeugt. Es ist das System, das sich aus der „Gefrier“-
Reaktion bei Tieren entwickelt hat, die sich mit der Zeit herausbildete, um die
Fähigkeit zu hemmen, auf Gefahr eine unmittelbare und aggressive Reaktion
erfolgen zu lassen. Manchmal besteht die beste Abwehr darin, nichts zu tun oder
wenigstens einen Augenblick nachzudenken und zu überlegen, bevor man reagiert.
Ein Schlüsselmerkmal dafür ist die Körpertemperatur, die fast immer
universell niedrig bei diesen Patienten ist und vom parasympathischen
Nervensystem kontrolliert wird. Sie erzählt von einem Geburts- oder
Vorgeburtstrauma, welches das System in Richtung Passivität, Verzweiflung,
Niederlage und Reaktionsunfähigkeit verschoben hat. Danach kontrolliert es
unser Verhalten und unsere Symptome. Migräne ist zum Beispiel oft
Reaktionsbestandteil dieses Systems: ein Verschließen (Zusammenziehen) der
vaskulären Blutzirkulation, dem massive Erweiterung folgt. Wenn
man tiefe Gefühle, eingekapselte und ferne Einprägungen, ignoriert, dann übersieht
man sie leicht bei der Behandlung von Depression. Dann hat man keine andere
Wahl, als Anleitungen oder Vorschriften anzubieten. Dann kann man nur versuchen,
die aufwallende Kraft des Schmerzes zurückzudrängen, da Verdrängung von frühem
Schmerz zu keiner anderen Alternative führt. „Auf die helle Seite zu
schauen“ ist eine religiöse Idee, die man ins Reich der Psychotherapie befördert
hat. Die „Kraft des positiven Denkens“ überlässt man am besten der Kirche,
weil unser inneres System, so sehr wir auch auf die helle Seite schauen wollen,
auf die dunkle Seite schaut. Warum? Weil die eingeprägte Erinnerung dunkel und
schmerzvoll ist. Man kann jedoch zu ihr gelangen und sie auslöschen. Ich habe
meine Patienten so tief und weit wie möglich in ihre Vergangenheit gebracht,
und ich habe nie einen Dämon gefunden oder eine dunkle, teuflische Kraft.
Alles, was ich je gesehen habe, ist abgesonderter Schmerz. Alles, was es dort
gibt, ist ein reines Bedürfnis, das aus der Kleinkindzeit übriggeblieben ist,
als diese Bedürfnisse hätten erfüllt werden sollen. |
-3-
David
Laplante und Michael Meaney von der McGill Universität in Kanada schreiben
Folgendes: „Wir vermuten, dass ein hohes pränatales Stressniveau, dem der
Fetus ausgesetzt ist, insbesondere in der frühen Schwangerschaftszeit seine
Gehirnentwicklung beeinträchtigen kann.“ („Stress During Pregnancy
Affects General Intellectual and Language Functioning in Human Toddlers.“
David Laplante, Michael Meaney, et al., Pediatric Research, Vol. 56, No. 3,
2004.) Sie
untersuchten schwangere Frauen während eines schweren Eissturms in Kanada im
Jahr 1998. In dieser Studie vermerken sie: „Prägung bei der Geburt kann
Individuen für gewisse Verhaltensmuster prädisponieren, die den größten Teil
des Erwachenenlebens maskiert bestehen bleiben.“
K.J.S Anand und seine Kollegen stellen fest, dass bei einer Reihe von
gewaltsamen Selbstmorden „die signifikanten Risikofaktoren jene perinatalen
Ereignisse waren, die wahrscheinlich Schmerz beim Neugeborenen verursacht
haben.“ (Seite 70). Sie zeigen auch auf, dass die schwangeren Frauen, die
schwer rauchten, Babys hatten, die später mehr zu Kriminalität neigten. Und Mütter,
die während der Schwangerschaft Drogen nahmen, hatten Kinder, die weit mehr zum
Drogenkonsum neigten, sowohl zu schweren Opiaten (Morphin) als auch zu Speed
(Amphetamin). Es gibt jetzt buchstäblich Hunderte von Studien, welche die
Hypothese über frühe Prägungen/Einprägungen untermauern, wie sie andauern
und unsere Systeme verändern. Das
ist neues Material. Vor etwa 20 Jahren hatte man an solche Forschung größtenteils
nicht gedacht. Die meisten klinischen Studien bestätigen, was wir seit beinahe
40 Jahren sagen. Die Beweise dafür werden jetzt von Wissenschaftlern nicht in
Frage gestellt. In Frage gestellt wird die Notwendigkeit, das alles
wiederzuerleben. Unter uns gibt es kaum einen Psychotherapeuten, der an die
absolute Notwendigkeit glaubt, alte Ereignisse wiederzuerleben und ihre Prägungen
zu ändern, und dennoch ist es genau dieser Prozess, der heilsam ist. Könnte
ich sagen, dass der einzige heilsame Prozess einer ist, der sich mit
Geschichte und Erinnerung befasst? Einprägungen
stehen gewöhnlich nicht im Lexikon des Therapeuten; wenn neun Monate fetalen
Lebens übersehen werden, dann gibt es keine Wahl: Regeln und noch mehr Regeln,
10 oder 12 Schritte ins Nirwana, und so fort. Gefühle sind das Gegenteil von Regeln.
