Primal Healing 1
 

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DR. ARTHUR JANOV:    

PRIMÄRTHERAPIE -

EINE THERAPIE DES FÜHLENS

Warum Worte nicht genügen

und 

Wie der Zugang zu tief verborgenen Gefühlen Ihre Gesundheit verbessern kann

   

    

 

 

 

 

 

Die amerikanische Originalausgabe  mit dem Titel   

"PRIMAL HEALING" erschien anno 2007 bei  The Career Press, Franklin Lakes, NJ. 

 

© Copyright 2007 Dr. Arthur Janov

 

aus dem Amerikanischen von

Ferdinand Wagner

 

Es gibt zurzeit keine deutsche Übersetzung auf dem Buchmarkt

Über dieses Buch (vom Übersetzer)

Der weltbekannte amerikanische Psychotherapeut Dr. Arthur Janov (1924-2017) ist Begründer der Primärtherapie und Autor mehrerer Bücher. Sein erstes Buch Der Urschrei, in dem er seine revolutionäre Therapie und die ihr zugrunde liegende Primärtheorie vorstellt, wurde zu einem internationalen Bestseller.

In dem vorliegenden Buch, das 2007 unter dem Titel „Primal Healing“ erschien, stellt Dr. Janov Fachleuten und interessierten Laien die Grundbegriffe seiner Primärtheorie vor und erklärt, warum konventionelle Psychotherapie zwar hilfreich sein kann, aber letztlich nicht in der Lage ist, dauerhafte Veränderung zu erreichen.

Die Psychotherapie der Zukunft muss eine Therapie des Fühlens sein, argumentiert Dr. Janov, sie muss dem Patienten Zugang zu tieferen Gehirnebenen verschaffen, wo sich frühe Traumen/Überlastungen eingeprägt haben. Es ist dieser systematische fühlende Zugang, der die Auflösung dieser frühen Einprägungen ermöglicht und letztlich dazu führt, dass alle Ebenen des Gehirns und alle Systeme des Körpers wieder zu normalem, gesundem Funktionieren zurückkehren können.

Dr Janov vergleicht ein frühes Trauma mit dem Urknall des äußeren Universums. Überall in unserem inneren Kosmos finden sich die Spuren dieses Ereignisses – Symptome aller Art, wie zum Beispiel Migräne, hoher Blutdruck, Herzattacken, Phobien, Zwänge, Depression und Ess-Störungen. In der modernen Psychotherapie geht es zu oft darum, abweichende Gedanken zu korrigieren. So kann ein Therapeut seine Patienten auf  der Gedankenebene „normalisieren,“ während die auf tieferen Gehirnebenen eingeprägten Kräfte unangetastet bleiben und weiterhin die verschiedensten Symptome erzeugen können. Im Grunde, so Dr. Janov, unterstützt konventionelle Psychotherapie aufgrund der typischen Therapie-Situation (väterlicher Therapeut/mütterliche Therapeutin) die Verdrängung. Sie vergrößert die Kluft zwischen den Ebenen des Bewusstseins und verbannt  alte Gefühle und Erinnerungen tiefer ins Unbewusste – im Grunde das, was ein Beruhigungsmittel auch leistet.

Wenn wir uns nicht mit trügerischer und vorübergehender Besserung zufrieden geben wollen, dann, so sagt Dr. Janov, müssen wir die Sprache des Limbischen Systems und des Hirnstamms erlernen. Wir müssen jene überlastenden Ereignisse - Gefühle, Empfindungen und Körperreaktionen - wiedererleben, die sich von frühestem Beginn an in unser System eingeprägt haben. Heilung ist untrennbar mit dem geordneten, systematischen Zugang zu tieferen Gehirnebenen und mit dem Wiedererleben eingeprägter schmerzvoller Erinnerungen verknüpft. Und genau das muss die Therapie der Zukunft ihren Patienten anbieten können. Für die Psychotherapie bedeutet das einen radikalen Wandel. Sie darf sich nicht mehr damit begnügen, Erscheinungen zu korrigieren, Symptome zu lindern, Gedanken und Verhalten in eine andere Richtung zu lenken, sondern sie muss den Patienten ermöglichen, fühlend und erlebend zu den Ursachen seiner Beschwerden zurückzugehen. Es ist nichts Utopisches daran, auf eine tiefere Bewusstseinsebene hinabzusteigen und ein altes Trauma wiederzuerleben. In Dr Janovs Primal Center geschieht es jeden Tag. Es erfordert etwas Mut und ein geeignetes therapeutisches Umfeld. Eine Utopie ist es nur dann, wenn Therapeuten und Patienten Worte und Gedanken als Mittel und Endziel des Therapie-Prozesses betrachten.  

