Primal Healing 1
 

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TEIL II B

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Eine unserer Patientinnen fühlte, wie ihre Mutter sie Tag um Tag anschrie und was es ihr angetan hat. Sie kam aus dem Gefühl heraus mit: "Niemand, der so schreit, könnte dich lieben." Und dann fiel sie wieder in das Gefühl, nicht geliebt worden zu sein, und wie sie verzweifelt versuchte jedem zu gefallen, um die Leute davon abzuhalten, dass sie sie anschrieen. Sogar den Versuch gab sie auf, Liebe zu bekommen. Sie verbrachte ihr Leben damit, Schreien und Wut zu vermeiden. Bei jeder Konfrontation gab sie nach. Sie war so niedergeschlagen, dass sie sich sogar in der Schule nicht mehr bemühte. Einfach und doch tiefsinnig. Ihr Verhalten war furchtsam, zögerlich und unterwürfig. Alles, um elterliches Schreien zu vermeiden, und dieses Verhalten und diese Ängste setzten sich bis ins Erwachsenenalter fort.

In der kognitiven Therapie hätte man sie vielleicht ermutigt, mehr positive Gedanken zu haben, sich in der Schule zu bemühen und selbstsicherer zu sein, aber das alles wäre ein vergeblicher Kampf gegen gewaltige Kräfte in ihrer Geschichte gewesen. Sie versuchte verzweifelt, diese Schreie fernzuhalten; diese Schreie waren in ihr. In einem Primal hört der Patient diese wütenden Laute oder Schreie wieder in ihrer ganzen Intensität und Schrillheit. Das kommt zum Teil daher, weil der rationalisierende, filternde frontale Kortex zeitweise außer Betrieb ist. Die Wahrheit ist, dass der Patient auf diese Schreie tatsächlich die ganze Zeit reagiert, mit seiner Furchtsamkeit, seinem Mangel an Aggressivität und seiner Schüchternheit. Das limbische System hört sie die ganze Zeit. Der Patient ahnt eine Reaktion voraus, die bereits in ihm lebt - diese Schreie.

An früherer Stelle erwähnte ich die Bedeutung von Tränen in der Therapie. Wenn schreckliche Dinge mit uns geschehen sind, müssen wir weinen, um den Heilungsprozess in Gang zu setzen. Darüber müssen wir nachdenken, weil Tränen, ergiebige Tränenflüsse, es fertigbringen, den Spiegel menschlicher Wachstumshormone anzuheben, wie die Forschung der Neurobiologen David Goodman und Morton Sobel zeigte. Wachstumshormone spielen eine wichtige Rolle im Heilungsprozess. Goodman und Sobel betrieben vor 25 Jahren Forschungsarbeiten über unsere Therapie und fanden, dass eine Korrelation bestand zwischen Besserung und der Tiefe des Weinens. Kinder genesen schnell, weil sie weinen, sobald sie sich wehtun. Das Problem ist, dass dieses Weinen zu oft unterbunden wird, entweder weil keiner da ist, bei dem man sich ausweinen könnte, oder weil es die Eltern verärgert. Das kann auch im Erwachsenenalter geschehen, wenn wir den Weinreflex des Patienten mit Tranquilizern blockieren.

Wir wissen, dass nicht wir, die Therapeuten, es sind, die über die Tiefe des Weinens entscheiden. Es ist die Erinnerung, die darüber bestimmt; wir lassen es einfach geschehen. Wir schaffen den ruhigen, gepolsterten Raum und die Techniken - die Umstände, unter denen es stattfinden kann. Wir helfen dabei, dass es eine möglichst weiche Landung wird. Ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass zwischen dem Weinen, das in der Einsichtstherapie stattfindet und dem tiefen Schluchzen und Weinen,

 

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das wir in der Primärtherapie sehen, Welten liegen. Weinen in der Einsichtstherapie scheint linker präfrontaler Kortex mit einem Hauch rechter Kortex zu sein, während das, was in der Primärtherapie geschieht, ein totaler Eintauchensprozess auf der rechten Seite ist.

Die Tränen, die von den unteren Ebenen des Gehirns freigesetzt werden, sind sehr verschieden von und weit mächtiger als Tränen, wenn ein Patient "über etwas" weint - das heißt vom Kortex herab weint, als Erwachsener, der seine Kindheit beobachtet. Es ist, als würde ein Fremder eine Tragödie beobachten und darüber weinen. Dieser Fremde ist der linke präfrontale Kortex. Wenn die Verknüpfung durchtrennt ist, könnte er jedem gehören. Es ist dieser Neokortex, der das verletzte Kind beobachtet und Mitgefühl zeigt, aber seinen Schmerz nicht voll fühlt. Der linke frontale Kortex kann erst dann voll begreifen, was dieses Kind im Inneren fühlt, wenn die rechte Seite fühlt, was dieses Kind zu jener Zeit fühlte. Sie muss dann die linke mit ihrer ganzen Leidenschaft informieren, eine Leidenschaft, die sich der linken Seite entzieht. Auch auf diese Weise erkennen wir, dass die Einprägungen auf tieferen Ebenen noch immer intakt sind. Ich habe über Jahre hinweg experimentiert, indem ich versuchte, Patienten dazu zu bringen, dass sie ihr Weinen in der Sitzung vor 15 Minuten duplizieren. Sie können das nie. Es ist, als würde man aus einem Traum erwachen und versuchen, wieder in den Traum zu gelangen. Das geht nicht so einfach, weil sich die Erlebnisse auf anderen Gehirnebenen abspielen.

GIBT ES EINEN PLATZ FÜR KOGNITIVE UND ANDERE EINSICHTSTHERAPIEN?

Ich denke schon, und zwar als Hilfe für Leute mit vorübergehenden Problemen. Es gibt viele ratlose Leute, die nicht wissen, welche Berufsrichtung sie zum Beispiel einschlagen sollen, und sie können sicher von Diskussion und Anleitung profitieren. Sicherlich kann Ehe- und Erziehungsberatung sehr hilfreich sei. Es gibt Leute mit vorübergehenden Depressionen, die einfach mit jemandem reden müssen. Aber wir dürfen ein tiefsitzendes Problem nicht mit etwas verwechseln, das der Beratung zugänglich wäre. Die Verwechslung kommt zustande, wenn wir denken, dass diese Gedanken in einer isolierten, abgeschiedenen Welt existieren. Wenn kognitive Therapeuten Depression als etwas behandeln, das mit falschen Gedanken zu tun hat, sehen sie die langen Fasern aus den Tiefen des Gehirn nicht, die vom Hirnstamm heraufreichen und gegenwärtige Einstellungen und Stimmungen gestalten. Sie sehen die Erinnerung des frühen Liebesmangels und der frühen Traumen in deren ursprünglichen, kristallklaren Form nicht, zurückgezogen hinter einer Barriere von Neuroinhibitoren, voller Angst, ihr Kloster zu verlassen und sich in eine Welt der Bewusstheit zu wagen, unverändert trotz aller unserer späteren Erfahrungen. Sie sehen das verzweifelte Bedürfnis nicht, das um Erfüllung fleht, und die Agonie, wenn diese Erfüllung fehlt. Was für eine eigenartige Sache die Einprägung ist. Erfahrung kann sie nicht durchdringen. Sogar Schocktherapie

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kann sie nicht auslöschen. Es ist nicht sonderbar, dass jemand eine Herzattacke erleidet, während er komfortabel in den Bergen lebt. Seine Erfahrung ist keine der Ruhe. Es ist die innere Angst, die ihn nicht ruhen lässt. Die Einprägung ist die zentrale Erfahrung, auf die er ständig reagiert.

Nicht jeder braucht eine schwere Operation, aber diejenigen, die sie brauchen, müssen aufpassen, dass sie keine kleinen Bandagen verwenden, wenn ernsthafte Therapie vonnöten ist.

FALLSTUDIE: DARYL - DREI NON-FEELING-THERAPIEN

In der kognitiven Verhaltenstherapie konzentrierte sich die Therapeutin nahezu ausschließlich darauf, mich aufzufordern, dass ich "meine negativen Gedanken" in positivere Gedanken " umändere." Zum Beispiel war ich zu der Zeit, als die Therapie stattfand, im Hinblick auf mich selbst sehr negativ eingestellt, und ich sah diese Art von Selbstgespräch in mir ablaufen: "Ich habe in meiner Karriere versagt." Die Therapeutin bat mich, diese Aussage "neu zu formulieren" und zu mir selbst zu sagen: "Ich bin zurzeit in meiner Karriere nicht erfolgreich." Nun, das half überhaupt nicht. Tatsächlich geriet ich nur durcheinander mit den vielen mechanistischen Methoden, mit denen ich versuchte, mit inneren Problemen fertig zu werden; letztlich endeten sie in Frustration und Entmutigung.

Eine andere Schlüsselmethode dieser kognitiven Verhaltenstherapeutin war, dass sie mir eine Liste von 12 "Sollte"-Erklärungen präsentierte, die die Leute gerne verwenden. Dann bat sie mich, die Erklärung zu wiederholen, ohne das Wort "sollte" zu gebrauchen Zum Beispiel lautete eine der Originalerklärungen vielleicht: "Ich sollte kompetenter sein." Sie bat mich, das neu zu formulieren und zu sagen: "Ich bin kompetent." Natürlich half das überhaupt nicht, weil ich nicht tatsächlich kompetenter wurde, indem ich einfach sagte: "Ich bin kompetent." Ein Großteil ihrer Methode drehte sich darum, mich von der Irrationalität meines Verhaltens zu überzeugen, wenn ich diese "Sollte"-Erklärungen benutzte. Sie versorgte mich überwiegend mit einer Regel-Liste und bat mich, diese Regeln zu befolgen. Diese Methode ignorierte die Gefühle unter der Oberfläche völlig, die mich dazu trieben zu fühlen , was ich fühlte, und deshalb auch zu sagen, was ich sagte. Ihre Methode zog das Prinzip der Verdrängung nicht in Betracht.

Diese Therapeutin war zunehmend frustriert, als sie mit mir arbeitete. Tatsächlich hatte sie Vorbehalte gegenüber Gefühlen und verneinte deren Rolle im therapeutischen Prozess. Ich reagierte auf ihre Methode, indem ich frustriert, entmutigt und desillusioniert war, weil ihre Methode bei mir nicht funktionierte.

In der Jungschen Therapie führte mich der Therapeut in die klassischen Begriffe der Jungschen Psychologie ein: Archetypen, Anima, Animus, kollektives Unbewusstes, Person, Schatten, aktives Vorstellen, geführtes
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Bilderleben, das Selbst und Trauminterpretation. Er versuchte auch, bei mir mit seiner therapeutischen Methode innerhalb des klassischen Jungschen Modells zu bleiben. Er selbst war eine sehr intellektuelle Person und für ihn war wichtig, dass ich für diese Hauptbegriffe Verständnis erlangen würde. Deshalb verbrachte er eine Menge Zeit mit mir, indem er mir einfach half, alle diese Jungschen Begriffe und Auffassungen zu verstehen. Er anerkannte und erkannte das Prinzip der Verdrängung, und er sagte, dass die Dinge, die verdrängt wurden, jetzt in "deinem Schatten" liegen. Sein ganzer Ansatz resultierte in einer Heilungsvoraussetzung auf Seite des Patienten: Der Patient muss diese Begriffe, Auffassungen und Prinzipien verstehen können. Seine Prämisse war einfach: wenn der Patient einmal sein Problem und diese Jungschen Auffassungen begriffen hat, findet Heilung auf natürlichem Wege statt. Also bringt Verstehen automatisch Heilung.

Aber in meinem Fall brachte Verstehen keine Heilung. Verstehen brachte mir geistige Gymnastik. Der Prozess, in dem ich  intellektuelles Verständnis erlangte, brachte eine falsche Illusion von Heilung. Ich sagte häufig zu mir: "Nun, da ich ein intellektuelles (intelligentes) Verständnis davon habe, wie die Probleme in mir beschaffen sind, werde ich geheilt werden. Diesen Glauben hatte ich immer wieder, aber er brachte nie wirkliche Heilung zustande. Stattdessen brachte er ein falsches Vertrauen zustande, dass ich "jetzt, da ich das Problem festgenagelt habe," okay sein werde.

Die Jungsche Methode half nur vorübergehend und dann auch nur ein wenig. Jedoch dachte ich wirklich jedes Mal, wenn ich so weit war, dass ich das Problem verstanden hatte, dass ich geheilt wäre. Aber es geschah nie. Das Resultat war, dass ich entmutigt und desillusioniert wurde. Tatsächlich verlangsamte der Prozess des Intellektualisierens den Heilungsprozess, indem er die realen Gefühle überdeckte, die zu fühlen waren.

In der Gestalttherapie vermittelte die Therapeutin anfangs den Eindruck, dass Gefühle in meiner Therapie eine Hauptrolle spielen würden. Tatsächlich taten sie das nie. Gestalttherapie endete für mich irgendwo zwischen kognitiver Verhaltenstherapie und Jungscher Therapie. Meine Gestalttherapeutin verwendete Rollenspiele und versuchte damit, mir zu helfen, Einsicht in mein Verhalten zu gewinnen. Manchmal sagte sie: "Ich will, dass du deinen Vater spielst und dieses Szenario benutzt." Ein anderes Mal bat sie mich, die Rolle des Chefs zu spielen, mit dem ich damals gerade Schwierigkeiten hatte. In allen Fällen bewirkten die Rollenspiel-Szenarien nichts und brachten keine Heilung zustande. Die Therapeutin war sehr beeindruckt von ihrer Methode und von dem, was ihrer Überzeugung nach geschah, aber ich erlebte nichts Signifikantes im Sinne realen Fortschritts. Deshalb war ich nach einer Zeit zwischen sechs Monaten

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und einem Jahr entmutigt und desillusioniert über den Prozess. Tatsächlich verlor ich das Vertrauen in diese spezielle Methode und auch in die Therapeutin. Sie spürte meine Frustration, und das verursachte einen Bruch in unserer Beziehung. Schließlich brach ich meine Therapie mit dieser Therapeutin ab.

Lassen Sie mich als Schlussfolgerung etwas zu dem sagen, was ich als die Notwendigkeit sehe, dass Patienten den Therapeuten bewerten und ihm oder ihr ein Feedback geben. Es wäre so einfach für Therapeuten aller psychologischer Methoden, ein Bewertungs-/Feedbackschema zu entwickeln, um eine gewisse Rückmeldung darüber zu erhalten, wie der therapeutische Prozess verläuft. Was nach Ansicht oder Überzeugung des Therapeuten geschieht, könnte vielleicht gar nicht der Fall sein.

 

 

 

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KAPITEL 7

DER PROTOTYP: WAS UND ZU DEM MACHT, DER WIR SIND

Wenn wir verstehen, wie sich das Gehirn in seiner Evolution gebildet hat, wissen wir, dass das sympathetische Alarmsystem sich zuerst entwickelt hat. Es ist für die schnelle Entwicklung des Nervensystems verantwortlich, das vor Gefahren warnt und von Anfang an optimal funktionieren muss. Das parasympathetische Hemmungssystem, das dabei hilft, die Entwicklung des Gehirns und unserer Gefühle zu kontrollieren, entwickelte sich später. Das parasympathetische ist ein langsamer agierendes System. Die sympathetisch-parasympathetischen Systeme (Sympath und Parasympath, die ich erwähnt habe) sind Systeme, die einander kompensieren; wenn wir eine gute Verbindung zu unseren Gefühlen haben, befinden sie sich in einem ausgeglichenen Zustand. Sie werden vom Hypothalamus gesteuert, weitgehend vom rechten Hypothalamus. Das parasympathetische System, lethargischer und schwerer zu erregen, braucht mehr Input, um in Gang zu kommen. Es hilft dabei, sympathetische Aktivierung abzukoppeln, so dass unsere Atmung wieder zu Normalität zurückkehrt; das gilt auch für Blutdruck, Körpertemperatur, Blasenfunktion und Verdauung.