Regeln sind ein ursächlicher Faktor bei Depression. Zu oft wuchsen Depressive
mit Regeln und Vorschriften auf anstatt mit Wärme, Freundlichkeit und Zärtlichkeit.
Zu oft gehen sie in eine Therapie, die Regeln hat – bekannt als Verhaltens-
oder kognitive Therapie, ein Versuch, das Verhalten zu ändern, welcher
Benimmregeln einbezieht. Der Ansatz lautet im Grunde: „Mach’ etwas mit
mir.“ Unglücklicherweise macht man in den meisten konventionellen Therapien
etwas mit dem Patienten. Es ist, was die Eltern getan haben und was jetzt großgeschrieben
wird. Die Person ist Empfänger einer Vielzahl von Manipulationen. Wenn wir Gefühle
ignorieren, muss „etwas mit uns gemacht werden.“ Das geschah mit vielen von
uns, als wir aufwuchsen,- herumkommandiert werden ohne Rücksicht, wie wir uns fühlen.
Das kann so subtil sein wie zum Beispiel ein Kind nie zu fragen, was es zum
Essen haben will. Unterschwellig aber lernt es, dass seine Bedürfnisse und Gefühle
nicht zählen. Wir wollen diesen Fehler bestimmt nicht verschlimmern. Wenn
sich die Auffassung über Depression von der Biologie löst, wird sie flüchtig
und vage und eignet sich nur für Verhaltenserklärungen. Diagnose in der
Psychotherapie ist zu oft eine Sache der Nomenklatur – eine Diagnose, welche
die Neurologie übersieht und den Körper, der das alles beherbergt. Sie wird zu
Therapeutenworten, die andere Worte des Patienten beschreiben. Patient: „Ich fühle
mich oft niedergeschlagen.“ Therapeut: Er sagt, er fühlt sich
niedergeschlagen. Hört sich für mich wie Depression an.“ Fragt er: „Was
ist in den tieferen Bereichen des Gehirns und im Unbewussten los?“ Nicht
wirklich. Wenn er darüber nachdenkt, antwortet er wahrscheinlich: „Nun,
lassen wir das jetzt beiseite.“ Das, was ein Patient sagt, in psychologischem
Fachchinesisch wiederzugeben, bringt die Wissenschaft nicht voran noch macht es
sie verständlicher. Es übersetzt einfach etwas ziemlich Einfaches in etwas
schrecklich Kompliziertes. Es ist, um einen französischen Ausdruck zu
gebrauchen, als wolle man das Haar vierteilen. Wenn wir diese Aussage in
neurobiologische Realitäten übersetzen können und sie uns zu den Ursprüngen
führen lassen, wird sie zur Wissenschaft und wir haben Fortschritte gemacht. |
-4-
In
der Primärtherapie wird der Patient zum Therapeut, indem er lernt, wie er
Zugang zu sich selbst findet und wie er fühlt. Er hat alle Einsichten und
braucht keinen Anstoß oder Anfeuerung von außen. Das ist nicht unsere Rolle.
Der Therapeut ist lediglich der Katalysator, der ermöglicht, dass die Heilkräfte
in Gang kommen. Der Therapeut „heilt“ den Patienten nicht. Der hat die
Macht, es selbst zu tun. Wir entfernen die Barrieren (die Abwehr) gegen das Fühlen,
und danach nimmt die Natur ihren Lauf. Ein
Primal zu haben ist ein völlig natürlicher Prozess, der in der frühen
Kindheit irgendwie Wegelagerern zum Opfer fiel. Ein Primal ist nur der Prozess,
in dem man den Schmerz fühlt, der bereits in unser System eingeprägt ist.
Andererseits gibt es für den Therapeuten ein spezielles Verfahren, mit dem er
die Abwehr entfernt, ohne den Patienten zu schädigen. Keine Formel. Das Wesen
der „Wie-man“-Methode besteht immer darin, das Biest zeitweise zu zähmen.