 

 

                                                                                                               TEIL I

 

                                                                                                                                                        INHALTSVERZEICHNIS

 

 

EINLEITUNG Seite 13
KAPITEL 1 Das spielt sich alles in Deinem Kopf ab (21) 
KAPITEL 2 Wie Liebe das gesunde Gehirn formt (35) – Das Äußere bestimmt über das Innere (37) – Kritische Perioden: Ist es je zu spät für Liebe?  42) – Die Erfüllung der Liebe (48) – Schmerz und Verdrängung (50)   Fallstudie: Stash (52)  
KAPITEL 3 Wo Gedanken und Vorstellungen entspringen: Die verschiedenen Sprachen des Gehirns (57) – Die drei Bewusstseinsebenen (59) – Erste Linie: Der Hirnstamm (60) – Zweite Linie: Das limbische/fühlende System (66) – Die Amygdala: Das Fühlen des Gefühls (67) – Der Hippocampus: Der Sitz der Erinnerung (68) – Der Hypothalamus: Der Übersetzer der Gefühle (69) – Der Thalamus: Der  Kurier der Gefühle (69) – Die dritte Linie: Der Neokortex – Wie Verdrängung funktioniert (74)  
KAPITEL 4 Die Einprägung: Wie sie unser Leben dirigiert (85) – Einprägungen und Neurophysiologie: Wie Erinnerung eingeprägt wird (89) – Einprägungen verbiegen uns physiologisch (91) – Gesprächstherapien: Der Einprägung nicht gewachsen (95) – Widerhall im Gehirn (98) – Depression oder die Physiologie der Hoffnungslosigkeit (104) – Fallstudie: Kiki (105)  
KAPITEL 5 Das linke und rechte Gehirn: Der Mensch im Gleichgewicht (107) – Mechanismen, die zur Durchtrennung der Verknüpfung beitragen (110) – Das Problem mit Linkshirn-zentrierter Psychotherapie (113)   Fallstudie: Natan (120)  
KAPITEL 6 Kognitive Therapie: Warum Worte nicht genügen (123) – Was machen Kognitivisten wirklich? (127) – Die Biologie hinter sich lassen: Flucht in  psychologisches Wirrwarr (136) – Patienten helfen, dorthin zu gelangen, wo sie hin müssen (139) – Gibt es einen Platz für kognitive und andere Einsichtstherapien? (142) – Fallstudie: Daryl – Drei Non-Feeling-Therapien (143)  
KAPITEL 7 Der Prototyp: Was uns zu dem macht, der wir sind (147) – Parasympathen und Sympathen (147) – Der Prototyp und unsere physiologischen Prozesse (153) – Fötales Leben und Drogen (155)  -  Fallstudie:  Katherina - Anorexie, Bulimie und Sexualtrauma (159)  
KAPITEL 8 Fehlende Verknüpfung und Dissoziation (167) – Die Evolution der Gefühle (169) – Der rechte OBFK: Wächter über die Verbindung zu unserer Geschichte (172) – Verrückte Gedanken (176) – Die Wiederverknüpfung des Gehirns (180) – Wie die Erinnerung gebildet wird (186) – Die Verknüpfung zwischen linkem und rechtem Gehirn (188) – Vernunfterklärung (189) – Effektive Verknüpfung (190)  --  Fallstudie: Stan – Grand Mal – Anfälle (192) – Fallstudie: Sonny – Epilepsie (193) – Das limbische System und seine Verknüpfungen (195) – Der Irrglaube der „Anpassung“ (196) – Der Tango der zwei  Hemisphären ( 198) – Der Weg zu psychischer Gesundheit (199) – Fallstudie: Frank – Fehlende Verknüpfung und Glaubensvorstellungen (200) – Was Integration bedeutet (204)  
KAPITEL 9 Bewusstheit gegen Bewusstsein (209) – Die Evolution der Gefühle (216) – Die Messung von Stress (217) – Die Natur der Sucht (218) – Erscheinung und Wesen (222) – Auf dem Gefährt des Fühlens fahren    (231) – Der Patient hat die Macht (233) – Fallstudie: Caryn (236) – Drogen/Medikamente lassen Neurose funktionieren (240)  
KAPITEL 10 Warum wir wiedererleben müssen, um gesund zu werden (241) – Die Rolle von Einsichten in der Psychotherapie (244) – Warum Wiedererleben eine totale Erfahrung sein muss (247) – Verborgene  Erinnerung aufdecken (248) – Selbstzerstörerisches Verhalten (252) – Was Neurose und Wiedererleben im Gehirn bewirken ( 254)  
KAPITEL 11 Eine Therapie des Fühlens:  Eine Behandlung für viele Krankheiten (255)  
ANHANG   Was ist Primärtherapie? (255)  -   Anmerkungen und Quellen (267)  -  Ausgewählte Bibliographie (279)   -  Index (284) 

 

 

EINLEITUNG

 

 

 

 

 

 

 Als klinischer Psychologe mit mehr als 50 Jahren Erfahrung auf dem Gebiet bin ich zu der Einsicht gelangt, dass wir das Beste beider Welten miteinander verbinden und die Disziplin der Neurowissenschaft mit der der Psychologie vereinigen müssen, wenn wir psychische Gesundheitsprobleme wirkungsvoll behandeln wollen. Erforderlich ist ein sich vertiefender Austausch, eine Kreuzbefruchtung des Wissens und der Praxis zwischen diesen zwei Fachgebieten.