PARASYMPATHEN UND SYMPATHEN

Die Bedeutung dieses Gleichgewichts besteht darin, dass wir, wenn wir ernsthaft nach der einen oder anderen Seite verschoben werden, nahezu sicher sein können, dass später schwere Krankheit auftreten wird. Es gibt bestimmte Krebsarten, die eher sympathetisch dominant sind und aus einem sympathetisch dominanten System entstehen. Andere nehmen als Ergebnis parasympathetischer Dominanz eine bestimmte Form an. Meiner Erfahrung nach sind Leute, die an Migräne leiden, oft Parasympathen. Ein Mangel an Sauerstoff während der Geburt kann das Blutkreislaufsystem beeinflussen, was auf spätere Migränen hinausläuft. Die Anoxie ist in der Primär-Einprägung von Hilflosigkeit begleitet,

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so dass die Person in einer aktuellen Situation, in der sie ziemlich hilflos ist, eine Migräne entwickelt; das heißt, die gegenwärtige Hilflosigkeit resoniert mit der bei der Geburt, so dass das Blutkreislaufsystem wieder beeinträchtigt wird (massive Dilatation und dann Vasokonstriktion). All das geschieht auf einer unbewussten Ebene und macht das Symptom und seine Erscheinung zu einem Geheimnis.

Um sich zu retten, verlangsamt sich das System des Babys bis zur Leblosigkeit. Diese physiologische Notwendigkeit wir zu einer festen Installation. Das Ergebnis ist, dass die Person schicksalsergeben wird. Die prototypische Persönlichkeit - Passivität - wird zu einem Persönlichkeitsmerkmal, das unser ganzes Leben lang bleibt. Es steckt buchstäblich "in unseren Knochen,"  unserem Blutsystem und unseren Muskeln.

Die Einprägung kann bestimmen, wie wir als Erwachsene sexuell funktionieren. Das parasympathetische Individuum hat nicht die biochemische Ausstattung, um sexuell erigiert, ausdauernd, aggressiv, positiv, optimistisch oder zukunftsorientiert zu sein. Und zwar deshalb, weil das Nervensystem eine globale Wirkung auf sein gesamtes physiologisches System hat. Sein Gesamtsystem kann zu weniger Testosteron, Dopamin, Glutamat und Noradrenalin neigen (deshalb weniger Durchsetzungsvermögen); weniger Serotonin; und höhere Kortisolwerte. Beinahe als Unterstreichung dieses Punktes gibt es einen Bericht von Rudolf Wu, Direktor des Zentrums für Küstenverschmutzung und -bewahrung an der City University von Hongkong, der herausfand, dass die Zahl neugeborener männlicher Zebrafische um das Dreifache höher ist als die Zahl der weiblichen Fische, wenn man den Sauerstoff in ihrem Wasser reduziert. Die wenigen Weibchen, die geboren werden, tendieren zu übermäßigen Testosteron-Mengen in ihrem Körper. Wu merkt an, dass Hypoxie (verminderter Sauerstoff) sich auf die Festlegung des Geschlechts und auf die Entwicklung auswirken kann.1

Das kann auch geschehen, wenn die Mutter während der Schwangerschaft Schmerzkiller nimmt. Die Droge dringt in den Körper des Babys ein und hat eine lebenslange repressive Wirkung. Der Schmerz der Mutter kann das Baby auch beeinflussen, wenn sie keine Medikamente nimmt, hat aber weniger tiefe Wirkung als Pillen. Dementsprechend prägt eine Mutter, die in der Schwangerschaft raucht, in ihren Nachwuchs ein passives, herunterreguliertes System ein, da Tabak eine Anzahl von Schmerzkillern enthält. Dasselbe gilt für eine Mutter, die schwere Drogen oder Tranquilizer nimmt, oder Beruhigungspillen wie Haldol. Das Neugeborene wird eine parasympathetische Dominanz aufweisen - es wird weniger oft und weniger stark weinen und seine Reaktionen werden schwächer sein. Die Droge der Mutter hat die aktivierenden Neurohormone entfernt, die der Fetus/das Baby braucht, um wachsam und aggressiv zu sein. Es wird passiv und energielos geboren. Es wird ziemlich reaktionsträge sein. Später ist es vielleicht so ein guter Junge, dass wir erst Monate oder Jahre später verstehen, dass etwas nicht stimmt.

 

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Die Geburtserfahrung unzureichenden Sauerstoffs verstärkt vielleicht eine aufgrund des Rauchens der Mutter bereits vorhandene Tendenz im Fetus, keine Energie zu verbrauchen. Bei der Geburt prägt sich der parasympathetische Prototyp umso stärker ein; das Ergebnis ist ein Individuum, das sich nirgendwo zu sehr anstrengt. Er steckt jetzt in einem starren Tiegel fest, der seine Lebensentscheidungen und -interessen dirigiert. Er wird kein Geschäftsmann oder Sanitäter sein. Vielleicht wird er einen nachdenklichen Beruf wie Schriftsteller oder Poet wählen. Sein Brennpunkt liegt "innen" und nicht "außen."

Wenn eine schwangere Mutter aufgrund eines größeren Traumas (zum Beispiel, wenn ihr Mann die Familie verlässt) schwere Verdrängung erleidet, kann das auf den Fetus abgeladen werden, der vielleicht in diesen (parasympathetischen) Modus getaucht wird und eine lebenslange Tendenz zu Passivität entwickelt. Mit dreißig Jahren ist er vielleicht impotent und kann keine Erektion aufrecht erhalten. Sein Körper spricht die Sprache des parasympathetischen Prototyps: "Ich bin hilflos und schwach. Ich kann nichts tun, um mir selbst zu helfen." Der Erektionsverlust spricht eine Sprache, und wir müssen verstehen, was es bedeutet. Um zu verstehen, müssen wir in der Primärtherapie Worte meiden und die Sprache der Emotionen und Empfindungen sprechen. Wir müssen dieselbe Sprache "sprechen" wie der Patient durch seine Symptome. Es sollte klar sein, dass der Körper spricht. Schließlich befestigen wir Elektroden am Arm einer Person, die der Kriminalität verdächtigt wird (galvanische Hautreaktion), um zu sehen, ob ihr Körper die Wahrheit sagt.

Es gibt viele Forschungen, die darauf hindeuten, dass der Stressspiegel der Mutter während der Schwangerschaft den Sexhormon-Ausstoß des Nachwuchses fürs ganze Leben beeinflussen kann. Das ist eine Zeit, wenn das Sexhormonsystem im Fetus ‚online' geht und seine Soll- oder Ausgangswerte entwickelt. Ein länger anhaltendes Trauma in der Mutter kann einen anderen Sollwert prägen - eine Hypo- oder Untersekretion -, da sich das System auf das Gefühl des Geschlagenseins und der Resignation in der Mutter einstellt. Deshalb leidet der männliche Erwachsene Jahrzehnte später an Impotenz. Es überrascht nicht, dass wir in einer nicht-kontrollierten Studie an unseren männlichen Patienten niedrigere Ausgangswerte von Testosteron bei Männern fanden, die Parasympathen waren. Wir planen eine aktuellere kontrollierte Wiederholung dieser Studie, in die wir Frauen einbeziehen werden. Es gab eine Studie in der Juni-2005-Ausgabe der Biology Letters, die darauf hinwies, dass 34 Prozent der Probleme, die Frauen dabei hatten, einen Orgasmus zu erreichen, genetisch bedingt waren. Auch hier wieder hat man vielleicht die neun Monate Schwangerschaft übersehen.

Umgekehrt zur passiven und "geschlagenen" Prägung des Parasympathen ist "alles geben, was du hast" etwas, das sich durch die Persönlichkeit vieler anderer Individuen zieht. Da gibt es bei der Geburt den Kampf herauszukommen, wenn das Vorwärtskommen schwer wird, ein verzweifeltes Kämpfen und den Einsatz aller Energiereserven,

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um zu leben. Diese sympathetische Dominanz mit allen Systemen volle Kraft voraus wird der Prototyp - Kampf bedeutet Leben oder Tod. Die Person wird dann ihr Leben hindurch in anderen Situationen zu ungestüm vorwärtsdrängen und nicht wissen, wann sie ihre Bemühungen aufgeben muss. Freunde werden zum Sympathen sagen: "Lass es bleiben. Hör auf, dich selbst anzutreiben!" Aber er oder sie kann nicht. Für den Parasympathen ist aufzugeben wirklich eine Überlebenssache am unteren Ende der neuronalen Kette. Aufzugeben kommt für den Sympathen jedoch dem Tod gleich; weiterzuhetzen, getrieben zu werden bedeutet Leben. Das ist eine gute Eigenschaft für Erfolg aber nicht so gut für die Lebensdauer.

Von Tag zu Tag und immer wieder reagieren wir auf der Grundlage des vorherrschenden Prototyps entweder so, dass wir uns bemühen, Befürfnisse zu befriedigen (Sympath) oder so, dass wir leicht aufgeben, ohne es ernsthaft versucht zu haben (Parasympath).



Zum Beispiel betreibt ein Mann mit einer sympathetisch-dominanten Persönlichkeit ein Projekt, das einfach zu viel ist, als dass er damit fertig werden könnte. Er kann nicht klein beigeben. Noch kann er um Hilfe bitten, da ein Teil der ursprünglichen Einprägung bedeutet: "Es gibt keine Hilfe; ich muss das alleine machen." In der kognitiven Therapie lernt er vielleicht, dass er loslassen muss und sich nicht so anstrengen soll, aber weiter unten in seinem Gehirn bleibt die eingeprägte Erinnerung der Notwendigkeit, sich schwer anzustrengen und nie aufzugeben. Er führt sein Leben gemäß dem anfänglichen Muster - dem Nervensystem-Modus - gemäß dem Prototypen, und er treibt sich vielleicht selbst in einen frühen Tod.

Es ist logisch, das herauszusuchen und zu tun, was vorher funktioniert hat. Deshalb läuft in einer lebensbedrohlichen Situation unser ganzes Leben vor unseren Augen ab, da das Gehirn die Lebensgeschichte nach einer Überlebensreaktion durchsucht. Einige von uns treten sprunghaft in Aktion; andere erstarren. Von Tag zu Tag und immer wieder reagieren wir auf der Grundlage des vorherrschenden Prototyps entweder so, dass wir uns bemühen, Befürfnisse zu befriedigen (Sympath) oder so, dass wir leicht aufgeben, ohne es ernsthaft versucht zu haben (Parasympath). Die Nadel hängt ein Leben lang auf der einen oder anderen Platte fest. Und es ist buchstäblich eine Platte, die ad infinitum spielt. Es ist die Platte unseres Lebens; die Hintergrundmusik, zu der wir tanzen, auch wenn wir den Takt nicht hören können. Wir tanzen vielleicht schnell, weil die Musik schnell ist, einen schnellen Stoffwechsel, Gedankendruck und impulsives Verhalten erzwingt. Wir bewegen uns zu einem langsamen Walzer, wenn wir Parasympathen sind und zu eher aufputschender Musik, wenn wir es nicht sind. Auch wenn wir die Musik nicht wirklich hören können, tanzt der Körper dennoch nach ihr. Das Herz tanzt Rock and Roll, während wir uns vielleicht einen Walzer wünschen. Oder die Musik schleppt sich im parasympathetischen Rhythmus dahin,

 

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und wir haben kaum genügend Energie, um überhaupt zu tanzen. Alles, was wir in der Primärtherapie zu tun versuchen, ist einzuschalten und die Musik bewusst zu machen, damit wir nach unserem eigenen individuellen Beat tanzen können.

Wenn es in den ersten Lebenswochen an Körperkontakt fehlt, lernt Baby Jane vielleicht emotionale Entfremdung als charakteristisches Verhalten. Diese Einprägung würde die bereits früher eingravierte Tendenz verstärken. Es ist jetzt eine Verstärkung im Gang. Es ist nicht unbedingt eine neue Einprägung, sondern die Verstärkung einer früheren. Hier liegt also das Dilemma: Eine Funktion höherer Ebene wie z.B. Gedanke und Konzentration kann von einem primitiven Reptiliengehirn gesteuert werden, zu dem wir im Allgemeinen keinen Zugang haben. Und letztlich ist es ein Zusammenhang, den wir  nicht einmal für möglich halten. Es ist der Hirnstamm, der den Tonus und die Schärfe des frontalen Kortex aufrecht erhält. Der Neokortex braucht eine optimale Menge an Input und Energie, damit er auf Dauer angemessen funktionieren kann, aber wenn der Input übermäßig ist, bricht der frontale Kortex zusammen und funktioniert nicht mehr richtig. Es kommt zu Verwirrung und Konzentrationsmangel und ebenso zu leichter Ablenkbarkeit. Dieser Zusammenbruch ist das Ergebnis eines Inputs aus der Vorgeburts- und Geburtsgeschichte. Solange wir diese Geschichte vernachlässigen, können wir den Zusammenbruch nicht verstehen.

Ein Veteran des Vietnamkriegs erinnerte sich, wie er ein Feld von Verwundeten überschaute und schrie: "Ich kann euch nicht retten." In der Therapie konnte er tiefer zu gehen, zurück zu einer Zeit, als seine Mutter eine Überdosis Drogen nahm und er noch sehr klein war; er fühlte ""Ich kann dich nicht retten, Mama!", artikulierte es aber nicht. Es war die verstärkende Wirkung der Vergangenheit, die den Zusammenbruch im Erwachsenenalter verursachte. Wenn wir nur die Kampfsituation im Krieg betrachten würden, könnten wir schließen, dass sie der einzige Umstand für seinen Zusammenbruch war. Augenscheinlich schien es gewiss so. Aber es gab verkomplizierende Faktoren, die eine weitere Perspektive erforderten.

Urschmerz ist eine Wunde, die nicht wehtut; Verdrängung sorgt dafür. Wir können ihn nicht erleben, eben weil er so wehtut.


Wenn das parasympathetische System der bei der Geburt eingeprägte Prototyp ist, resultiert er vielleicht in dem Bedürfnis des Selbst, sich vom Schmerz zu entfernen und zu dissoziieren. Das heißt, es gab ursprünglich keine anderen Verhaltensoptionen als völlige Verdrängung. Das geschieht, wenn Loslösung die hauptsächliche und einzig mögliche Abwehr bei der Geburt ist, zum Beispiel gegen Strangulierung durch die Nabelschnur. Wenn diese Erfahrung sich durch einen Mangel an Nähe zur Mutter gleich nach der Geburt verstärkt, können wir von uns selbst abgetrennt 

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und emotional distanziert werden, noch ehe wir das Tageslicht erblicken. Der Impuls, uns selbst aus der Erfahrungswelt ‚herauszuziehen', wird zum Prototyp. Wir werden ‚abstrahiert' und zuerst uns selbst gegenüber distanziert und dann anderen gegenüber.

Umgekehrt müssen wir, wenn wir sozialer werden wollen, zuerst uns selbst näher kommen. Das hilft uns, anderen näherzukommen. Der Parasympath handelt mit größerer Wahrscheinlichkeit scheu und furchtsam und zögerlich. Er ist nachdenklicher und weniger impulsiv als der Sympath, dessen Modus "ganz nach außen" gerichtet ist. Als Erwachsener wird der Parasympath zurückscheuen, wenn ihm jemand zu nahe kommt, weil das den Schmerz hochbringen kann, dass er nie die Nähe hatte, die er brauchte. Seine Scheu ist Schutz gegen Urschmerz, ein Schmerz, an den er sich nicht einmal erinnern kann, der aber in jedem Teil von ihm registriert ist: in seiner Haltung, seinem Gesichtsausdruck, Gang, Sprechrhythmus (langsam und methodisch). Das alles sind Aspekte der Erinerung. Er hat den Zugang zu diesen Erinnerungen verloren, aber der Prototyp bleibt als Erinnerung einer Vergangenheit, die schon lange vorüber ist. Wer wir sind, ist leibhaftige Erinnerung.

Der Sympath richtet seinen Brennpunkt nach außen (eine Schlüsselfunktion des linken präfrontalen Kortex), während der Parasympath nach innen schaut, mehr introvertiert und philosophisch ist. Der Sympath ist handlungsorientiert, wie er es seit Geburt war, weil Handeln in seinem Kopf Überleben bedeutet. Im Gegensatz dazu kann der Parasympath nicht spontan reagieren und grübelt ständig über sein Leben. Er oder sie befindet sich biologisch im herunterregulierten Modus. Seine oder ihre Vitalwerte sind einheitlich niedrig. Er oder sie ist depressiv, fühlt sich hoffnungslos und hilflos. Aber manchmal fällt es ihm oder ihr schwer zu weinen, weil die Verdrängung es verhindert. Er oder sie ist schwer zu erregen, sowohl beim Sex als auch bei Emotionen im Allgemeinen.