Das Problem ist, dass wir das „Biest“ sind, unsere Neurologie und Biochemie.
Es gibt keine bekannte Methode, Depression zu besiegen, es sei denn, man findet
einen Weg, den zu besiegen, der wir sind. Depression ist nicht irgendein
Monster, ein Teil von uns, den wir herausreißen müssen. Sie ist darin
eingebunden, wie unsere Biologie funktioniert – wie Nervenzellen
zusammenwirken, wie sich Schlüsselhormone verhalten, und wie viel
zirkulierendes Serotonin es gibt. Außerdem können wir niemandem sagen, wie
oder was er oder sie zu fühlen hat.
„Das Biest zähmen“ ist buchstäblich das, was man in einem Krankenhaus im Osten
der USA macht. Wenn sie glauben, dass eine tiefe Depression nicht auf schwere
Medikation ansprechen wird, entscheiden sie sich für Gehirnchirurgie – tiefe
Gehirnstimulierung, um genau zu sein. Gelinde gesagt ist es ein äußerst
drastischer Lösungsversuch. Er involviert, dass man vier Löcher ins Gehirn bohrt
(vier Schrauben werden in den Schädel eingesetzt), Elektroden in die Nähe einer
Gehirnstelle implantiert, die als Areal 25 (Mittellinie des Gehirns) bezeichnet
wird, und ihr einen ständigen Strom elektrischer Impulse zuführt. Sie glauben,
dass die für Depression verantwortlichen Schlüsselareale der oberste Hirnstamm
und einige alten limbischen Strukturen sind. Die Überlegung geht dahin, dieses,
wie man annimmt, in Depression involvierte Areal zu stimulieren
und zu entspannen. Doch stellen Sie sich vor, wir könnten dieses Areal ohne
Medikamente oder Operation erreichen und Veränderungen im Schaltkreis zustande
bringen (ihn vielleicht neu verdrahten). Es ist möglich, weil wir Wege gefunden
haben, um Zugang zu tiefen Gehirnzentren zu erlangen. Bestimmt sollte man natürliche
Gefühlsmethoden einer ernsten Gehirnoperation vorziehen. Nach Angaben eines
Berichts in der N.Y.Times vom 2. April 2006 („Ein Depressionsschalter?“,
von David Dobbs) erbrachte die durchgeführte Operation einen Durchschnittssatz
von 80 Prozent aller Patienten, die eine Besserung ihrer Depression spürten. Um
das klarzustellen, solange wir keine Wege gefunden haben, die Tiefen des Gehirns
ohne Operation oder Medikamente zu sondieren, können wir nicht sagen, es gebe Heilung für bestimmte Depressionen. Ich glaube,
wir haben das Gegenmittel. Der Grund, warum wir zu solch drastischen und gefährlichen Maßnahmen Zuflucht nehmen müssen, besteht darin, dass alle bisherigen Behandlungen dem obersten Teil des Gehirns – dem Neokortex – galten, eigentlich der vorderen linken Spitze des Neokortex (präfrontales Areal genannt). Weil wir einen Weg gefunden haben, auf tiefe Gehirnzentren zuzugreifen (dieselben Strukturen, die durch Chirurgie und/oder Tranquilizer beeinflusst werden), können wir bei der Therapie der Depression erfolgreich sein und einen fehlgeleiteten Ansatz vermeiden. Der Beweis: Wir haben viele tiefe Depressionen erfolgreich behandelt und haben unsere Ergebnisse anhand von Gehirnwellen und biochemischen Werten gemessen (siehe mein „Primal Healing“ für eine vollständige Erörterung). Man bezeichnet sie als „tief“, weil sie oft tief unten im Gehirn entspringen. Solange wir keinen Zugang zu diesen Tiefen haben, können wir niemals von Heilung sprechen, oder, um es anders auszudrücken, wenn wir zu diesen Tiefen Zugang haben, dann können wir von Heilung sprechen. Es scheint eine Zwickmühle zu sein. Wir verwenden Therapien, die Depressive nicht heilen können, und schauen dann diejenigen schief an, die behaupten, über eine Heilmethode zu verfügen. „Heilung“ ist kein schändlicher Begriff. Schändlich - ein Grund zur Schande - ist, dass wir sie aufgegeben und zu einem „schmutzigen“ Wort gemacht haben. Denken Sie daran, erst wenn wir Zugang zu diesen Tiefen haben, dann können wir von einer Heilung sprechen, und nicht vorher. „Heilung“ ist kein Begriff, den man im Interesse reiner Wissenschaft vermeiden sollte; es ist ein Zustand, den man eifrig begehren sollte.
Buchübersetzung: Bücher von A. Janov
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