In diesem Buch werde ich versuchen, Neurologie, Psychologie und Biologie zu einem organischen Ganzen zu vereinen, so dass wir Menschen nicht mehr zu Studienzwecken in separate Teile zergliedert werden. Das gestattet uns, menschliche Wesen auf eine wirklich ganzheitliche Art und Weise zu erklären, und wir werden sehen, wie Psychologie und Neurologie zusammenwirken, um unser Verhalten und unsere Symptome zu bestimmen. Wenn wir also eine psychologische Diagnose stellen, wird sie auch andere Wissensgebiete einbeziehen, und wir diagnostizieren zugleich, wie unser physisches System mit dem emotionalen zusammenarbeitet. Wir werden zum Beispiel nicht nur über Besessenheit diskutieren, sondern auch erörtern, wo im Gehirn sie auftritt und welches die geschichtlichen Faktoren waren, die sie in Gang setzten. Und sexuelle Impotenz – wie neurologische Faktoren sie beeinflussen und wo in der Geschichte des Kranken Erfahrungen auftraten, die sie vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt hervorgerufen haben könnten. Auf diese Weise werden wir mehrere Fachgebiete durchqueren, damit sie uns verstehen helfen, wer wir sind und wie emotionale Faktoren das Gehirn und den Körper beeinflussen – und umgekehrt. Wir sind aus einem Stück. Wir können unterschiedliche Aspekte unserer selbst zu Studienzwecken abstrahieren, aber es bleibt die Tatsache, dass wir eine organische Ganzheit sind. An einem gewissen Punkt müssen wir alle Stücke wieder zusammensetzen, um ganzheitliche, organische Antworten für die Bedingungen menschlichen Seins bereitzustellen.

 

 

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Diejenigen von uns, die umfassend ausgebildet wurden und Primärtherapie an unserem Zentrum praktizieren, glauben, dass wir Psychotherapie zum ersten Mal als Wissenschaft etablieren. Wir zeichnen alle Sitzungen auf Videoband auf und wir besprechen sie. Wird ein Fehler gemacht, wissen wir es sofort, weil die Therapie präzise und geordnet ist. Das war nie der Fall, als ich psychoanalytische Psychotherapie praktizierte. Das bedeutet, dass wir jetzt eine systematische Therapie haben, die den Gesundheitsstatus von Menschen wirklich verbessern kann. Ich zögere, das Wort „Heilung" zu verwenden, weil es einen schändlichen Beigeschmack hat, aber Tatsache ist, dass genau dies in vielen Fällen geschieht. Und zwar deshalb, weil wir in der Lage sind, in die Tiefen des Gehirns und die Antipoden des Unbewussten einzudringen, um traumatische Elemente aufzuspüren, die sich dort seit Jahrzehnten befinden, verborgen und tief, und Schaden aller Art anrichten,  unser Verhalten beeinflussen und mitbestimmen, welche Leiden uns treffen werden. Ich glaube, dass dieses Buch ein Avatar für unser Fachgebiet ist und Sigmund Freuds 1902 verfasster Traumdeutung gleichkommt, die zum ersten Mal die Natur des Unbewussten ausbreitete und darlegte, wie es uns beeinflussen könnte. Wir haben jetzt ein detaillierteres Verständnis dieses Unbewussten, weil wir es in der Therapie jeden Tag sehen. Wir spähen in die Vergangenheit unserer Patienten und sehen, wie sich die frühe Geschichte entwickelte. Wir beobachten jemanden in der Therapie und beginnen die Geschichte der Menschheit zu verstehen. Wir sehen, wie Patienten ihe Vergangenheit wiedererleben und beobachten zugleich unsere uralte Vergangenheit. Wir sehen das Reptilien-Salamander-Gehirn in Aktion, indem wir das Geburtstrauma beobachten, und wir begreifen, was es uns unser ganzes Leben hindurch angetan hat, von Aufmerksamkeitsdefizit-Störung bis hin zu Migränen und hohem Blutdruck. Ohne dieses Verständnis werden wir uns selbst nie verstehen, geschweige denn diese Zustände wirkungsvoll behandeln. Das sagt jetzt ziemlich viel, aber ich hoffe, dass dieses Buch klären wird, was ich meine.

Weil Verhaltens-/Kognitions- und Einsichts-Therapien sich für Diagnose und Behandlung allein auf Verhalten konzentriert haben, ist aktuelle Forschung, die das Gehirn einbezieht, weitgehend unbemerkt geblieben. Obwohl also psychologische Theorien reichlich vorhanden sind, fehlt ihnen die Verankerung in der Neurowissenschaft, und Neurowissenschaft bietet einen Reichtum an Information, der die klinische Praxis unterrichten kann. Ich schlage vor, eine Brücke zwischen beiden zu schaffen.

Mein Versuch ist einer der ersten Schritte auf dieses Ziel hin und keine endgültige, definitive Antwort. Da ich das Privileg vieler Jahrzehnte klinischer Arbeit hatte, habe ich beobachtet, wie sich die Persönlichkeit entwickelt, wo Neurose beginnt, und lernte, worin Heilung liegt. Dank der Neurowissenschaft steht uns jetzt umfangreiches Wissensmaterial zusätzlich zu meinem zur Verfügung, ein tieferes und sichereres Verständnis, wie das Gehirn sich auf Verhalten bezieht. Anders als in vergangenen Jahren wissen wir heute eine ganze 

 

 

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Menge mehr über die Natur der Gefühle und über das limbische System. Und was am wichtigsten ist, wir wissen, wie man das System von eingraviertem andauernden Schmerz befreit.