Der Sympath ist selten, wenn überhaupt, deprimiert. Seine Physiologie neigt nicht in diese Richtung. Er ist ehrgeizig und schaut ständig nach vorne, weil ihm das bei der Geburt eingestempelt wurde. Alles an ihm ist in Eile - er verspürt das Bedürfnis, sich zu beeilen, ist ungeduldig, will es hinter sich und erledigt haben. Er muss die ganze Zeit in Bewegung sein - Pläne, Projekte und Ausflüge. Der Parasympath ist selten so manisch wie der Sympath. Er oder sie ist zu Beginn des Lebens ‚verlangsamt' worden, es prägte sich ein, und er/sie setzt diesen Weg fort. Er/sie ist vorsichtig und nicht mitteilsam, weniger neugierig und abenteuerlustig; er/sie sucht nicht nach dem Neuen und fühlt sich in seiner alten/ihrer Routine wohl.

Der Sympath ist ausdauernd. Er erzwingt Entscheidungen, die er nicht sollte, weil Hartnäckigkeit Überleben bei der Geburt bedeutete. Die unbewusste Geburtsformel lautet für ihn, dass zu wenig Kampf oder Drang den Tod bedeutet. Der Prototyp eines Patienten bei der Geburt war "kämpfen um zu leben", und das setzte sich in seiner ganzen Kindheit mit seiner Mutter fort, die ihm das Leben schwer machte. Er sagte mir, dass er immer nach einem Grund suchte, um zu leben, nach einem Zeichen der Ermutigung, das ihm

 

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erlauben würde weiterzumachen. Er gab "alles, was er hatte," aber es war vergeblich. Er war zu aggressiv bei seiner Suche nach einem Grund, da er von dem Überlebensbedürfnis bei der Geburt getrieben wurde. Er strengte sich bei Frauen zu sehr an, was dazu führte, dass sie sich abwendeten. Er war immer "heiß" auf Komplimente, da er hoffte, dadurch einen Lebensgrund zu finden. Er sagte mir: "Man kann mich mit einem kleinen Kompliment kaufen."

Sogar die Stimme stellt sich auf das Ungleichgewicht ein. Der Sympath hat vielleicht eine hohe, quietschende Stimme und der Parasympath hat die tiefe, langsame, honigsüße. Bestimmt das Geburtstrauma unsere Sprechweise? Oft ja. Es bestimmt auch den Rhythmus. Die Parasympathin hat es nicht eilig, sich zu erklären. Sie kann ein Sprechmuster haben, das sehr wenig Raum ergreift; ihre Worte füllen keinen Raum; wegen ihres niedrigen Energieniveaus entkommen sie kaum ihrem Mund. Im Gegensatz dazu purzeln die Worte des Sympathen einfach heraus, ein Wort auf das andere gestapelt.

Im Hinblick auf die Gehirnhälften wird der Parasympath von seinen Rechtshirn-Gefühlen überflutet. Der Sympath kann daraus emporsteigen, in sein linkes Gehirn tauchen und sich beinahe ausschließlich nach außen konzentrieren. Er kann nicht nach innen schauen und ist, was nicht überrascht, weniger geeignet, sich in Gefühlstherapie zu engagieren. Wir sehen in der Primärtherapie mehr Parasympathen als Sympathen.

DER PROTOTYP UND UNSEREN PHYSIOLOGISCHEN PROZESSE

Der Prototyp "verbiegt" unsere physiologischen Prozesse global über alle Systeme. Was den Sympathen betrifft, scheint es ein Übermaß an Sekretion zu geben, während der Parasympath im "Hypo"-Modus bleibt, bei dem viele seiner wesentlichen Hormone unter normalem Ausstoß liegen. Wo wir niedrige Testosteronwerte im Parasympathen gefunden haben, war das Gegenteil der Fall beim Sympathen. Als Ergebnis dieser Prototypen und ihrer systemischen Effekte neigt der Parasympath vielleicht zu Impotenz, und der Sympath hat vielleicht ein Problem mit vorzeitiger Ejakulation, eine aggressivere Außenreaktion.

Traumen, die dem Fetus und Säugling zustoßen, veranlassen das sympathetische System hochzuschalten und mehr Adrenalin, Dopamin, Kortisol und Noradrenalin zu produzieren. Die Gefahr ist mangelnde Befriedigung. Und diese Gefahr geht mit übermäßiger Sekretion von Stresshormonen einher. Das ganze System befindet sich im Alarmzustand und ist hyperaktiv, und es bleibt hyperaktiv, solange die Einprägung im System fixiert ist und Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Wenn ein Bedürfnis unerfüllt bleibt, werden wir aktiviert. Unsere Reaktionen auf unerfüllte Bedürfnisse werden nach einiger Zeit zu eingeprägtem Schmerz, der das sympathetische System konstant aktiv hält. Wenn die stimulierenden

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Stresshormone hyperaktiv werden, wie es bei chronischem Schmerz der Fall ist, können sie sich auf Gehirnzellen auswirken und zu Zelltod führen, vielleicht nicht sofort, aber im Laufe der Zeit.

Wir reagieren nicht stückchenweise; das System reagiert als organische Ganzheit. Beim Parasympathen ist Migräne ein Beispiel für die Reaktion. Fehlende Anstrengung war bei der Geburt wegen des relativen Sauerstoffmangels lebensrettend, aber jetzt kann jeder Stress das Symptom aktivieren. Die Person bleibt wegen der Einprägung des Sauerstoffmangels im Energiespar-Modus. Denken Sie daran, dass der Prototyp das erste größere Lebensrettungsmanöver unseres Lebens ist. Jedes gegenwärtige Unglück kann die alte Erinnerung des reduzierten Sauerstoffs und die Migräne auslösen, genau wie jede Situation, in der wir allein sind, eine primäre Verlassenheit aus der Säuglingszeit oder frühen Kindheit auslösen kann.

Mangel an Sauerstoff bei der Geburt kann zur Konstriktion des Blutgefäßsystems führen und reduziert folglich stark das Bedürfnis, tief zu atmen. Alles, was ein Neugeborenes tun konnte, während ihm der Sauerstoff genommen wurde, war, sich zu verschließen und keine Energie zu verbrauchen. Totale Verdrängung war ursprünglich notwendig, weil damals keine Verhaltensoptionen möglich waren. Das wird zu einer Persönlichkeitstendenz, auf der sich spätere Traumen schichten. Die Person wird zum Energiesparer, eine passive Person, die oft deprimiert ist, eine Person, die keine Alternativlösungen für ihre Probleme sieht, weil es am Anfang keine gab. Wir nennen es Depression, bis wir in der Tiefe der Einprägung angekommen sind. Dann ist es, was es war. Warum eine Migräne? Weil jede neue Bewusstseinsebene ausarbeitet, was bereits existiert. Ein schreckliches Unglück in der Gegenwart kann soviel Wirkkraft haben, dass der Schlag über Nervenschaltkreise, die bei der Geburt angelegt wurden, in die Tiefe geht. Eine Migräne kann auftreten, weil der emotionale Schlag in die Zonen des Hirnstamms und limbischen Systems hinabgestiegen ist, die die Vasokonstriktion (Verengung von Blutgefäßen, ein Vorläufer von Migräne) zuerst registrierten und behandelten. In der Minute, in der Gefühle Kontakt mit der ersten Linie/Ebene haben, kommt es zum Kopfschmerz. Kurz gesagt beinhaltet die erste Linie eine Tendenz zu Kopfschmerzen, die nur darauf warten, dass man sie auslöst.

An Halloween kommen alle am Primal Therapy Center als ihr geheimes Selbst, um an ihre Gefühle zu gelangen. Sie kommen in Windeln, in Rüstung, in Clownkostümen, sogar als Registierkassen. Einer kam total eingewickelt, weil er der "Unsichtbare" war. Seine Eltern "sahen" ihn nie. Diese Kostüme repräsentieren in prägnanter Form das Ausagieren. Der Mann zum Beispiel, der als Registrierkasse kam, war eine geldproduzierende Maschine, die seine Eltern erfreute, die immer über Geld redeten. Er wollte ihre Liebe. Er glaubte sie dadurch zu bekommen, dass er Geld machte. Es war sein Ausagieren.

 

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In der Gruppe agieren Patienten in sicherer Atmosphäre aus. Einer, der davon besessen ist, ekstatische Frauen in pornographischen Magazinen anzuschauen, wird ermutigt, das Magazin in die Gruppe mitzubringen. Das Bedürfnis, bei dem ein Patient anlangte, war: "Freue dich, dass du mich siehst, Mami" In diesem Fall hatte der Junge eine chronisch deprimierte Mutter. Sie freute sich über niemanden, den sie sah, aber er hatte das Gefühl, dass mit ihm etwas nicht stimmte, weil sie kein Anzeichen von Freude zeigte, wenn er anwesend war. Er sah große Freude in den Gesichtern der Pornostars in Magazinen. Kein Kind ist objektiv genug, um zu sehen, dass es das Problem der Eltern ist. Wenn wir klein sind, sind Eltern die ganze Welt für uns. Ihre Stimmungen werden zu unseren Gefühlen; ihre Launen - unser Leben.

FÖTALES LEBEN UND DROGEN

Alle psychiatrischen Drogen/Medikamente durchqueren die Plazenta und dringen in das fetale Blutsystem ein. Wenn die Droge erst in den fetalen Blutstrom eingedrungen ist, hat sie leichten Zugang zum Gehirn. Drogen/Medikamente können auch über die Muttermilch auf den Säugling übergehen. Nichtsdestoweniger ist der Säugling weniger als ein Erwachsener fähig, Drogen umzuwandeln, die in seinen Körper eingedrungen sind, ungeachtet ihrer Menge. Einige Wirkstoffe, die eine stillende Mutter einnimmt, wie z.B. Lithium, können das Baby energielos, phlegmatisch und passiv machen. Andere Beruhigungsmittel können den Säugling erregbar machen. Was während des Lebens im Mutterleib geschieht, kann dazu beitragen, die Grundlagen für eine Sucht zu schaffen, die zwei Jahrzehnte später auftritt. Die kritische Periode tritt ein, wenn die Schlüssel-Gehirnsynapsen aufgebaut werden, was bei Menschen mit dem sechsten Schwangerschaftsmonat beginnt und nach der Geburt bis zum Alter von 2 oder 3 Jahren anhält. Wenn die Mutter Medikamente /Drogen einnimmt, können sie eine Einprägung schaffen, die die Sollwerte von Hormonen und physiologischen Substanzen neu einstellt (zum Beispiel fehlt es uns später an Serotonin oder Schilddrüsenhormon).

Eine Studie der finnischen Wissenschaftler M. Huttunen und P. Niskanen untersuchte Kinder, deren Väter entweder während der Schwangerschaft der Mutter oder im ersten Lebensjahr des Kindes starben. Der Nachwuchs wurde über eine 35-Jahres-Periode unter Verwendung dokumentarischer Belege überprüft. Nur diejenigen, die ihren Vater verloren, während sie als Kind im Mutterleib waren, hatten ein erhöhtes Risiko für psychische Krankheiten, Alkoholismus/Sucht oder kriminelles Verhalten.2 Der emotionale Zustand der Mutter wurde zweifelsohne beeinflusst, und das hatte möglicherweise lebenslange schädliche Auswirkungen auf das Kind. Die Ergebnisse dieser Studie legen nahe, dass der emotionale Zustand der schwangeren Mutter mehr Langzeitwirkungen auf das Kind hat als der emotionale Zustand der Mutter in den Jahren nach der Geburt. Und wenn wir Sucht erforschen, müssen wir der Zeit im Mutterleib Aufmerksamkeit zollen.

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Wir wissen aus Tierexperimenten, dass diejenigen, denen gleich nach der Geburt Berührung und Liebe vorenthalten wurden, später zu Alkoholkonsum tendieren, wenn er ihnen angeboten wird, im Gegensatz zu den geliebten Tieren, die ihn verweigern. Es gibt eine gute Studie über Affen, die diesen Punkt demonstriert. Die von früh an gestressteren Tiere tranken später mit größerer Wahrscheinlichkeit Alkohol. Man untersuchte achtzig Rhesus-Affen; die Hälfte wurde nach der Geburt von ihren Müttern getrennt. Diese Gruppe reagierte auf späteren Stress mit einer um 25 Prozent höheren Stresshormon-Freisetzung. Später bot man beiden Gruppen alkoholhaltige Getränke an. Ein Fünftel trank nichts. Unter denen, die Alkohol konsumierten, waren diejenigen mit den höheren Kortisol-Spiegeln vor dem Experiment die schweren Trinker. Diese Affen sagten keine irrationalen Dinge zu sich selbst, wie die Kognitivisten behaupten könnten. Sie reagierten im Sinne ihrer Geschichte. Wir können Alkoholismus zum Teil den Genen zuschreiben, aber diese Studie macht klar, dass diejenigen, die früh im Leben nicht geliebt wurden, zu Alkohol griffen.

Wir wissen aus Tierexperimenten, dass diejenigen, denen gleich nach der Geburt Berührung und Liebe vorenthalten wurden, später zu Alkoholkonsum tendieren, wenn er ihnen angeboten wird, im Gegensatz zu den geliebten Tieren, die ihn verweigern.



Wir sind noch immer diese Primaten, aber mit einem angefügten Kortex; wir haben uns eine Denkkappe aufgesetzt - auf Dauer. Wenn Affen ohne Worte neurotisch sein können, können wir das auch. Wenn sie süchtig werden können, können wir das auch. Weil diesen Affen von Anfang an Liebe vorenthalten wurde, verspürten sie das Bedürfnis, ihren Schmerz zu lindern, und taten dies mit Alkohol. Der Schmerz und die Physiologie zweier Primaten, Menschen und Affen, sind im Grund ziemlich dieselben. Im Grund fühlen wir Schmerz auf dieselbe Weise mit derselben physiologischen Ausstattung. Aus so vielen ähnlichen Tierexperimenten - und es gibt buchstäblich Tausende davon, angefangen mit dem frühen Werk von Harry Harlow bis zur Gegenwart - wird klar, dass Worte bedeutungslos sind und den Schmerz nicht dauerhaft erleichtern können.

Jüngste Forschungen von A. R. Hollenbeck, einem anderen Spezialisten für die Fötalphase, dokumentiert, dass jede Droge, die einer schwangeren Mutter verabreicht wird, das Neurotransmitter-System des Nachwuchses ändert, besonders in der kritischen Periode, wenn sich diese Neurotransmitter-Systeme im Mutterleib bilden. Er behauptet, dass die Anwendung lokaler Anästhetika wie z.B. Lidocain (zur Unterstützung des Geburtsprozesses) während sensibler (kritischer) Perioden in der Schwangerschaft in der Lage ist, dauerhafte Veränderungen im Verhalten des Nachwuchses zu erzeugen.3

 

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Gehirnsubstanzen wie Serotonin und Dopamin können sich dauerhaft ändern, wenn ein Tier den Geburtsprozess mit einem lokalen Anästhetikum durchmacht. Das wiederum beeinflusst das Schleusensystem.

Je mehr Schmerztöter eine Frau in den Wehen einnimmt, umso wahrscheinlicher wird ihr Kind später Drogen oder Alkohol missbrauchen. Karin Nyberg von der Göteburg-Universität in Schweden betrachtete die Medikation, die den Müttern von 69 erwachsenen Drogenkonsumenten verabreicht worden war, und 33 ihrer Geschwister, die keine Drogen nahmen. Dreiundzwanzig Prozent der Drogenkonsumenten waren in den Stunden unmittelbar vor der Geburt multiplen Dosen von Barbituraten oder Opiaten ausgesetzt. Nur drei Prozent ihrer Geschwister waren in utero derselben Drogenmenge ausgesetzt. Wenn die Mütter drei oder mehr Wirkstoff-Dosen erhielten, betrug die Wahrscheinlichkeit das Fünffache, dass ihr Kind später Drogen missbrauchte.4 Man hat genug Tieruntersuchungen angestellt, die den Befund bestätigen, dass sich die spätere Neigung zu Drogen ändert, wenn ein Individuum im Mutterleib Drogen/Medikamenten ausgesetzt wird.