Obwohl sich überall in diesem Buch wissenschaftliche Quellenangaben und Zitate finden, sollten wir die alles überspannende Wahrheit nicht aus den Augen verlieren – Gefühle sind ihre eigene Validation. Wir können den ganzen lieben Tag lang anführen und zitieren, aber die Wahrheit liegt letztlich in der Erfahrung menschlicher Wesen. Ihre Gefühle erklären so viel, dass statistische Beweise irrelevant werden. Die kognitive Therapie sucht statistische Wahrheiten, um ihre Hypothesen und Theorien zu erhärten; diese Theorien sind allzu oft intellektuelle Konstrukte, die tatsächlich statistischer Validation bedürfen. Über mathematische Fakten hinaus sind wir hinter biologischen Wahrheiten her. Die Studien, die ich zitiere, beweisen nichts. Was sie machen, ist, dass sie eine Art von Universalität anzeigen, ein Kontinuum für alle Arten organischen Lebens. Diese Studien sind Folgesätze, keine separaten, unangetasteten Realitäten; eine Art intellektueller Kniefall vor dem linken Gehirn. Aber ohne Kontakt zum rechten Gehirn sind diese Ralitäten auf das Intellektuelle beschränkt. Bei Statistiken kann alles wahr sein, weil sie biologische Realitäten ignorieren. Sie lassen sich auf jegliche Weise manipulieren. Alles das mag denen entgehen, die keinen Zutritt zum Rechtshirn-Unbewussten haben, wo Geschichte und Gefühle liegen. Tierforschung ist interessant, aber wir versuchen nicht, die Psyche von Ratten zu verstehen; wir müssen unsere eigene Psyche verstehen – durch Analogie oder Folgerung. Wer leidet, wer defekte Schleusen hat, hat eine Art unvollständigen Zugang zum Unbewussten. Bei unserer Arbeit haben wir ein Versuchslabor, wo wir das Unbewusste jeden Tag in unseren Patienten sehen. Wir brauchen keine statistischen Wahrheiten. Wir haben biologische.

Leute in der kognitiven Therapie sind in der Lage ,"sich besser zu fühlen," verwechseln das aber mit Genesung, weil sie Sprache und Worte benutzen können, um den Schmerz zu ersticken. Sie benutzen Gedanken, um Gefühle zu betäuben und stellen sich vor und denken, dass alles gut sei.

Es gibt eine Welt des tiefen Unbewussten, die man erforschen muss; ein Unbewusstes aus unserem animalischen Vermächtnis. Dieses Unbewusste kann man in verbaler Sprache niemals verstehen. Wir können nicht mit einem Salamander sprechen und wir können nicht mit dem Salamandergehirn sprechen, das in jedem von uns wohnt. Wenn in einer Theorie kein Platz ist für dieses Unbewusste, gibt es keine Möglichkeit, dass man man von allen möglichen emotionalen Problemen geheilt werden könnte; Probleme, die ihren Ursprung im Nachlass des Reptilienlebens haben mögen. Patienten zu beobachten, wie sie sich auf Reptilienart winden, wenn sie im Griff eines uralten, unentwickelten Gehirns sind, macht das alles klar. Es kann nie klar sein, solange wir auf der kognitiven Ebene bleiben.

 

 

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Vergessen wir nicht, dass es in der Welt der Kosmologie die Entdeckung der dunklen Materie gibt, welche die Mehrheit dessen ausmacht, was wir gewöhnlich leeren Raum nannten. Wir sind Teil dieses Universums; unsere dunkle Materie wird als das Unbewusste bezeichnet. Vordem hat sich Psychotherapie nur mit der Spitze des Eisbergs befasst und dabei ein unerforschtes Universum unberührt gelassen. Obgleich sich Kosmologie in der Regel mit dem äußeren Universum befasst, sind wir auch Teil dieses Universums, und die Gesetze, die für externe Kosmologie gelten, müssen auch für uns Menschen gelten. Schließlich besteht der größte Teil unseres biologischen Körpers aus Sternenstaub – Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Eisen und anderen Elementen. Kohlenstoff kombiniert mit Wasserstoff und Sauerstoff bildet organische Verbindungen. Die Gesetze, die eindeutig auf das Universum über uns zutreffen, müssen auch für das Universum darunter gelten. Es gibt keine einfache Trennungslinie zwischen beiden. Die Geschichte des Universums dauert in jedem von uns fort. Nichts geht in unserer Evolution verloren; wir fügen nur hinzu. Wir haben noch immer Anteil an diesem uralten Gehirn, das in unseren Schädeln eingeschlossen ist. Wir sind die fleischgewordene Geschichte des Universums – wandelnde Geschichte – eine Tatsache, die auf dem Feld der Einsichts-Psychotherapie weitgehend ignoriert wird. Je mehr wir über die Gesetze des Universums entdecken, umso mehr werden wir über uns selbst lernen. Der Schlüssel ist hier, dass wir umso präsenter sein können, je weiter wir in unsere persönliche Zeit zurückreisen; denn es ist Tatsache, dass die Vergangenheit in unsere Systeme eingeprägt ist, und wir werden unserer Geschichte verfallen sein, bis wir sie wiedererleben und mit dem Bewusstsein verknüpfen. Je tiefer wir in die Antipoden unseres Unbewussten reisen, umso klarer sehen wir unsere alte Geschichte. Chronisch hohe Körpertemperatur erzählt von unserer Geschichte. Sie schreit ihre Bedeutung hinaus, aber allzu oft bleibt sie unbegreiflich für den gebildeten Intellektuellen.

Wir müssen Primärpsychologie als Zweig der Kosmologie betrachten – als Studium des inneren Universums. Wie können wir etwas über die Gesetze zwischenmenschlichen Umgangs lernen, wenn wir nie in die dunkle Masse des Unbewussten eintauchen? Andernfalls werden wir von Kräften herumgestoßen, über die wir keine Kontrolle haben. Wir entwickeln Symptome aus unbekannten Gründen und werden krank aus ziemlich mysteriösen Gründen. So muss es nicht sein. Das Unbewusste spricht die ganze Zeit in seiner eigenen Sprache zu uns, aber zu oft wissen wir nicht, worum es geht, noch können wir es aussprechen, denn es hat nichts mit Worten zu tun. Eine angemessene Therapie muss nonverbale Sprache benutzen.

Schließlich muss es eine Verbindung geben zwischen dem tiefen Unbewussten und dem präfrontalen Kortex der oberen Ebene. Ohne diese Verbindung gibt es keine Kontrolle des Unbewussten. Es wird seine Kraft kontinuierlich ausüben und unter anderem Sucht, hohen Blutdruck und Schlaganfälle erzeugen. Mit dieser Verbindung lassen sich diese oft normalisieren. Wenn man Verhalten – Sucht – 

 

 

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als eine Sache für sich selbst behandelt, bedeutet das nie, das Geheimnis der Neurose zu lösen. Mit dem Alkohol aufzuhören ist keine Heilung; es bedeutet einfach mit dem Trinken aufzuhören. Trinken ist in der Regel keine Krankheit an sich (trotz Anonymer Alkoholiker), es ist das Symptom einer solchen. Wir werden lernen, wie ein basales eingebautes Bedürfnis, wenn es nicht erfüllt wird, zu einem „Bedürfnis nach" Drogen, Essen oder Alkohol wird. Wir müssen uns mit dem Grundbedürfnis befassen und nicht mit dem variablen und vielfältigen „Bedürfnis nach."

In der Kosmologie stellen wir die Fragen „Wie begann das alles? Was hat es entstehen lassen? Wie beschaffen ist das Universum? Wie geschah der Urknall?" Wir müssen nur dieselben Fragen über uns selbst stellen. In der Primärtherapie suchen wir die Jahre mit unseren Eltern wieder auf, eilen zurück zu den Zeiten unserer Großeltern und begeben uns von da (über Monate oder Jahre) hinab zu unseren Primaten-Vorfahren. Von dort reisen wir zu niedrigeren Tierformen – der Salamander wiederum. Und dann zurück zu den Elementen, aus denen wir gemacht sind: die Atome und Moleküle des Sternenstaubs. Natürlich gehen wir nicht bis zu diesem Punkt zurück, aber Patienten gelangen zu dem Salamander-Gehirn, wo sie sich schlängeln und sinusförmige Bewegungen machen, wo es kein Weinen, keine Tränen und gewiss keine Worte gibt, um Feelings zu verdecken. Wir können das. Wir haben diese primitive Sprache erlernt und durch sie erschließen wir unseren Patienten das Unbewusste, vertiefen ihre Identität und erweitern ihren Bezugsrahmen, damit sie sich selbst, ihr inneres Universum und ihr gegenwärtiges Verhalten verstehen.

Je weiter wir ins äußere Universum hinausgehen, umso näher kommen wir unseren Ursprüngen, umso weiter gelangen wir zurück zum Anfang der Zeit. Je tiefer wir in die dunkle Materie des Unbewussten gehen, umso besser verstehen wir unsere Ursprünge und unsere Gegenwart. Dialektisch betrachtet können wir, je weiter wir regredieren, desto eher zukünftige Probleme voraussagen, sei es Angst, Drogensucht oder sexuelle Impotenz. Es existiert zum Beispiel eine Beziehung zwischen Anoxie bei der Geburt und späterer Neigung zum Suizid. Je mehr wir das Geburtstrauma erforschen, umso mehr verstehen wir von unkontrollierter Sucht. Wir können sexuelle Frigidität Jahrzehnte später voraussagen. Über all das lernen wir in den folgenden Kapiteln.

Der Urknall, der unser Universum vor etwa 14 Milliarden begründete, hat eine logische Folge im inneren Universum. Wir sehen unsere uralte Vergangenheit in den weitgestreuten Sternen, die gen Unendlichkeit rasen, und wir sehen unsere persönliche Vergangenheit in den „weitgestreuten" Symptomen unserer Biologie. Wir sehen den Beweis für unsere frühen Traumen in der Messung der Muskelspannung im Augenzwischenraum, und wir sehen das Vorgeburtstrauma in den Kortisol- und Serotoninspiegeln – etwa 30 Jahre später. Das sind die weitgestreuten Folgen früher Einprägungen, unseres persönlichen „Urknalls," wenn Sie so wollen. Wir können die Spur zu diesen frühen

 

 

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Ereignissen von den hohen neurochemischen Werten aus, die wir heute sehen, zurückverfolgen. Diese Werte sind verbunden mit und entwickeln sich aus spezifischen Traumen, die uns schon vor unserer Geburt widerfuhren. Sie erinnern uns daran, was mit uns geschehen ist und halten diese frühen Ereignisse am Leben. Wir dürfen diese Erinnerungs-Bruchstücke nicht einfach mit Medikamenten zurückschlagen, sei es Herzjagen oder hoher Blutdruck; wir müssen sie mit den Dingen verknüpfen, die von ganz früh an geschahen und die Erschütterungen in unserer Biologie verursachten.