Es gibt Beweise, dass eine Mutter, die in der Schwangerschaft ‚Downer' nimmt, einen Nachwuchs bekommt, der später amphetaminsüchtig ist, ein Wirkstoff, der als ‚Upper' (Speed) bekannt ist; wogegen eine Mutter, die während der Schwangerschaft Upper nimmt - Kaffee, Kokain, koffeinhaltige Colas - Nachwuchs erzeugt, der später nach 'Downer' süchtig ist - Quaalud zum Beispiel. Und der Grund, warum die Person übermäßige Dosen einnehmen kann, z.B. zwei Tassen Kaffee vor dem Zu-Bett-Gehen trinken und trotzdem leicht und gut schlafen kann, besteht darin, dass ein größerer Mangel an stimulierenden Hormonen - Katecholamine - gegeben ist. Kurz gesagt haben sich im Mutterleib die ursprünglichen Sollwerte für Aktivierung oder Unterdrückung verändert und währen ein Leben lang fort.

Ich habe Patienten behandelt, die enorme Dosen Speed genommen haben und als Ergebnis wenig Anzeichen einer Manie zeigten. Während andere Patienten in früheren Selbstmordversuchen tödliche Dosen an Schmerzkillern genommen hatten - genug, um jeden anderen umzubringen - und dennoch noch Stunden später wachlagen und sich nur leicht benommen fühlten. Die heftige Gehirnaktivierung durch eingeprägten Schmerz widerstand allen Versuchen, das System zu bezwingen.

Je mehr Schmerztöter eine Frau in den Wehen einnimmt, umso wahrscheinlicher wird ihr Kind später Drogen oder Alkohol missbrauchen.

Psychotherapeuten müssen sich die Frage stellen: "Warum beruhigt ein Tranquilizer oder Schmerzkiller, der auf tiefere Gehirnzentren wirkt, den Patienten und

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ändert seine oder ihre Gedanken?" Wir wissen, dass dies oft geschieht. Wir wissen, dass jemand, der eine akute Herzattacke erleidet, sich schrecklich fühlen kann, aber seine Gedanken und seine Einstellung zu der Erfahrung ändern sich, wenn er eine schmerzbetäubende Spritze bekommt. Allein das sollte uns darüber informieren, dass Gefühle Gedanken steuern und ncht umgekehrt.

Wenn sich in der frühen Kindheit Vernachlässigung und emotionaler Schmerz angehäuft haben, tragen die Amygdala und der Hippokampus des limbischen Systems eine schwere Bürde. Sie spüren die Bedrohung und warnen uns vor der Gefahr. Die Warnung erfolgt in der einzigen Sprache, die das System hat - Agitation und Mobilisierung. Was ist die Gefahr? Fehlende Liebe oder die Erfahrung der Todesnähe bei der Geburt. Auf eine diabolische, dialektische Weise verstärken dieselben Traumen und derselbe Liebesmangel, die die Struktur des frontalen Kortex schwächen und seine Synapsen reduzieren, die limbischen Kräfte, die jetzt die Unversehrtheit des Kortex bedrohen. Joseph LeDoux, der anerkannte Akolyth im Studium der Amygdala, glaubt, dass ein Mensch ängstlich und deprimiert wird, wenn emotionale Erinnerung durch das Amygdala-System reaktiviert wird. Seine Forschung zeigt die neuralen Strukturen auf, die in die Reaktivierung emotionaler Erinnerung involviert sind.

Was macht ein kognitiver Therapeut im Wesentlichen? Er stärkt die Kontrolle der linken Hemisphäre beim Patienten, indem er ihn in Gedanken vertieft. In der Primärtherapie arbeiten wir am unteren Ende der Gehirnevolution, indem wir die Wucht der tief eingeprägten Kräfte reduzieren, so dass sie den präfrontalen Kortex nicht mehr dazu herausfordern, ständig Gedanken zu produzieren. Eine Studie in der Science News (2004) untersuchte Personen, die gebeten wurden, unerwünschte Erinnerungen zu unterdrücken; dann scannte man ihr Gehirn. Der präfrontale Kortex dämpfte die Aktivität im Hippokampus dieser Personen und störte so das Wiederauffinden von Erinnerungen. Kurz gesagt verringerten Verdrängung und Schleusung den Zugang zu sich selbst und zur eigenen Geschichte.5

Tranquilizer sind in der Tat Schmerztöter, und einige Tranquilizer kann man in höheren Dosen zur Erzeugung chirurgischer Anästhesie verwenden. Auch hier sehen wir wieder den Austausch zwischen emotionalem und physischem Schmerz. Wenn jemand zum Beispiel Rückenschmerzen hat und monatelang Schmerztöter nimmt und sie dann weiterhin nimmt, nachdem sein Rücken geheilt ist, sieht man ihn als süchtig an. Aber dieselbe Pille, die seinen Rückenschmerz beruhigt, beruhigt auch seine Geschichte - seine Einprägung - und daher rührt das fortgesetzte Verlangen nach der Droge. Die ursprüngliche "antipsychotische" Droge, Thorazin, wurde zuerst von einem französischen Chirurgen verwendet, der feststellte, dass sie Operationspatienten gleichgültig oder apathisch für den Schmerz machten, den sie durchzustehen hatten. Ein Autor bemerkte, dass wissenschaftliche Beweise die Theorie stützen, dass die meisten psychiatrischen Drogen "wirken," indem sie eine Art Anästhesie der Psyche, des Geistes oder der Gefühle erzeugen.

 

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In einer Arbeit von R. Gaunt setzte man Ratten unter Stress (band sie an ein Brett fest) und gab ihnen dann Tranquilizer. Sie schienen ihrem Problem gegenüber gleichgültig, aber ihre Körper waren es nicht. Die Stresshormone verzeichneten hohe Messwerte. Daran müssen wir denken, wenn wir Tranquilizer nehmen; denn der Verschleiß des Körpers geht weiter, auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind.

Beinahe alle von uns sind Gefangene ihres Prototyps - ihres dominanten Funktionsmoduses. Die kognitive Therapie geht davon aus, dass wir jede Menge freien Willen haben. Ich bin mir da nicht so sicher. Wir können innerhalb des Prototyps Entscheidungen treffen, aber er bietet uns einen eher enger Spielraum. Was uns freisteht, ist zurückgehen und herausfinden, wie das alles angefangen hat. Das wird letztlich unseren Entscheidungs-Spielraum im Leben erweitern. Das wird das Blickfeld des Parasympathen erweitern und ihn mehr Chancen ergreifen lassen. Es wird dem Sympathen erlauben, von dem unaufhörlichen Kampf abzulassen, der ihn nie entspannen lässt. Schließlich bringt es unser System wieder ins Gleichgewicht, so dass unser System seine Homöostase findet und ermöglicht, dass wir nicht mehr Gefangene von Medikament um Medikament, Droge um Droge sind. Ein ausgeglichenes System bedeutet, dass sich der chronisch niedrige Testosteron-Spiegel des männlichen Parasympathen normalisiert - was wir nach einem Jahr Therapie festgestellt haben. Es bedeutet, dass er jetzt positiver und weniger deprimiert ist. Ein ausgeglichenes System bedeutet, dass man nicht fünf Tassen Kaffee am Tag trinken muss oder auf koffeinhaltige Cola versessen ist. Es bedeutet, dass man nicht rauchen muss, eine Sucht, die das Leben verkürzt. Es ist die wahre Bedeutung von "frei sein."

Fallstudie: Katherina - Anorexia, Bulimie und Sexualtrauma

(Hinweis: PC ist der Berater des Primal Centers. K ist Katherina, eine Patientin)

PC: Und warum bist du zu uns gekommen?

K: Ich bin gekommen, weil ich kurz an Anorexie litt, als ich 11 und 12 war, und als ich 14 war, litt ich unter Bulimie. Niemand wusste davon, und es ging soweit, dass ich das Gefühl hatte, mich selbst zu zerstören und Hilfe zu brauchen, und dass ich nicht wusste, was ich tun und wohin ich gehen sollte, und Hilfe brauchte, und ich wusste, worauf es sich bezog. Ich brauchte Hilfe.

PC: Beschreibe genau, was Anorexie für dich ist.

K: Anorexie? Als ich 11 war, hörte ich zu essen auf. Ich war in der Schule, meine Mam' hatte wieder geheiratet, eine Menge schwieriger Dinge spielten sich in meinem Leben ab, und ich brauchte meine Mutter; sie sollte sehen, dass ich am Sterben war, dass ich mit all diesen Dingen nicht fertig werden konnte, die mir passierten. Sie sollte sehen, dass ich litt und Hilfe brauchte. Ich war unfähig, sie um diese Hilfe zu bitten und unfähig, es jemanden wissen zu lassen, da ich nicht einmal wusste, dass ich

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Hilfe brauche; ich wollte so dünn wie ein Skelett sein. Ich wollte ihr zeigen, dass ich drauf und dran war zu sterben. Ich wollte allen zeigen, dass ich Schmerzen litt. Es war ein Hilfeschrei. Ich wusste es nicht; ich dachte, dass es nur mit Dünn-Sein zu tun hat und dass meine Freundinnen dünner waren oder dass es mit Essen zu tun hat.

Ich wollte, dass meine Mam' sah, dass ich in ihrer neuen Ehe nicht glücklich war und dass ich all diese Probleme hatte. Ich schließe meinen natürlichen Drang zu essen einfach weg. Ich war so von mir selbst weggeschlossen, dass ich nicht hungrig war. Du denkst, wenn du nicht ißt, bist du hungrig; ich war nicht hungrig. Ich konnte nicht essen; es war unmöglich. Ich wollte einfach sterben. Es war so stark und ich fühlte mich so hoffnungslos. Das war meine einzige Hoffnung, sie zu erreichen.

PC: Du hattest auch Bulimie?

K: Später machte ich Phasen durch, wo ich nicht aß und dann so hungrig war, ziemlich viel aß und dann ausflippte und mich übergab - damit ich es los wurde. Es war ganz einfach. Es war so viel leichter als hungern oder körperliche Bewegung. Wenn ich eine Prüfung hatte oder etwas wirklich Stressiges los war, aß ich und übergab mich, und dann aß ich und übergab mich wieder. Es war wie Masturbation. Es war ein Spannungs-Erleichterer. Dorthin entließ ich meine ganze Spannung und Angst. Ich hatte wirklich niemanden, mit dem ich reden konnte, und so war es meine Art, all diese Spannung freizusetzen und mit ihr umzugehen. Mit ihr umgehen, sie zur Seite legen, damit ich mit meinem Tag weiter machen und in der Schule funktionieren konnte. Ich bekam glatte Einsen in der Schule. Jeder dachte, ich sei die kleine Miss Perfekt; ich hatte diese perfekte Fassade drauf. Wirklich niemand wusste, dass ich mich dahinter selbst umbrachte. Und deshalb war es für mich möglich, so perfekt auszuschauen, weil ich hinter der Bühne dieses heftige Ausagieren hatte.

PC: Welcher Teil der Bulimie war der Spannungserleichterer?

K: Mich übergeben. Essen erleichtert die Spannung auch, aber es verursacht auch Spannung. Weil du dir dann Sorgen machst: "Und dann, wenn ich fett werde, dann wird jeder denken, ich bin okay, und Mam' sieht nicht, dass es Probleme mit mir gibt, also muss ich dieses Essen los werden." Wobei essen sehr befriedigend sein konnte, es gibt dir so eine Art Gefühl, dass du mehr geliebt wirst, als ob du voll bist, etwas hast. Wenn es da zu lange saß, dann musste ich es loswerden, oder es verursachte noch mehr Spannung. Und so würde würde das eigentliche Übergeben.... ich wurde es los und so muss ich mir keine Sorgen machen, dass ich fett werde. Vor allem war es einfach der beste Spannungserleichterer, bis das Feeling wieder Druck machte. Ich musste es wieder tun. Schließlich war es jeden Tag, die ganze Zeit.

PC: Welches Feeling?

 

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K: Das allgemeine Gefühl in dieser Zeit, dass ich keine Hilfe hatte, ungeliebt war und dass man mir nicht zuhörte; ich war die einzige, die wusste, was mit mir los war. Ich war in einer Teenager-Phase, in der ich mich wirklich unsicher fühlte, wenn ich mit jemanden redete. Das waren die gegenwärtigen Gefühle, die ich durchmachte. Ich wurde sexuell belästigt, als ich 5 ½ Jahre alt war, bis ich 8 war. Was mich wirklich zur Therapie brachte, war, dass ich es herausfand. Ich erinnerte mich immer, belästigt worden zu sein, nichts, das in meinem Kopf implantiert war, es war immer da, aber ich hatte ausgeblendet, dass meine Freundin in diesem 3-Jahres-Zeitraum später von demselben Mann mit mir belästigt wurde. Sie hatte eine Erinnerung daran, aber als ich 15 war und sie mir davon erzählte, brach meine ganze Welt auseinander; ich konnte sie nicht mehr zusammenhalten. Ich übergab mich so oft, dass es mir entglitt, und dann meine beste Freundin, die wie meine Schwester war, ich fand heraus, dass ihr das zustieß, und ich bekam einen Haufen Erinnerungen und ich brauchte Hilfe. Das hat mich hierher gebracht; ich hatte einen Zusammenbruch. Dass ich belästigt wurde, die Art, wie ich belästigt wurde, ich hatte konkrete Erinnerungen. Willst du, dass ich die konkreten Erinnerungen durchgehe?

PC: Was meinst du damit, dass du einen Zusammenbruch hattest?

K: Ich erinnerte mich, dass ich belästigt wurde. Ich wusste es immer. Ich erinnerte mich immer an das erste Mal. Wenn es nur um mich ging, dachte ich, ich könnte damit zurecht kommen. Ich kann stark sein, weißt du; es gibt niemanden, der es versteht, und ich werd' keine große Sache draus machen. Sie war jünger als ich, und als ich herausfand, was er ihr antat, hat es einfach meine Welt auseinandergerissen. Ich hatte nicht nur diesen ganzen Input von ihr, was geschah, was alle meine verlorenen Erinnerungen zurückfluten ließ, sondern dieser Mensch in meinem Leben war mir so lieb, wie meine Schwester; diese schreckliche Sache geschah mit ihr, die ich niemandem wünschen würde. Ich hasste mich selbst, weil ich sie nicht schützen konnte. Ich war älter, und ich konnte nichts tun. Ich würde alles tun, wenn ich verhindern hätte können, dass ihr das passierte, wenn ich sie hätte schützen können. Ich stopfte mich voll eine Nacht nach dem, und ich weckte meine Mam' auf, und ich hatte das Gefühl, mich gleich wieder zu übergeben, als würde ich niemals damit aufhören. Ich hatte einfach einen gewissen Punkt erreicht, und ich weinte und ich weckte meine Mam' auf. Ich sagte: "Mam', ich brauche dich. Du musst mich davon abhalten, dass ich mich übergebe; ich kann's nicht. Und sie hatte keine Ahnung, wovon ich redete. Ich weinte und sagte: "Mam', bleib bei mir, lass' nicht mehr zu, dass ich mich übergebe.

Ich habe mich selbstzerstörerisch ausgetobt; ich war dabei, mich selbst umzubringen. Sie blieb bei mir, und ich weinte und weinte. Ich hatte zu der Zeit wegen meiner Probleme eine Therapeutin aufgesucht, die sich mit diesen Erinnerungen befasste, die von meinen Freundinnen kamen. Ich hasste es. Ich mochte meine Therapeutin wirklich, sie war eine wirklich

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nette Person, aber ich kam da herein und begann zu weinen. Ich war kurz davor, eine Erinnerung zu haben oder gerade ein Feeling zu haben, und sie sagte: "Lass uns eine Liste machen." Sie unterbrach mich. "Und das ist so, weil..." sagte sie gewöhnlich, und dann begann sie, mir das ganze Zeug zu erzählen. Es funktionierte einfach nicht; ich wusste, dass ich mehr tun musste. Ich wusste, sobald sie mich vom Weinen abhielt, würde ich mich schrecklich fühlen, und ich würde mich für den Rest des Tages schrecklich fühlen. Es gab keine Erleichterung. Es musste weitergehen.