Der Zweck der Wissenschaft besteht darin, Vorhersagen zu machen; jedoch ist Vorhersage solange nicht möglich, bis wir die Ursprünge kennen. Sich nur auf die Gegenwart zu konzentrieren ist gleichbedeutend mit Astrologie. Sich auf die dunkle Materie, die Geschichte und die Ursprünge zu konzentrieren ist die Domäne der Astronomie. Letztere ist strikte Wissenschaft. Der Wert einer Wissenschaft ist nur so gut wie ihre Beweiskriterien.Wenn der Beweis in der Psychotherapie die Geschichte ignoriert, wenn sie phänotypisch und in ahistorische Begriffe gekleidet ist (zum Beispiel für sechs Monate mit dem Alkohol aufzuhören), kann sie nicht erfolgreich sein. Sie kann nur gegenwärtige zeitweilige Änderungen produzieren, die nicht von Dauer sein können, weil dunkle unbewusste Kräfte am Werk bleiben. Wir bleiben Gefangene der Geschichte, nicht nur der Geschichte der frühen Kindheit sondern ebenso derjenigen zuvor, wenn Traumen auf Leben und Tod normales Funktionieren erschüttern und abweichen lassen.

Wenn wir je ein volleres Universum entdecken wollen, das menschliche Pathologie erklärt, müssen wir den inneren Kosmos erforschen, das geheimnisvolle Unbewusste, das seine Wahrheiten zögerlich aber verlässlich preisgibt und das Geheimnis beendet, welches das Unbewusste war. Ohne eine Reise ins Reich des Inneren werden wir Depression niemals wirklich verstehen. Woher wissen wir das? Die Neigung zu Depression und oft zu suizidalen Gedanken hält an, bis wir die tiefe, entfernte Vergangenheit erforschen und sie wiedererleben. Es ist dieses Wiedererleben, das sowohl Chemie als auch Verhalten normalisiert. Wiedererleben bedeutet, durch die Zeit zu reisen zu einem zeitlosen Zustand, in dem Gegenwart und Vergangenheit miteinander verschmelzen. Ist jemand die Vergangenheit, dann wird gegenwärtiges Verhalten klar: „Ich habe Migräne-Anfälle, weil es bei der Geburt so wenig Sauerstoff gab." Oder: „Ich trinke, weil ich unmittelbar, nachdem ich geboren war, wochenlang keine Mutter hatte." Keine Einsichten nötig. Das Unbewusste erklärt es alles. Betrachten wir unser Feld als das der Primärkosmologie, bei der wir nicht länger damit zufrieden sind, nur auf die Gegenwart zu schauen; wir müssen die Vergangenheit wieder aufsuchen und in sie eintauchen. Nur das wird uns befreien. Es gibt keine Gestalt-Übungen, keine Einsichten, die das leisten können. Es gibt keine Gegenwart ohne diese Vergangenheit.

Primärtherapie ist die erste Psychotherapie, die wirkungsvoll Zugang zu den tiefsten Schichten des Gehirns und des Bewusstseins erlangt. Um Menschen zu helfen, schreckliche Symptome und Leiden loszuwerden und um ihren Depressionen 

 

 

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und Ängsten ein Ende zu setzen, müssen wir über das Freudianische und behavioristische Vermächtnis hinausgehen, das sehr viel getan hat um zu helfen, das aber jetzt so einschränkend ist. Wir müssen die Kunst ‚Psychotherapie’ mehr in Richtung Wissenschaft verlagern.

Die Auffassung, dass der Gedanke an erster Stelle steht und das Gehirn an zweiter, welche die intellektuelle Therapie von der Gefühlstherapie unterscheidet, geht auf den alten Disput zurück zwischen den logischen Positivisten des 19ten Jahrhunderts, die den Verstand als primär sahen, und den Empirikern, welche die Erfahrung an erste Stelle setzten. Es geht eindeutig auf die Auffassungen des Sokrates zurück. Die Materie, das Gehirn, ging offensichtlich dem Geist voraus. Es existierten Milliarden Jahre organischen Lebens, bevor es ein denkendes Gehirn gab, das Gedanken ersinnen konnte.

Psychologie kann keine bloße „Verhaltenswissenschaft" mehr sein, sondern muss vielmehr etwas sein, das unser physiologisches Selbst in Betracht zieht, die Kräfte, die Verhalten antreiben, - eine Wissenschaft des Fühlens. Psychologie muss die Wissenschaft von den Bedingungen menschlichen Seins werden; sie muss sie alle umfassen, nicht nur den psychischen Aspekt. Um Psychotherapie zum ersten Mal als Wissenschaft zu etablieren, formulieren diejenigen von uns, die am Primal Center arbeiten, Hypothesen und testen sie. Wir haben vier signifikante Gehirnwellen-Experimente abgeschlossen, ebenso mehrere Doppelblind-Studien, und wir haben Neurochemie und Immunfunktionen von Patienten überprüft. Wir überwachen unsere Patienten jahrelang nach der Therapie, um zu verifizieren, dass ihr Fortschritt von Dauer ist. Wir messen die Vitalfunktionen vor und nach jeder Sitzung. Wir erkennen, dass sich bestimmte Arten von Pathologien offenbaren, wenn besondere Vitalwert-Konfigurationen eintreten. Veränderungen bei diesen Vitalwerten dienen uns als Maß für den Fortschritt. Unsere Techniken, durch jahrelange Praxis verfeinert, sind präzise und messbar.

Ich bin der Forschung treu geblieben, die ich unternommen habe, und ich habe gewissenhaft darüber berichtet, habe bekundet, wann etwas Spekulation und Vermutung im Gegensatz zu unzweifelhaften Tatsachen war. Unsere klinische Arbeit wird nach 33 Jahren, in denen wir 5.000 Patienten aus mehr als 20 Ländern behandelten, akzeptiert und anerkannt.

Ich widme dieses Werk meinen Patienten, die mir durch ihre Verpflichtung zur Behandlung geholfen haben, Gedanken zu formulieren und die den Mut gehabt haben, dorthin zu gehen, wohin kein psychiatrischer Patient je zuvor gegangen ist.

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KAPITEL 1

DAS SPIELT SICH ALLES IN DEINEM KOPF AB

 

 

 

 

 

Ich habe mir eine ziemlich beängstigende Aufgabe gestellt: Ich will zeigen, dass es keiner Therapie, die Worte als vorherrrschende Behandlungsmethode benutzt, gelingen kann, bei Patienten tiefgreifende Veränderung zu bewirken. Das schließt alle Einsichtstherapien ein, die kognitive Therapie, rational emotive Therapie, Hypnotherapie, Psychoanalyse, Biofeedback, Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) und geführtes Bilderleben/Tagträumen. Das kann alles hilfreich sein, aber nichts davon kann eine tiefgreifende Veränderung der Persönlichkeit oder tiefgreifende anhaltende Erleichterung bewirken.

Ich hätte dieser Behauptung widersprochen, als ich ursprünglich vor vielen Jahrzehnten psychoanalytische Einsichtstherapie praktizierte. Meine Patienten erklärten übereinstimmend, dass sie sich nach der Behandlung anders fühlten und glaubten, dass sich ihr Leben wesentlich verändert habe. Jetzt bin ich mehr als skeptisch. Ich habe jetzt gesehen, wieviel mehr möglich ist.Tiefe Persönlichkeitsveränderung ist unmöglich auf der Ebene von Worten oder sogar auf der Ebene von Emotionen; es gibt kein „Sich-Luft-Machen“ oder  „Herauslassen“ wie Weinen und Schreien, das echte oder anhaltende Veränderung zustande bringt.

Wenn echte und anhaltende Veränderung eintreten soll, müssen sich tiefere Gehirnebenen physiologisch verändern, so dass sich Schlüsselstrukturen im Gehirn wieder auf optimale, gesunde Werte einstellen können. Weiterhin wird eine solche Veränderung nur zustande kommen, wenn sich jene Teile des Gehirns, die tief eingeprägte Erinnerungen bergen, neurochemisch mit den Teilen des Gehirns verknüpfen können, welche den eher rationalen, gedanklichen Aspekten unserer Psyche zugrunde liegen, wie z. B. der frontale Neokortex. Kein noch so großes Maß an gesprächsbasierter Therapie wird so eine Verknüpfung zustande bringen, weil es nur zu geringer Aktivierung der subkortikalen Strukturen kommt,  

 

 

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welche die tief eingeprägten Erinnerungen vermitteln; dennoch ist diese Verknüpfung entscheidend, wenn in der Psychotherapie ein wesentlicher Fortschritt geschehen soll. Auf diesen Seiten werde ich zeigen, wie unsere psychische und ebenso unser physische Gesundheit bestimmt wird von der physiologischen Funktion jener grauen Materie, die wir Gehirn nennen.

Konventionelle Psychotherapie war immer von der Überzeugung durchdrungen, dass gute psychische Gesundheit ein Produkt des Geistes ist – ein Ergebnis des denkenden, logischen, rationalen präfrontalen Kortex; kurz gesagt, dass man sich seinen Weg zur Gesundheit erdenken könne. Die logische Folge ist, dass man im Geiste krank wird; dass man sich eigentlich seinen Weg zur Krankheit erdenkt. Konventionelle Psychotherapie glaubt, dass man seinen Gesundheitszustand ändert, wenn man seinen Geisteszustand ändert. Nichtsdestotrotz ist Neurose, eine körperliche und seelische Abweichung von einem normalen System, im Gehirn nicht als Gedanke sondern als Erfahrung verankert, eine Erfahrung, die eine physiologische Spur hinterlässt. Deswegen kann keine Psychotherapie, die sich auf Worte und Gedanken verlässt, Neurose verändern. In der September-2005-Ausgabe der Science News gibt es einen Artikel, in dem steht, dass positives Denken eine Langzeitwirkung haben kann1. Auch Schmerzerwartung kann von denselben Nervenschaltkreisen im Gehirn verarbeitet werden wie bei wirklichem Schmerz; und das Gegenteil ist auch wahr: an Erleichterung zu denken bringt Erleichterung. Das hat leider viele Fachleute zu der Überzeugung geführt, dass man sich seinen Weg zu Gesundheit erdenken kann. Wir können uns nur unseren Weg zu einem trügerischen Gesundheitszustand erdenken, während weiter unten laut der Schmerz brodelt2. Somit hat der Glaube an Erleichterung eine feste neurologische Grundlage und ist nicht nur eine Laune des „Geistes.“ Das Problem ist, dass es ein Glaube bleibt und kein wirklicher voll physiologischer Zustand. Das ist eine Möglichkeit, wie es zu einer Trennung zwischen Körper und Geist kommen kann: der Geist löst und entfremdet sich von unserem wahren physischen Zustand.