Ich sagte: "Mam', ich brauche Hilfe, ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich kann nicht. Die Therapie wirkt nicht. Ich muss jemanden sehen." Ich hatte immer etwas von Primärtherapie gewusst, und ich fragte, ob sie noch die Bücher habe, und ich las ein Buch, und es war genau das, was ich brauchte. Ich wusste, ich musste zu diesen Erinnerungen zurückgehen, und ich wusste, ich musste mich mit ihnen wegen mir selbst befassen, nicht nur wegen meiner Freundinnen, so dass ich aufhören könnte, mir selbst weh zu tun und anfangen könnte, wieder mein Leben zu leben. Mein Leben war so lange unterbrochen.

PC: Was verursachte die Anorexie und Bulimie?

K: Erst einmal weiß jeder, der belästigt wurde, dass es dir die ganze Energie nimmt. Du hast keine Energie. Du verstehst nicht, was los ist; du fühlst dich schmutzig, du fühlst dich fett, du fühlst dich häßlich, du fühlst dich wertlos, du fühlst dich dumm. Es zerstört dich. Und in so einem jungen Alter hast du keine Rationalisierung für das, was vor sich geht. Deine Rationalisierung ist: "Ich muss schlecht sein, oder das würde mir nicht passieren. Ich kann mich nicht ändern. Ich muss das ändern können." In meinem ganzen Leben war ich die Miss "Glatte Eins"; ich war das perfekte kleine Mädchen, ich war gut in der Schule, und es war dieses ständige Bedürfnis, ein besserer Mensch zu sein. Wenn ich nicht perfekt war, dann tat es mir weh. Und wenn es nicht mein Fehler war, was geschah, dann war es der Fehler meiner Mam', oder es war sein Fehler, und ich kann es nicht ändern. Wenn ich mich ändern kann, gibt es Hoffnung. Die Rationalisierung für eine Fünfjährige ist: "Das Problem muss bei mir liegen. Der Fehler muss bei mir liegen, weil, wenn er es nicht tut, dann ist es hoffnungslos; ich kann es nicht ändern. Wenn der Fehler bei mir liegt, kann ich es besser machen, ich kann in der Schule besser werden, ich kann mich ändern und dünner werden, ich kann hübscher sein, ich kann dies sein, ich kann das sein." Wenn also so etwas Verrücktes und Fürchterliches und Erschreckendes mit dir passiert, strebst du danach, besser zu werden.

Ich wurde jeden Morgen belästigt, bevor ich zur Schule gebracht wurde. Meine Mutter lebte mit diesem Mensch zusammen; er war ihr Freund. Wir lebten mit ihm zusammen. Sie ging aufs College. Sie musste früher als ich gehen; meine Schule begann nicht vor 9 Uhr vormittags. Ich wachte auf, und er belästigte mich in der Regel. Das war sehr verstörend. Ich habe ernste Probleme mit der Morgenzeit im Allgemeinen; ich hasse den Morgen. Ich meine, jetzt nicht mehr. Jetzt genieße ich das

 

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Sonnenlicht am Morgen, aber ich wachte gewöhnlich auf und fühlte mich stundenlang schrecklich und deprimiert.

Wenn du die Situation ansiehst, ich wurde total missbraucht und ging dann zur Schule, wo ich fröhlich sein und Stoff bewältigen und mit diesen Leuten zusammen sein musste, und ich ging durch diese Hölle zuhause. So nahm er mich und belästigte mich, und ich war wach, und dann lass' uns was anziehen und frühstücken. Ich erinnere mich, dass meine Mam' mir keinen Zucker ließ. Einmal hatten wir wir diese Zucker-Zerealien.  Normalerweise ist ein Kind wie: "Zucker!" ,und es ist glücklich. Ich erinnere mich, wie ich über dieser Schüssel mit Smushbeeren oder dergleichen saß und mich nur übergeben wollte. Man erwartete, dass ich mit dieser täglichen Routine weitermachte, nach dem, was gerade geschehen war, und ich sitze über diesem Essen und ein Teil meiner Gefühle wollte sich übergeben, ein Teil sagte: "Was hat es für einen Zweck zu essen?" Es war hoffnungslos. "Was hat es für einen Sinn zu leben? Was hat es für einen Sinn, wenn ich weitermache?"

Nach dem, was gerade geschehen war, hatte ich kein Verlangen zu essen, und ich war so krank, und es war wie "igitt", wenn ich was aß; es war wie Sandpapier. Es ist, als könnte ich das Essen nicht mehr schmecken. Mir wird so, wie wenn ich mich übergebe. Ich schmecke nicht, was ich esse. Ich esse alles, was im Kühlschrank ist, Unmengen davon. Es ist so eine Art dieses Gefühl wiederzuerleben, zum Essen gezwungen werden, wenn du kein Verlangen danach hast. Du schmeckst das Essen nicht. Ich habe es in meinen Hals hinuntergeschoben und dann war mir schlecht. Und ich habe so viel gegessen, dass mir schlecht werden musste. Und an dem Punkt war ein Bissen zu viel, weil ich nicht hungrig war und mir schlecht war. Das ist definitiv eine starke Erinnerung, die ich durchmachen musste. Ich musste durch die Zerstörung durch von dem, was gerade geschah, und ich war nie wieder dieselbe, und ich hatte auch die Traurigkeit, den Verlust, die Verwirrung und den Wunsch, aus dem Haus zu laufen und zu schreien und meine Mutter anzurufen und zu weinen und das Essen auszukotzen.

Die größte Sache war die Bulimie, wie verstärkte Oralkopulation, die jeden zum Kotzen bringen würde. Das war eine Erinnerung, die mir später kam. Ich kam zu einer Sitzung, und ich hatte mich in dieser Phase oft übergeben, und ich hatte gerade gegessen und konnte das Essen in meinem Magen fühlen, und ich sagte meinem Therapeuten: "Ich muss mich übergeben. Ich sterbe gleich. Ich muss das aus mir herauskriegen. Ich sterbe. Ich muss. Es tut mir Leid." Ich unterbrach die Sitzung; ich muss das los werden, es macht mich verrückt. "Ich werde nicht fertig damit. Ich muss mich übergeben. Es ist ein so großer Zwang." Er sagte mir: "Geh mit, bleib dabei." Und ich fing gerade heftig zu würgen an und spürte ganz plötzlich diese Hand in meinem Nacken. Es hatte nichts

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mit Essen zu tun. Ich wurde gezwungen, etwas Fürchterliches zu schlucken. Es brachte mich zum Kotzen.

Wenn ich Nahrung bei mir behalte, kommen alle diese Gefühle hoch, alle diese Erinnerungen und alle Empfindungen, das Bedürfnis, diese Nahrung loszuwerden, so dass ich mich nicht damit befassen muss. Auf diese Weise muss ich mich nicht erinnern. Ich muss mich mit dieser Erinnerung nicht befassen. Die Erinnerung kommt nicht einmal hoch. Ich erschaffe die Situation neu, nur dieses Mal kann ich es loswerden. Ich übergebe mich. Indem ich dieses Essen an einem Tag bei mir behalten habe, hatte ich diese Erinnerung, die eine so große Szene war; sie veränderte mein Leben. Alles, was der Therapeut sagen musste, war "Geh mit." Mein Körper war richtig dort; er erlebte es bereits, reagierte auf diese Nahrung und auf das Gefühl zu essen, als wäre ich 5 gewesen.

Mein Körper war noch immer in dieser Zeitperiode gefangen, wo alle diese Emotionen ungefühlt blieben; sie wollten ganz verzweifelt freigesetzt werden. Das ist die Reaktion meines Körpers und deshalb war es so ein Zwang. Weil, wenn ich aß, aß ich zu viel, oder wenn ich in einem bestimmten Zustand war und aß, war ich genau wieder dort zurück. Die Leute haben zu mir gesagt: "Wie kannst du dir das antun? Es ist ekelhaft; du verletzt dich selbst." So denkst du nicht, wenn du das tust. Du denkst nicht über deinen Körper nach, denkst nicht an deine Zähne, du denkst: "Ich werde sterben, wenn ich es nicht tue. Ich rette mein Leben." Es verhinderte, dass der Schmerz hoch kam.

Mein Denken war nicht rational; es war denken wie diese 5-Jährige. Somit stehen deine Emotionen im Vordergrund und du sagst nicht: "Das ist schlecht für meine Zähne." Genau das ist Zwang. Da ist kein Platz für Rationalisierungen, es sei denn in der Richtung von: "Ich kann mich übergeben, weil ich einen Haufen Käse esse und es sowieso nicht gut für mich war." Du kannst so argumentieren. Jetzt habe ich ein paar meiner Kindheits-Schmerzen wiedererlebt, und ich habe mehr Kontakt zu meinem Körper. Ich kann sagen, wann ich hungrig bin und wann ich nicht hungrig bin, und wenn ich mich beim Essen erwische, wird es sein wie "K, du bist nicht hungrig, du musst jetzt nicht essen; du bist aufgeregt, weil du gerade in einen Streit mit deinem Vater geraten bist", oder was immer. Aber vorher konnte ich damit keinen Kontakt haben. Ich konnte damit keinen Kontakt haben, weil ich nicht klar dachte; Ich habe mein Wissen nicht eingesetzt. Ich war ein Opfer meiner Gefühle.

PC: Wie hilft es dir, wenn du es wiedererlebst?

K: Indem ich durch diese Dinge in meinem Leben gehe, diese Ereignisse, die nicht zu Ende gebracht wurden, und sie in einer sicheren Umgebung wiedererlebe und so reagiere, wie ich es nie konnte. Es war nicht sicher. Es war unmöglich. Indem ich es getan habe, war ich in der Lage zu erkennen, dass es nicht mein

 

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Fehler ist. Ich hatte keine Kontrolle über die Situation; das sind zwei wichtige Dinge, die ich erkannt habe. Als Kind dachte ich, es sei mein Fehler, und war total verwirrt. Indem ich es wiedererlebte, konnte ich mein Verhalten für mich selbst verstehen, weil, nachdem ich Dinge in einer Sitzung wiedererlebe, setze ich mich auf und es ist wie "Darum habe ich das getan, darum," es war wegen dieses Vorfalls, wo ich über diesen Zerealien sitze und 5 ½ bin und schreckliche Angst habe und dieses Gefühl habe. Deshalb esse ich, wenn ich nicht hungrig bin; deshalb fühle ich Zerstörung. Vorher war es ein unbewusstes Verhalten; jetzt ist es ein bewusstes Verhalten.

PC: Was waren die Gründe für diese Gefühle?

K: Sich hoffnungslos fühlen, sich gehasst fühlen, missbraucht werden, niemanden haben, mit dem man reden kann, nicht reagieren können, sich mit allem befassen müssen, was in mir los war. Das ganze Zeug, das sich abspielt, alles hinnehmen und sich damit befassen müssen, und du hast in diesem Alter nicht einmal die geistige Fähigkeit zu begreifen, was geschieht; du hast keine Ahnung. Und weil ich damit fertig werden musste, habe ich in meinem ganzen Leben nie um Hilfe gebeten, weil ich es nicht konnte. Ich habe bei einer Prüfung nie um Hilfe gebeten, habe bei nichts um Hilfe gebeten. So hatte ich in meinem ganzen Leben diese geheime Seite an mir, die mich zerstört, und es war dieses unbewusste Verhalten, das von all den Momenten gesteuert wurde, als ich Hilfe brauchte und niemand da war und ich nicht darum bitten konnte und nicht einmal wissen konnte, dass ich Hilfe brauchte. Ich wusste nicht, was passierte. Ich wusste nicht, was nicht stimmte.

Ich war bulimisch, ich glaube, weil ich dünn sein wollte. Und jetzt kommt es nur hoch, wenn ich in einem Film eine Vergewaltigungsszene gesehen habe oder in einer sexuellen Situation bin und mich unwohl fühle und nichts dagegen mache; ich halte es nicht auf. Ich muss den erzwungenen Oralsex wiedererleben, dann verschwindet der Drang. Alles, was diese alte Erinnerung auslöst, weckt in mir den Wunsch zu essen und mich zu übergeben; es ist nicht so, dass ich denke "Ich will dünn sein." Ich weiß, dass ich es wegen dieser oder jener Erinnerung tue, die hochkommt; ich weiß, da drin ist noch mehr Erinnerung.

Ich hatte so viele verdrängte Erinnerungen, dass mein Gehirn einfach eine Methode ersann, diesen Schmerz freizusetzen. Es geschah immer durch mein Essen und mein Hungern und Mich-Vollstopfen. Das wieder zu erleben hat mich somit mit dem verknüpft, was die Probleme wirklich sind. Wenn mich jetzt jemand nicht respektiert, weiß ich es. Ich kann sagen, dass sie es tun, und ich kann sagen "Ich mag das wirklich nicht, das ist nicht fair mir gegenüber, mir ist wirklich unwohl dabei, ich muss damit aufhören." Ich kann wütend werden.

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Es hat mir Kraft gegeben, dass ich durch das Wiedererleben dieser Erinnerungen die Vergangenheit mit der Gegenwart verbunden habe, es hat mir meine Macht zurückgegeben, und es hat mir ermöglicht zu wissen, was ich fühle und warum ich etwas tue, und warum ich den Drang habe, das zu tun, was ich tue, und worauf es sich bezieht und warum ich es in der Vergangenheit hatte und wie ich es jetzt beenden kann. Es hilft mir zu kommunizieren und zu wissen, wie ich mich fühle, in Einklang mit meinem Körper zu sein, zu wissen, wann ich hungrig bin und wann nicht. Alles in allem weiß ich mehr von mir selbst und meinem Körper. Das ist wirklich wichtig.

 

 

 

 

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KAPITEL 8

DURCHTRENNUNG UND DISSOZIATION: DAS SCHLEUSENSYSTEM DES GEHIRNS IN AKTION

Die Leute bezeichnen jemanden, der oder die gut angepasst ist, oft als "gut geerdet" oder "zentriert," oder sie sagen, dass er oder sie "alle beisammen" haben. Vielleicht wäre eine zutreffendere Beschreibung, dass so eine Person "verknüpft" ist, weil ein voll verknüpftes Gehirn genau das ist, was jemand wirklich hat, wenn er oder sie "alle beisammen" hat, und das ist absolut notwendig, wenn man echtes volles Bewusstsein erfahren will. Verknüpfung bedeutet, dass ein vollständiger operativer Fluss zwischen tieferen Gehirnebenen und nach oben existiert, und ebenso vom rechten präfrontalen Kortex zum linken.

Andererseits ist Neurose ein Zustand der Nicht-Verknüpfung; Systeme, die sich miteinander verbinden sollten, tun es einfach nicht. Das trifft auf Psychose doppelt zu, bei der Schmerz viel früher auftritt und viel tiefer ist als bei Neurose. Bei Psychose gibt es radikale Veränderungen in der Anordnung von Nervenzellen, so dass einige Neuronen in limbischen Strukturen auf dem Kopf stehen. Ein Trauma stört die Verbindung ziemlich auf dieselbe Weise, wie statische Elektrizität ein klares Telefongespräch stört: je mehr statische Elektrizität es gibt, umso schwerer fällt das Hören. Beim Gehirn ist das Geräusch umso stärker, je stärker das Trauma ist. Das Gehirn trennt den Schmerz jedes Traumas ab, das zu groß ist, als dass das Gehirn es ertragen könnte, legt ihn beiseite und schafft eine Einprägung, die Myriaden körperlicher und psychischer Gesundheitsprobleme entstehen lässt.

Wenn das Gehirn in der kritischen Periode ein Trauma erlitten hat, dann ist es für das Individuum um so schwieriger - und schmerzvoller - die Verknüpfung wieder herzustellen; man muss den Schmerz des Traumas in seiner ganzen ursprünglichen Intensität wiedererleben und fühlen. Ich sagte nicht "wieder-fühlen", weil dieser Teil der Erinnerung ursprünglich nicht voll erfahren wurde. Erinnern Sie sich bitte, dass ich zu Beginn dieses Werks behauptete, dass nur ein kleines Stück sehr früher Traumen erlebt (gefühlt) werden kann. Der Rest wird gespeichert, bis wir,

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unter der Voraussetzung einer förderlichen therapeutischen Umgebung wieder fühlen können. Was nicht gefühlt wurde, ist die Leidenskomponente, die mit der Erinnerung dieses Traumas weggeschlossen wurde. Leiden ist Teil der Erinnerung, der Gefühlsteil, der durch das Schleusensystem verdrängt wurde.

Es ist nicht möglich, durch einen leichten „Fühl-dich-gut“-Prozess wirklich gesund zu werden, der letztlich das Verkaufsargument ist, das hinter Meditation, Hypnose, Akupunktur und allen kognitiven Therapien steckt. Was sie anbieten, ist zeitweilige Linderung für das Leiden des Patienten, und für gewisse Zeit wenigstens wird der Patient sich besser fühlen. Aber nach Jahrzehnten der Arbeit auf dem Gebiet der klinischen Psychologie kann ich Ihnen sagen, dass es keine Besserung gibt, wenn der Patient in der Therapie nicht leidet. No pain, no gain. Kein Schmerz, kein Gewinn. Unsere Patienten haben ihn als Schmerz beschrieben, der nicht weh tut; in dem Augenblick, in dem man ihn fühlt, wandelt er sich in ein Feeling. Feelings sind natürlich.

Wen man von einem starken Gefühle dissoziiert ist, nenne ich das Nicht-Verknüpfung oder Durchtrennung der Verknüpfung: buchstäblich ein Durchtrennen der Bänder von tieferen Gehirnstrukturen zum präfrontalen Kortex und von der rechten Hemisphäre zur linken. Diese Durchtrennung resultiert aus der Schleusung, ein System innerhalb des Gehirns, das verhindert, dass Schmerz durchdringt. Wir sehen das in der Primärtherapie jeden Tag, weil Patienten, die der Verknüpfung nahe kommen, intensiven Schmerz fühlen, eine Verbindung von Einprägungen tieferer Ebenen mit dem vollen Bewusstsein. Wenn eingeprägte Erinnerung sich ins volle Bewusstsein einzuklinken beginnt, leidet die Person; sie erlebt genau dasselbe Maß an Qualen, das mit dem ursprünglichen Erlebnis auftrat - zum Beispiel dasselbe Muster der Vitalfunktionen. Die Reaktion des Patienten ist exakt; weder über- noch untermäßig. Wenn es darum geht, dass man bei der Geburt beinahe an Sauerstoffmangel gestorben wäre, ist das Leiden unbeschreiblich. Wir sehen die Rolle der Schleusung und Durchtrennung sofort. Wir sehen sie in hohem Blutdruck, beschleunigter Herzfrequenz und erhöhter Körpertemperatur.

Wenn Patienten einen Zustand erreichen, in dem sie dem Fühlen nahe sind, leiden sie; wirkliches Fühlen setzt dem Leiden ein Ende, auch wenn die zu fühlende Erfahrung Schmerz involviert. Dem Fühlen nahe bedeutet, dass die Leidenskomponente Eingang ins volle Bewusstsein findet, die Verbindung aber noch nicht hergestellt hat. Verknüpfter Schmerz ist kein Schmerz mehr; er ist Fühlen und er ist Bedürfnis. (Somit bewirkt das Fühlen des ursprünglichen Schmerzes in einem dialektischen Prozess, dass er sich in sein Gegenteil verwandelt. Wenn man ihn nicht fühlt, bleibt der Schmerz intakt.) Wenn das Feeling vom Hinstamm aufwärts durch die rechte Seite des Gehirns seinen Weg zum orbito-frontalen Bereich geht, gewinnt es an Kraft, was schließlich dazu führt, dass es sich der Kontrolle der linken Seite "entzieht." Nachdem das geschehen ist, eilt es zu seinem Gegenstück auf der linken Seite, um die Verknüpfung herzustellen. Der Kraftzuwachs ist auf den Verstärkungsprozess zurückzuführen - das prototypische Ereignis, über das sich postnatale Säuglings-, Kleinkind- und Kindheitstraumen schichten. Wie der Neurobiologe Dr. David

 

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Goodman es ausdrückt: "Die Primärtherapie hält die Zügel des Vergangenheits-Schmerzes, der uns steuert, in ihrer Hand." Es gibt ein neues vereinigtes Kommando. Es gibt keine Hippokampus-/Amygdala-Turbulenzen mehr unter der Oberfläche, die uns krank machen.

Gefühle sind dazu bestimmt, dass sie der Evolution folgen, sich in Richtung präfrontal-kortikaler Verknüpfung und Integration bewegen. Gefühle scheinen immer zu versuchen, aus der Falle des Unbewussten zu entkommen, als würde das System erkennen, dass Unbewusstheit letztlich eine Gefahr und kein natürlicher Zustand ist. Gefühle sind ein Anpassungssystem; sie helfen uns, aus einem Gewirr von Input zu selektieren, was wichtig ist und worum man sich kümmern muss. Sie sagen uns, was sachdienlich und relevant ist und was man vernachlässigen kann. Der Besessene kann nicht "vernachlässigen." Er muss sich Dingen zuwenden, denen er sich nicht zuwenden sollte, und wenn er zu tiefen Gefühlen gelangt, hört die Besessenheit auf. Joseph LeDoux glaubt, das emotionale Systeme in der Evolution für Anpassungszwecke erhalten blieben. Gute und schlechte Gefühle helfen uns, dass wir uns entweder auf Stimuli zu- oder von ihnen wegbewegen. Oft wählen wir eine Therapie, die uns gut fühlen lässt, und meiden eine, die Schmerz hervorruft. Unsere Therapie wählen Leute, die bereits Schmerz leiden und ihn die ganze Zeit fühlen.

Es ist nicht möglich, durch einen leichten „Fühl-dich-gut“-Prozess wirklich gesund zu werden, der letztlich das Verkaufsargument ist, das hinter Meditation, Hypnose, Akupunktur und allen kognitiven Therapien steckt.



Jedes System strebt nach Bewusstsein, weil Bewusstsein Überleben bedeutet. Es sind hier zwei Dynamiken in Aktion. Eine ist die Tendenz zum Bewusstsein, und die zweite ist die Tendenz zur Durchtrennung/Unbewusstsein, wenn das Bewusstsein des Schmerzes überwältigend zu werden droht. Wir müssen bewusst sein, aber nicht so bewusst, dass das System, besonders das denkende/navigierende System, in Gefahr ist. Wir müssen uns sowohl der inneren als auch äußeren Gefahr bewusst sein.

DIE EVOLUTION DER GEFÜHLE

Das limbische System ist im Alter von 3 Jahren ziemlich gut entwickelt, wenn der orbitofrontale Kortex online geht und Gefühle auf einer höheren Ebene repräsentiert. Es ist die Zeit, wenn wir anfangen, Sprache zu gebrauchen, um unsere Gefühle zu beschreiben. Wir haben

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in diesem Alter bereits eine ganze Lebenszeit an emotionalen Erfahrungen in unser System versiegelt. Hier schaffen wir die Grundlagen dafür, in unseren Köpfen zu leben anstatt in unseren Gefühlen; wir verlieren den Kontakt mit unseren Instinkten und Körpern. Unsere physischen Körper sind nicht gut koordiniert, und wir werden linkisch. Wir sind im Sport nicht gut, aber besser bei abstrakten intellektuellen Beschäftigungen. Nicht gut in feiner Auge-Hand-Koordination, aber besser in Philosophie. Es ist der rudimentäre Beginn einer Flucht, die von unserer Innenwelt weg und zur Außenwelt hinführt. Es ist klar, warum so viele Intellektuelle beim Sport unkoordiniert sind. Und wie ich anderswo aus der Studie des London Institute of Psychiatry zitiere, folgen uns die Grundmerkmale, die wir im Alter von 3 Jahren entwickeln, durchs ganze Leben.

Das traumatisierte Gehirn hat andere kognitive Fähigkeiten. Es ist nicht so, dass ein Trauma allein das Gehirn beeinträchtigt; vielmehr ist es angehäufter Liebesmangel, der dazu führt. Wenn wir in Betracht ziehen, dass das rechte emotionale/limbische Gehirn in den ersten Jahren, wenn Berührung und Liebe absolut entscheidend sind, sich in einer Phase beschleunigten Wachstums befindet, ist es klar, dass es lebenslange Folgen für unsere Emotionen hat, wenn diese fehlen. Das trifft insofern besonders zu, als das rechte Gehirn mit der linken intellektuellen Seite in Beziehung steht und diese informiert. Zum Ende des zweiten Lebensjahres  kommt es auf der linken Seite des frontalen Gehirnbereiches zu einem Wachstumssprung.

Die Verdrängungskraft entspricht der Kraft des Traumas und setzt das System die ganze Zeit unter hohen Druck.



Wenn Einprägungen einer tieferen Ebene keine Informationen zu höheren Ebenen senden können, ist die Kommunikation schlecht und die Verbindung wird schwierig. Auf eine ziemlich bildliche und oft buchstäbliche Art und Weise trifft zu, dass Neuronen, die nach außen und oben wachsen sollten, um Kontakte herzustellen, dies nicht tun. Es gibt weniger synaptische Verknüpfungen und weniger Dendriten, und das Ergebnis ist ein Zurückziehen oder Schrumpfen von Neuronen, das auf Traumen zurückzuführen ist. Das Gehirn, das "weiß," dass Verknüpfung überwältigend ist, scheint sich einzuschränken und zieht seine Nervenfasern zurück, so dass sie nicht ankoppeln können. Die Distanz zwischen Erfahrung und ihrer Bewusstheit wird größer, und wir haben einen größeren "Janovschen Spalt."

Mangelnde Verknüpfung und/oder mangelnde Integration bedeutet letztlich Zerstückelung psychischer und körperlicher Systeme. Wenn die Energie des frühen Traumas stark genug ist, breitet es sich umfassend aus, und die Symptome sind schwerwiegender. Wenn der Schmerz früh eingetreten und katastrophal ist, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er zu Symptomen führt,
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die gleichermaßen katastrophal sind. Der Grund dafür ist, dass die Verdrängungskraft der Kraft des Traumas entspricht und das System die ganze Zeit unter hohen Druck setzt. Wenn also das Trauma lebensbedrohlich war, kann es zu Krankheiten führen, die lebensbedrohlich sein werden. Um dem ein Ende zu setzen, brauchen wir Verknüpfung.

Wir verstehen, dass jeder übermäßige Input, sei es Kälte, Wind oder Hitze, Schmerz bereitet. Wenn ein Gefühl erlebt wird, wird es seiner Qualen beraubt und wird einfach zu einer Erinnerung. Das kommt daher, weil das, was man in der Therapie zum ersten Mal erlebt hat, der Agonie-Anteil des Feelings war. Der ist jetzt in das System integriert. Die schwerste Agonie liegt auf der ersten Linie. Wenn wir den Schmerz nicht ‚in voller Blüte' erleben, müssen wir uns offensichtlich Kompensationmechanismen (als Ausagieren bekannt) aneignen, um ihn - vielleicht mit Medikamenten - zurückzuhalten. Das ist der Preis, den wir für das Nicht-Fühlen zahlen. In einigen Fällen benutzen wir Medikamente paradoxerweise als Mittel, um zum Schmerz zu gelangen, nicht um ihn zu vermeiden - um die Kraft der Leidenskomponente auf kleine Gefühlsbrocken in Häppchen-Größe zu reduzieren. Deshalb kann es in der Primärtherapie keine Eile geben; das System lässt jeweils nur ein gewisses Maß an Integration zu. Medikamente verwendet man, um den Zugang zu ermöglichen und nicht, um ihn zu verhindern. Ich möchte mich klar ausdrücken: Wenn ein Feeling überwältigend ist, wie das Gefühl totaler Verlassenheit oder das Schreckensgefühl, wenn man eine Kindheit mit einem gewalttätigen, betrunkenen Vater durchlebt hat, kann man nur ein kleines Stückchen des Feelings erleben. Wir benutzen Tranquilizer wie Prozac und Zoloft ( die Serotonin-Förderer), um den Schmerz zu mäßigen, so dass man einen Teil davon fühlen kann. Das Problem ist, dass jede gegenwärtige Situation, wie z.B. ein tyrannischer Chef, den gesamten frühen Terror wiedererwecken kann, und das Ergebnis ist schreckliche Angst. Die Angst ist reiner Terror, der so katastrophal ist, das man ihn nur global - systemweit - als Angst fühlen  kann,  und nicht als spezifischen Terror vom Lebensanfang, wie zum Beispiel das Geburtstrauma.

Eine Patientin musste vor der Klasse eine Rede halten. Sie hatte überwältigende Angst, und sie stammelte und stotterte. Sie "wusste," sie würde es falsch machen. Wir nahmen die Rede-Situation und die damit verbundenen Gefühle und halfen ihr in ihre Vergangenheit, wo sie von ihrer Mutter ständig kritisiert wurde. Ihre Mutter ließ sie fühlen, sie sei im Unrecht, obwohl es ihre Schwester war, die nicht gehorchte. Von dort ging sie zu der Steißgeburt zurück, bei der alles schiefgelaufen zu sein schien. Eingraviert wurde eine Empfindung oder eine Vorahnung, das alles schiefgehen würde. Später im Leben nahm es eine Bedeutung an: "Es wird schiefgehen."

Nichts am menschlichen System ist launenhaft; die Kürzung oder Straffung von Neuronen gibt es, weil sie eine biologische Funktion hat. Wenn ein frühes Trauma existiert, gibt es auch Neuronen-Straffung (eine radikale Eliminierung) in der Amygdala und

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im orbitofrontalen Kortex, so dass die Verknüpfungen zwischen ihnen weniger robust sind, was Bestandteil des Abwehrsystems ist. Was Straffung in unserem Schema wirklich bedeutet, ist, dass Schmerz aufgrund von Liebesmangel und/oder aufgrund eines Traumas das Gehirn veranlasst, seine Kräfte dort anzuhäufen, wo sie gebraucht werden, und dort zu kürzen oder straffen, wo sie weniger nötig sind. Die Gehirnstruktur verändert sich! Als Ergebnis haben wir ein Gehirn, das aus dem Gleichgewicht geraten ist, ein Gehirn mit weniger kortikaler Kontrolle über Impulse und verringertem Informationsfluss von unten nach oben. Traumen neigen auch dazu, die Rechts-Links-Schaltkreise im Corpus callosum auszudünnen, so dass Verknüpfung viel schwieriger wird. Es ist ziemlich dasselbe, als würde man eine vierspurige Autobahn auf eine einzige Spur reduzieren - der durchlaufende Informationsfluss verringert sich.

Verknüpfung normalisiert jeden Aspekt unseres Seins. Das System ist in Harmonie. In der kognitiven Therapie kann es große Disharmonie geben zwischen dem, was wir fühlen und dem, was wir denken. Zu oft geht die Anstrengung dahin, neu zu arrangieren, was man  über die Gefühle denkt , und das Ergebnis ist mangelnde Harmonie, besonders wenn man weiß, wie beschaffen diese Gefühle sind. Verknüpfung bedeutet ein Fließen zwischen Gefühlen, die dem tieferen Gehirn entstammen, und dem frontalen Kortex auf höherer Ebene, wo Gedanken stattfinden; genauer noch vom rechten Frontalbereich zum linken. Ich habe nie gesehen, dass der Begriff der Verknüpfung in der Kognitions- oder Einsichts-Therapie diskutiert wurde, obwohl er das wesentliche Element der Heilung ist. Wenn unsere Patienten in Sitzungen beginnen, sich tiefen Gefühlen zu nähern, steigt der Herzschlag auf ein gefährlich hohes Niveau. Diese Werte fallen nach der Verknüpfung steil ab. Die Frage, die jeder Psychotherapeut beantworten muss, lautet: "Warum geschieht das?" Es weist wieder auf die Tatsache hin, dass eingeprägte Feelings gefährlich sein können und das Gehirnsystem mobilisieren, um der Bedrohung zu begegnen, als würde es sich um ein Virus handeln.

DER RECHTE OBFK: WÄCHTER ÜBER DIE VERBINDUNG ZU UNSERER GESCHICHTE

Wo also ist das Schwarze, das Ziel, das tiefere Zentren des Gehirns anvisieren müssen, damit richtige Verknüpfung zustande kommt? Es ist der rechte orbitofrontale Kortex (OBFK), eine Schlüsselstruktur, die einem Menschen ermöglicht, volles Bewusstsein zu erleben (das heißt, volles Bewusstsein von Schmerzgefühlen zu haben, deren Kraft zu stark war, als dass man sie hätte fühlen können). Der OBFK, der Teil des Neokortex, der direkt hinter den Augenhöhlen liegt, erreicht zwischen dem 18ten und 24sten Lebensmonat eine gewisse Reife. Der rechte OBFK erhält auf der rechten Gehirnseite Gefühlsinformationen und hilft, sie zu verschlüsseln; er unterstützt die Gefühlskontrolle und ist vor allem daran beteiligt, Gefühlsinformationen wiederzufinden und sie in den linken OBFK zu integrieren. Das ist eine große Aufgabe. Dank dem rechten

 

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OBFK können wir wissen, was wir fühlen, und fühlen, was wir wissen - wenn er nur den linken präfrontalen Kortex darüber informiert, was er weiß und fühlt. Der linke präfrontale Bereich filtert und reguliert sensorischen Input sowohl von außen als auch von innen. Oft lässt er die Emigration von der rechten Seite nicht zu, die wie ein unerwünschter Alien behandelt werden kann.

Wenn wir volles Bewusstsein wiedergewinnen wollen, müssen wir die orbitofrontale Kortexkarte benutzen, um das nonverbale Gehirn, den rechten limbischen Bereich und den Hirnstamm zu durchsuchen, so dass wir die entferntesten und ältesten Erinnerungen wieder aufspüren können.


Der orbitofrontale Kortex stellt eine Karte unserer inneren Lebensgeschichte bereit und registriert Informationen von weiter unten, von präverbalen Erinnerungen, und liefert dann ein Kodiersystem höherer Ebene, das dem Feeling einen Namen gibt. Es ist wie ein GPS (globales Positioniersystem), dass uns ständig informiert, wer wir sind, wo wir sind und wohin wir gehen. Diese Karte wird in einer neurobiochemischen Sprache verfasst. Ihre Kennfrequenz wird auch verzeichnet. Ein Schlüssel, wie wir Informationen speichern, besteht aus bestimmten Frequenzen, die dann mit höheren Frequenzen resonieren und die Herstellung der Verbindung unterstützen. Es kann sein, dass eingeprägte Gefühle "wissen", dass sie Freunde in höheren Kreisen haben und ihre Bekanntschaft machen müssen. Wichtig am OBFK ist, dass er Repräsentationen aus der Tiefe des Gehirns enthält. Auf diese Weise sind wir uns unseres Innenlebens bewusst, ein Leben, das mit Worten nichts zu tun hat. Wenn ich sage, wir sind uns bewusst, bedeutet das, dass die Information im rechten OBFK zum linken geleitet wird, und genau dort werden wir uns bewusst.

Weil der OBFK eine Karte unserer inneren Umwelt bereitstellt, kann man dort frühesten Missbrauch und Liebesmangel verschlüsselt vorfinden. Weil die rechte Seite sich vor der linken entwickelt, sind viele unserer Erfahrungen auf Leben und Tod im Mutterleib oder bei der Geburt hier verzeichnet. Das macht das Wiederaufspüren durch eine auf das Linkshirn ausgerichtete Therapie (Kognition) nahezu unmöglich. Wenn wir volles Bewusstsein wiedergewinnen wollen, müssen wir die orbitofrontale Kortexkarte benutzen, um das nonverbale Gehirn, den rechten limbischen Bereich und den Hirnstamm zu durchsuchen, so dass wir die entferntesten und ältesten Erinnerungen wieder aufspüren können. Verdrängung und Schleusung verhindern das Wiederaufspüren; dieser repressive Prozess verbraucht kontinuierlich Energie. Wir sehen das bei Depression, wenn es zu einer Art Herzschwere kommt; mühsames Atmen; und mühsame, schwerfällige Bewegungen. Auch

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dadurch erkennen wir, dass Depression schwere Verdrängung involviert; die Energie wird im Dienste der Unterdrückung von Gefühlserinnerungen verbraucht.

Im Großen und Ganzen ist "Bewusstheit" linkes Gehirn, aber das bedeutet nicht unbedingt Sprache. Volles Bewusstsein ist harmonische Zusammenarbeit zwischen rechtem und linkem Gehirn. Nebenbei bemerkt ergab eine Studie zweier Psychologen an der UCLA, Eisenberger und Liberman, dass Leute, die weniger Unbehagen erlebten, mehr präfrontale Kortexaktivität aufwiesen.1 Wieder sehen wir, dass höhere Zentren fähig sind, tiefere Zentren zu unterdrücken und zu beruhigen. Sie fanden auch heraus, dass körperlicher und emotionaler Schmerz dieselben Bahnen im Gehirn benutzen. Kurz gesagt: Schmerz ist Schmerz, ganz gleich, woher er kommt; emotionaler Schmerz ist körperlich. Er ist nicht nur in unserer Psyche, nicht nur psychologisch, und kann nicht allein auf der psychologischen Ebene behandelt werden.

Wir wissen, was geschieht, wenn es in einer Sitzung zu Bewusstheit ohne Verknüpfung kommt - als "Abreaktion" bekannt. Die Vitalwerte steigen und fallen auf sporadische Weise und liegen selten unter den Ausgangswerten. Oft geschieht das in den Pseudo-Primärtherapien, wo man den Patienten sagt, was sie fühlen und wie sie sich fühlen sollen. Hier bewegen sich die Vitalwerte überhaupt nicht. Deshalb messen wir die Vitalwerte vor und nach jeder Sitzung. Wir maßen die Werte eines neuen Patienten, der Pseudo-Primärtherapie gemacht hatte. Er ging durch frühe Gefühle, die real aussahen. Seine Vitalfunktionen änderten sich nie, und das deutete auf Energiefreisetzung hin aber nicht auf Verknüpfung. Solange keine Verknüpfung zustande kommt und keine Verlagerung der Gehirnprozesse von rechts nach links, gibt es keine entsprechenden Veränderungen der Physiologie.

Das darf man nicht mit angemessenen Emotionen verwechseln, mit denen jemand Wut über eine Ungerechtigkeit oder Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen ausdrückt. Das sind angemessene Gefühle, keine neurotischen.

Das rechte limbische Gehirn und der Hirnstamm sind für einen Großteil unserer Erregung verantwortlich, während das linke Gehirn beruhigend wirkt. Wenn es zu übermäßiger Erregung kommt aufgrund unbefriedigter Bedürfnisse und Erinnerungen, die im Hirnstamm und limbischen System gespeichert sind, kann der linke orbitofrontale Kortex dabei helfen, diese Erregung zu dämpfen und ein falsches Gefühl von Ruhe erzeugen. Das ist ein Schlüsselelement der kognitiven Therapie. Wie ich aufgezeigt habe, war ein Grund für die Entwicklung des linken Gehirns tatsächlich der, den Verdrängungsprozess zu unterstützen;  Schmerz ausreichend in Schach zu halten, so dass wir im Alltagsleben funktionieren können.

Der orbitofrontale Kortex kann auch die Erregung hemmen oder dämpfen, die auf Anordnung des Hypothalamus zur Hypersekretion von Stresshormonen führt. Wenn der OBFK angemessen entwickelt und verknüpft ist, kann er Aggressionsimpulse blockieren und Terror kontrollieren. Man hat gezeigt, dass Mörder eine geringere Aktivierung des OBFK aufweisen, wenn ihnen bestimmte

 

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Aufgaben vorgelegt wurden, und deshalb weniger Kontrolle haben. Das trift auch auf diejenigen zu, die unter Aufmerksamkeits-Defizit-Störung (ADS) leiden. Das ADS-Syndrom deutet im Allgemeinen auf eine Schwächung des linken/rechten präfontalen Gehirns hin. Alle diese vergrabenen Gefühlseinprägungen sind wie die Horden, die über den Graben (das Corpus callosum) gelangen wollen, um nach Hause zu kommen; aber über Nacht hat jemand an der Autobahn gearbeitet und die Spuren beträchtlich eingeengt. Jetzt gibt es einen Stau, und es wird schwierig, sich auf die Hausaufgaben zu konzentrieren, wenn der ganze "Lärm" im Gange ist; der ganze frühe Schmerz balgt sich um Aufmerksamkeit. Alle Gefühle bündeln sich und versuchen gemeinsam durchzukommen. Solange es keine Verknüpfung gibt, wird es immer diesen Lärm geben, weil der Lärm aus diesen unverknüpften Gefühlen besteht.

Ich habe den orbitofrontalen Kortex mit einem Bagger verglichen, der hinabgreift und den Schutt von unten hochbringt. Was er zu Tage bringt, ist oft nicht hübsch - ein vergessener Inzest zum Beispiel, oder die Hoffnungslosigkeit, von den Eltern jemals Liebe zu bekommen; ein enormes Trauma, das wir jeden Tag in unseren Patienten sehen. Wenn wir alte Erinnerungen wieder aufspüren und mit dem rechten OBFK beginnen, "leuchtet" die ganze rechte Seite bis hinab zu Amygdala und Hirnstamm "auf" und wird aktiviert.

Wenn die Verknüpfung zustande gekommen ist, haben Gefühle ein Zuhause gefunden, und das System kann ausruhen. Die Person muss sich nicht mehr mit intensivem Händewaschen abgeben, weil sie sich unbewusst "schmutzig" fühlt. Denken Sie daran, dass die höheren präfrontalen Regulationssysteme Verbindungen zu den Bereichen des Hirnstamms bzw. limbischen Systems haben, wobei Informationen in beide Richtungen fließen. Wir können unser Gefühle fühlen und wir können sie blockieren, wenn sie zu schmerzhaft sind. Wenn der präfrontale Kortex schwächer ist und mit Input nicht gut fertig werden kann, haben wir von der Amygdala gesteuerte Gefühle, die sich direkt auf unsere höheren Zentren auswirken und uns möglicherweise zu unaufhörlicher geistiger Aktivität treiben. Wenn es je ein universelles Leiden gäbe, wäre es diese unaufhörliche Aktivität. Leute können nicht stillsitzen und entspannen. Bewegung als Einprägung kann bei der Geburt der Weg ins Leben gewesen sein, und sie ist es jetzt als Erinnerung.

Meiner Erfahrung nach ist die Unwirklichkeit des Glaubenssystems umso größer, je weiter der Spalt zwischen tiefem Fühlen und Bewusstheit ist; je entfernter das Feeling ist, umso entrückter ist das Glaubenssystem und umso hartnäckiger hat es uns im Griff. Wir hatten eine Patientin am Primal Center, die auf Aliens fixiert war, die von einem anderen Planeten gekommen waren, um sie zu attackieren. Nach vielen weniger starken Gefühlen fühlte sie schließlich, was diese Aliens wirklich waren - ihre entfremdeten Gefühle; unbekannter Schrecken, den sie in angreifende Aliens umwandelte. Sie musste ihre Furcht rechtfertigen oder rationalisieren. Weil sie so monumental war, entschwebte ihr Glaube in bizarre Sphären.

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VERRÜCKTE GEDANKEN

Sobald Gefühle vom vollen Bewusstsein abgeblockt sind, kann jedes Glaubenssystem den Ansprüchen genügen. Es ist gleich, wie exotisch der Glaube ist; er wird angenommen, wenn er dazu dient, symbolisch alte Bedürfnisse zu erfüllen. Die Flugbahn des Glaubenssystems beginnt tief im Hirnstamm und in alten Teilen des limbischen Systems, wo verheerende Einprägungen gespeichert werden. Der Druck/die Energie bewegt sich aufwärts zu kortikalen Zentren und vorwärts zum orbitofrontalen Kortex.

Der rechte OBFK tut sein Bestes, um den Druck aufzufangen, aber ein Teil entkommt und bewegt sich auf sein Endziel zu: die linke präfrontale Zone. Aber weil das Bedürfnis/Gefühl partiell blockiert wird, kann der tatsächliche Kontext des Schmerzes nicht verknüpft werden. Das Ergebnis ist ein vager Druck durch die Gefühle auf der linken Seite. Sie heckt dann Gedanken über diese Bedürfnisse/Schmerzen aus: "Gott wacht über mich und beschützt mich." Diese Gedanken sind Hüllen für den Schmerz, die für symbolische Erfüllung sorgen. Aus diesem Grund bleibt die genaue Natur des Bedürfnisses/Schmerzes unbekannt. Aber wenn wir die Hülle abstreifen, steigt der Schmerz sofort an die Oberfläche. Der Symbolismus fließt ein, bevor der Schmerz bewusst werden kann. Seine Funktion ist Abwehr, und deshalb kann er "weit daneben" liegen. Es bedeutet, dass man sich mit einer geheimnisvollen inneren Wirklichkeit befasst, ohne zu wissen, was diese innere Wirklichkeit ist. Je tiefer und mächtiger der Schmerz/das Bedürfnis ist, desto abstrakter und abstruser ist die Gedankenbildung und der Glaube. Die Gedanken mögen verrückt sein, aber die Gefühle sind es nicht. Wenn man die Gedanken oder Vorstellungen anzweifelt, verteidigt die Person sie fortlaufend mit einer Rationalisierung nach der anderen - alle dienen dazu, die Realität in Schach zu halten.

Eine Studie von Forschern an der UCLA, Princeton, und am University College, London, über die im Magazin Science berichtet wurde, ergab, dass der Glaube an ein Placebo Gehirnschaltkreise ändert, besonders diejenigen Schaltkreise, die Schmerz verarbeiten und seine Intensität vermindern.2 Eine Studie, über die in der Science News (2005) berichtet wurde, fand heraus, dass allein der Gedanke, dass man eine Behandlung bekommt, ausreicht, dass jemand sich besser fühlt. Wenn man Versuchspersonen neutrale Pillen gab, ihnen aber sagte, es seien Schmerztöter, ergaben sich genau solche Veränderungen im Gehirn, als ob sie wirkliche Schmerztöter erhalten hätten. Es kam zu einem signifikanten Anstieg in der Absonderung von Endorphinen - den schmerztötenden Substanzen in unseren Gehirnen.3 Deshalb fühlen sich Patienten in konventioneller Einsichtstherapie besser und bilden sich ein, sie seien auf dem Weg der Besserung. Tatsache ist, dass sie sich wirklich besser fühlen, und das ist der Grund, warum fast jede Therapie abhängig macht. Es ist identisch damit, dass man zu einem Arzt geht, um eine Morphinspritze zu bekommen (Endorphin ist en Analogon zu Morphin). Das Wundervolle daran ist, dass die Injektion schmerzlos ist und ohne Zuhilfenahme einer Nadel ausgeführt wird. Ein freundlicher, aufmerksamer Blick eines Therapeuten, und schon ergießt sich ein Morphinstrahl

 

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im Gehirn. Stillschweigend inbegriffen ist die Erwartung, dass der Arzt dafür sorgen wird, dass Sie sich besser fühlen, und natürlich tun Sie das. Sie glauben, die Therapie habe es getan, aber tatsächlich hat der Gedanke, was die Therapie leisten kann, es zustande gebracht. Im Gegensatz dazu ist das, was wir in unserer Therapie anbieten, Schmerz - nicht als Endzweck, sondern als Notwendigkeit, um gesund zu werden.

Die Science News (2005) dikutierte, was positves Denken bewirkt. Man fand heraus, dass viele derselben Areale des Gehirns, die auf Schmerz reagieren, auch auf die bloße Erwartung von Schmerz reagieren.4 Das Ergebnis der Studie war, dass die Erwartung von weniger Schmerz (dass die Therapie Ihnen helfen wird) genauso viel Erleichterung brachte wie weniger Schmerz. Anders gesagt hängt, wie wir auf Schmerz reagieren, zum großen Teil davon ab, wie wir über ihn denken. Placebos wirken auf dieselben Bereiche, die Schmerz verarbeiten. So muss in einer kognitiven Therapie, die die Art verändert, wie man Schmerz wahrnimmt, zwangsweise eine verminderte Reaktion auf ihn erfolgen. So kann man den Schmerz der Kindheit unterdrücken, indem man eine andere Perspektive annimmt.

Placebo-Reaktionen sind ein gutes Beispiel für Verleugnung. Durch die Gedanken und Vorstellungen eines anderen können wir so weit von uns selbst entfernt werden, dass wir ein quälendes Erlebnis völlig verleugnen. Das ist nicht nur bei kognitiver Therapie der Fall; es gibt wieder, wie einige von uns aufwachsen, - in einer Art von kognitivem Milieu. Wir verleugnen Schmerz und machen mit dem Leben weiter. Qual zu verleugnen ist nicht dasselbe wie aus ihr heraus zu sein. Man glaubt - glaubt an Heilung - und dann ergibt sich wirkliche Heilung.

Was wir besonders in neuen Studien immer wieder sehen, ist, wie Glaube die Schmerzerfahrung mindern kann. Wenn jemand Drogen oder Alkohol aufgibt und neue Glaubensüberzeugungen annimmt, stellt sich das Gehirn so darauf ein, als ob die Person noch auf Drogen wäre.

Nach einer Gallup-Umfrage, die 1.200 Amerikaner einbezog, glaubte einer von vier an Geister. Einer von sechs hatte Kontakt mit einem Verstorbenen gehabt und einer von vier gab an, telepathisch zu kommunizieren. Einer von zehn behauptete, einen Geist gesehen zu haben oder die Gegenwart eines Geistes erlebt zu haben. Einer von sieben sagte, ein UFO gesehen zu haben. Einer von vier glaubte an Astrologie und 50 Prozent glaubten an übersinnliche Wahrnehmung.5 In einer anderen Erhebung (Harris) glaubten nur 22 Prozent der Amerikaner, dass wir uns aus früheren Spezies entwickelten. 54 Prozent dachten, dass wir uns nicht aus früheren Arten entwickelten. 48 Prozent glaubten, dass Darwins Evolutions-Theorie nicht korrekt sei. Zwei Drittel der Population glaubten, dass Menschen von Gott erschaffen wurden.6

Anzahl und Art von Glaubenssystemen sind grenzenlos. Solange Glaubensvorstellungen nicht in einem selbst und in den eigenen Gefühlen verankert sind, können sie abheben und

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alle Arten selbstbetrügerischer Auffassungen einschließen. Wenn der präfrontale Kortex von anderen Aspekten der Erinnerung abgetrennt ist (Nicht-Verknüpfung), kann er in die Stratosphäre der Selbsttäuschung entschweben, ohne dass ihm Grenzen gesetzt sind. Das trifft auf die Intelligentesten von uns zu, einschließlich Wissenschaftler, die, obgleich diszipliniert auf ihrem Feld, wenn sie einmal von ihren Gefühlen abgetrennt sind, an die irrationalsten Philosophien und Psychotherapien glauben können, an Methoden, die kein Körnchen eines Beweises an sich haben. Jede Überzeugung ist möglich, wenn sie aus den Gefühlsangeln gehoben worden ist, und Intelligenz hat nichts damit zu tun.

Dr. Martin Teicher bestätigt eine starke Verbindung zwischen Trauma und Gehirn-Schwächung: "Man geht davon aus, dass harte Bestrafung, Herabsetzung und Vernachlässigung eine Kaskade chemischer Substanzen freisetzen, die eine dauerhafte Wirkung auf die Signale erzeugen, die Gehirnzellen untereinander zusenden." Wenn es aufgrund von frühem Liebesentzug weniger Dendriten gibt, ist die Kommunikation zwischen tieferen Gehirnzentren und höheren Kontrollbereichen geschwächt. Später werden wir diese Durchtrennung zwischen tiefen Gefühlen einerseits und der "bewussten" Realität der Gedanken und der Glaubensvorstellungen und des Verhaltens andererseits genauer erörtern; letztere werden vielleicht von ersteren geformt, ohne dass die Person je weiß, was sie "steuert."

Man verstrickt sich leicht in ein bindendes Gedankennetz - je labyrinthischer umso besser-  und von daher erklärt sich die Anziehungskraft der Einsichtstherapie. Man ist jetzt Gefangener dieser Glaubensvorstellungen und geht diese Sklaverei bereitwillig ein, weil diese Sklaverei auch eine wichtige Abwehr ist. Sollte der Faschismus jemals nach Amerika kommen, käme er zweifellos durch Volkswahl, nicht durch autokratisches Edikt. Frohen Herzens würden wir in kritiklosen Gehorsam gegenüber dem Führer schlüpfen, denn es würde uns der Notwendigkeit entbinden, für uns selbst zu denken. Er würde uns vor dem Bösen "da draußen" beschützen. Es erinnert mich an Leute, die in Stahlkäfigen nach Haien tauchen. Sie haben keine Bewegungsfreiheit, aber es ist Tatsache, dass die Haie nicht zu ihnen gelangen können. Ihr Stahlkäfig ist ihre Abwehr und ihr Gefängnis. Chemische Gefängnisse sind genauso stark wie stählerne. Sie lassen nur wenige Verhaltensalternativen zu. Glaubensvorstellungen sind das psychische Äquivalent der Verdrängung. Wir können den Fluss umleiten, aber wir werden die vulkanische Aktivität nicht ändern. Wir können die Explosion mit Gedanken zudecken, aber es besteht immer die Gefahr einer weiteren Eruption; manchmal geschieht es in der Form eines Anfalls, ein anderes Mal findet man sie, wenn jemand von einer plötzlichen Erkenntnis besessen ist - Gott finden und wieder geboren werden.

Der Patient, den ich an früherer Stelle erwähnte, der gerade dabei war, den schrecklichen Inzest-Schmerz zu erleben, sah, wie Gott seine Hand herabreichte, um ihn zu beschützen (und ihn aus dem Feeling herauszunehmen). Er wurde vor sich selbst gerettet. Vor seinen Erlebnissen und Gefühlen. Er wurde von der Gottesidee gerettet, es sei denn, wir glauben wirklich,

 

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dass jemand da oben zuhörte und wirklich seine Hand herabreichte. Die Idee oder Vorstellung drängte sich in seine Bewusstheit, um die Qual zu beenden. Er wurde sich ihrer bewusst, um volles Bewusstsein zu vermeiden. Die Idee nahm den Platz des Schmerzes ein. Er musste nicht weiter in seine Leidensarchive hineingehen. Mit einem Ruck kam er aus dem Feeling heraus. Er entkam aus seiner Vergangenheit in die Gegenwart; diese Gegenwart verteidigte ihn gegen seine Geschichte. Es kam zu einem plötzlichen, abrupten Wechsel von seinem rechten Gehirn zu seinem linken, vom inneren Brennpunkt zum äußeren. Und der Schmerz erledigte es alles selbst; Willenskraft war nicht daran beteiligt. Anstatt zu sagen "In meinem System ist ein automatischer Wächter, der mich nicht zu viel Schmerz fühlen lässt," glaubte er an eine göttliche Intervention, die sein Leiden beendete. Gott und Serotonin wurden einander austauschbar. 

Das alles vermittelt uns eine gute Vorstellung von der persönlichen Evolution und auch von der Evolution der Spezies. Zuerst gibt es Empfindungen wie Würgen, Husten, Ersticken; dann Gefühle wie unglücklich, traurig, ängstlich; dann Gedanken. Das eine ging fließend in das andere über, als die Spezies sich entwickelte, und ebenso in unserer eigenen persönlichen Entwicklung. Gedanken sind der letzte Rückzugsraum. Wir dehnen sie in absurde Längen, bis wir Psychose erreichen, bei der es kein reales Fundament mehr in der Außen-Realität gibt. Wenn wir den Schmerz mit unseren Migränen und hohem Blutdruck im Zaum halten können, dann sei's drum. Wenn wir es nicht können, dann nehmen wir Glaubenssysteme an. Wenn wir ihn mit Trinken und Drogen abblocken können, sei's drum. Wenn wir es nicht können, suchen wir uns wieder Glaubenvorstellungen. Es ist alles evolutionsbedingt. Wir gehorchen den hartherzigen Befehlen der Gehirnevolution.

Die „Flugbahn“ des Fühlens wird durch die Evolution definiert und folgt ihr vom tiefen Hirnstamm über den rechten limbischen zum rechten präfrontalen Kortex und schließlich zum linken präfrontalen Kortex.



Sogar kleine Kinder können  zur Beruhigung Drogen nehmen, lange bevor sie fähig sind, ein Glaubenssystem zu organisieren. Wenn sie in ihren späten Teenjahren sind, können sie Angst mit Glauben austauschen, von Drogen und Alkohol lassen und in das Reich der Gedanken fliehen. Sobald wir Glaubensvorstellungen als Teil des evolutionären Gehirnprozesses betrachten, beginnt das alles Sinn zu machen. Deshalb sind Zwangsgedanken Stationen auf dem Weg zu bizarreren Problemen der Psychose. Es ist alles Teil eines Kontinuums, in dem man Gedanken benutzt, um den Schmerz zu ersticken. Psychose ist die letzte Station auf dieser Reise. Manchmal ist es schwierig, den Unterschied zu bestimmen: "Wenn ich dieses

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Amulett um meinen Hals hänge, kann mir nichts geschehen." Ist das ein Zwangsgedanke oder psychotische Gedankenbildung?

Die "Flugbahn" des Fühlens wird durch die Evolution definiert und folgt ihr vom tiefen Hirnstamm über den rechten limbischen zum rechten präfrontalen Kortex und schließlich zum linken präfrontalen Kortex. Es hängt alles von der Valenz des Schmerzes ab; je stärker sie ist, umso mehr steht der Ideen bildende Kortex unter Druck, Vorstellungen und Glaubensüberzeugungen herzustellen. Wenn obsessiver Glaube der Psychose Einhalt gebieten kann - umso besser; in meinen Freudschen Tagen glaubten wir, dass Psychose das Ergebnis der Dekompensation obsessiven Glaubens sei. Obsessiver Glaube setzt einen ziemlich intakten frontalen Kortex voraus. Bei PsYchose ersetzen die erste und zweite Linie die dritte, so dass die Geschichte zum gegenwärtigen Leben wird. Die Vergangenheit nimmt die Gegenwart voll in Beschlag und man kann zwischen den beiden nicht mehr unterscheiden.

Der Körper muss einen Weg finden, die überwältigende Last des Traumas in etwas anderes zu übersetzen, und so mobilisiert er primitive Abwehrmechanismen, die den Schmerz verdrängen. Jeder Schmerz wird mit Verdrängung beantwortet - die Methode des Gehirns, Emotionen zu verbergen. Später im Leben, wenn das traumatisierte Baby - sagen wir, ein Junge - mit der kortikalen Fähigkeit ausgestattet ist, Fühlen durch Gedankenbildung zu ersetzen, wendet er sich an einen Gott, der ihn von seinem inneren Schmerz erlösen soll, auch wenn er nicht weiß, woher der Schmerz stammt oder nicht einmal, dass überhaupt Schmerz existiert. Er wendet sich an einen Gott, der über ihn wachen soll, zusehen soll, dass ihm Gerechtigkeit widerfährt, einer ist, der ihn nicht im Stich lässt und vor allem einer ist, der ihm hilft, es ins Leben zu schaffen, sowohl wortwörtlich am Lebensanfang als auch im übertragenen Sinn in der Gegenwart. Glaube, Vorstellungen, Mystizismus und Magie sind Methoden, wie wir die von traumatischen Ereignissen hinterlassenen oft präverbalen Einprägungen kanalisieren. Denken Sie daran, dass Einprägungen den Tod zu einer Konstanten in der Psyche der Person machen, weil sie oft Ereignisse auf Leben und Tod beinhalten. Deshalb muss der Glaube ein gewisses Todesmanagement mit sich bringen.

DIE WIEDERVERKNÜPFUNG DES GEHIRNS

Es gibt immer mehr Beweise, dass Gehirngewebe am extrem anterioren (vorderen) Teil des präfrontalen Kortex für die Integration emotionaler Zustände verantwortlich ist. Die jüngste Arbeit eines Yale-Teams, Patricia Goldman-Rakic und Pasco Rakic, in der sie ein Modell der Symmetrie im Gehirn entwickelten, zentrierte sich auf das Corpus callosum (die Brücke zwischen rechtem und linkem Gehirn). Sie behaupten, dass Zellen im Corpus callosum gekennzeichnet sind, so dass sie sich mit Spiegelzellen auf beiden Gehirnseiten verknüpfen. Entweder gibt es eine bestimmte Resonanzfrequenz, die jeder Seite hilft einander zu erkennen oder es gibt vielleicht eine chemische Affinität, die

 

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Zellen auf einer Seite erlaubt, sich mit Zellen auf der anderen Seite zusammenzuschließen, zu verknüpfen. Wie ich erwähnte, kommt verknüpfte Erinnerung vielleicht zustande, wenn Einprägungen tieferer Ebene mit denselben Frequenzen weiter oben im Gehirn resonieren. Wenn sich der präfrontale Kortex und der Subkortex treffen, scheint es ein Erkennungsmuster zu geben; es ist, als würden sie einen Seelenverwandten finden. Noch wahrscheinlicher ist, dass die Einprägungen tieferer Ebene aufsteigen und sich ihre anderen Hälften höher im Nervensystem suchen. Haben sie sich einmal zusammengeschlossen, bilden sie einen integrierten, vereinten Schaltkreis.

In einem exzellenten Buch von David Darling mit dem Titel Equations of Eternity erörtert der Autor, wie Nervenzellen und insbesonders Axone  sich verhalten. "Verschiedene Axonengruppen müssen in der Lage sein, verschiedene Wegweiser zu erkennen, oder andernfalls würden die meisten Axone im Nervensystem am gleichen Platz wachsen. Die Evolution hat viele unterschiedliche Rezeptor-Moleküle auf der Oberfläche einer Nervenzelle plaziert, von denen sich jedes nur an ein spezielles Molekül heftet." 7 Das Ergebnis ist, dass Nervenzellen einen Führer haben, der sie in Richtung Verknüpfung mit anderen Zellen lenkt. Alles, was für die Verknüpfung erforderlich ist, ist, dass andere Nervenzellen passende Rezeptormoleküle haben. Die Zellen sind fähig, alle anderen nicht-passenden Nervenzellen zu ignorieren.

Darling betont im Weiteren, dass diese Zellen ein "Nervenskelett" errichten, auf das alle nachfolgenden Fasern aufbauen können." Auf diese  Art baut jede neue Bewusstseinsebene auf früheren Ebenen auf und verfeinert sich. Somit wachsen Axone vom Hirngewebe tieferer Ebene auf ihr eigentliches Ziel zu. Darling behauptet, dass diese Zellen "wissen," wann die Verknüpfung zustande gekommen ist, weil man die Rezeptoren auf Axonen nur auf der richtigen Zielnervenzelle findet. Er fährt fort: "Durch stufenartige Entfaltung organisiert und verknüpft sich das Gehirn selbst."8 Schon im Mutterleib, so glaubt er, bereitet sich das Gehirn auf den Augenblick vor, wenn "es ans Tageslicht kommt." Ich zitiere weiter, weil, was er behauptet, genau mit unseren klinischen Beobachtungen übereinstimmt: "Bereits im Mutterleib hat das Individuum die physische Evolution allen Lebens auf der Erde rekapituliert. Jetzt rast es durch die Stufen, auf denen sich das Leben psychisch-geistig entwickelte."9 Die Stufen verlaufen "von Geistlosigkeit zu Schattenbewusstsein zum Bewusstsein von der Welt und zum Bewusstsein des eigenen Selbsts."10 Jede neue Ebene ist eine Ausarbeitung der früheren Ebene, bis wir bei vollem Bewusstsein angelangt sind. Entscheidend ist hier die Auffassung von der Verknüpfung; das Zusammenlaufen verwandter Nervennetzwerke.

Ohne die Verknüpfung zwischen tieferen und höheren Ebenen betrachten wir nur das sich spät entwickelnde kortikale Gehirn und nicht das Gehirn als Ganzes. Darling betont, dass das Gehirn in unserer persönlichen Entwicklung die Stufen der gesamten menschlichen Geschichte durcheilt. In der Primärtherapie rasen wir in umgekehrter Folge durch die Stufen. Nur ist es kein Rennen; es ist eher wie ein Gekrabbel. Niemand kann

 

Fortsetzung Buch Seiten 182 - 208

 
TEIL I A , SEITEN 1 - 35         TEIL I B, SEITEN 36 - 70               TEIL I C , SEITEN 71 - 106 TEIL II A, SEITEN 107 - 140      TEIL II B, SEITEN 141 - 181     TEIL II C, SEITEN 182 - 208
TEIL III A, SEITEN 209 - 240                TEIL III B, SEITEN 241 - 272   BUCHÜBERSETZUNG: BÜCHER VON A. JANOV                                             HOME