Neurose ist ein signifikantes Maß an Schmerz, das unserem System früh im Leben eingeprägt wird und wesentliche Verzerrungen sowohl geistiger, emotionaler als auch körperlicher Funktionen verursachen kann. In der Psychotherapie dürfen wir die volle physiologische Wirkung der Erfahrung nicht ignorieren, indem wir allein auf den kortikalen, denkenden Geist achten. Das ist offensichtlich, aber dennoch trennen die meisten Therapien der Gegenwart den Geist vom Gehirn und das Gehirn vom Körper, so dass Therapie zu einem fragmentierten Unterfangen geworden ist. Wenn wir den Geist als Reflexion der Gesamtsumme des ganzen Systems sehen, beginnen wir zu verstehen, dass wir nur gesund werden können, wenn wir ihn als integriertes System erkennen.

Wäre „Wellness“ einfach eine Sache dessen, was wir über uns denken (oder was ein Therapeut über uns denkt), dann wären all die religiösen Bekehrungen und sich daraus ergebenden Epiphanien eine genauso berechtigte Neurosen-Behandlung wie jede Psychotherapie. Wenn wir konventionelle Psychotherapie für gut befinden und glauben, dass wir nur mit dem Verstand gesund werden können – mit dem, was über uns denken, -

 

 

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dann ist letztlich ausschlaggebend, was in unserem Geist ist, sei es die Vorstellung, von einem Gott gerettet zu werden oder von einer Einsicht gerettet zu werden, die wir vielleicht darüber haben, was unsere Mutter mit uns tat, als wir aufwuchsen.

Weil jedoch der kortikale – denkende – Geist oder Verstand die Fähigkeit zur Selbsttäuschung hat, können wir uns auf die Schlußfolgerungen von Patienten nicht verlassen; noch können wir uns darauf verlassen, dass uns psychologische Tests genaue Informationen über einen Patienten vermitteln, weil sich solche Tests nur mit Gedanken befassen und den Körper, den physiologischen Aspekt ausschließen. Ein treffendes Beispiel: Eine Untersuchung durch eine Gruppe britischer Neurologen fand heraus, dass der Name eines Geruchs sich über die tatsächliche sensorische Erfahrung hinwegsetzte. So etikettierten sie verschiedene Gerüche falsch und fanden heraus, dass die Untersuchungsgruppe vielmehr auf die Bezeichnungen reagierte als auf die Erfahrung. Das bestätigte sich durch Magnetresonanz-Messungen. Kurz gesagt dominierte die Kognition Gefühle und Instinkte. Wenn die Versuchsperson auf den falsch bezeichneten Geruch reagierte, sprachen die Teile des Gehirns nicht an, die zum Beispiel beim Geruch von Käse hätten aufleuchten sollen, weil er ein angenehmeres Etikett hatte. Kurz gesagt können wir Wahrnehmung und Kognition auf beliebige Weise verdrehen, und das kann sich über die Erfahrung hinwegsetzen. Wir werden später sehen, wie wichtig das ist, wenn wir über die kognitive Therapie sprechen.

 

Wenn echte und anhaltende Veränderung eintreten soll, müssen sich tiefere Gehirnebenen physiologisch verändern, so dass sich Schlüsselstrukturen im Gehirn wieder auf optimale, gesunde Werte einstellen können.

 

 

Für echte und anhaltende Veränderung müssen sich tiefere Gehirnebenen physiologisch verändern, so dass sich Schlüsselstrukturen im Gehirn wieder auf optimale, gesunde Werte einstellen können.

Wir müssen bei unserer Diagnose jederzeit präzise sein. Wir würden keine Antibiotika gegen eine Viruserkrankung geben, nur weil die Patientin denkt, sie habe eine bakterielle Infektion. In der Allgemeinmedizin akzeptieren wir die Eigendiagnose des Patienten nicht – wir führen Tests durch, um die Wahrheit zu bestimmen. Dasselbe müssen wir in der Psychotherapie machen. Wir müssen nicht nur die Psyche prüfen sondern ebenso das physiologische System. Die physiologischen Auswirkungen und die Gedanken, die wir über uns selbst hegen, kommen von zwei verschiedenen Gehirnsystemen. Oft ist die Kommunikation zwischen diesen Gehirnsystemen schlecht, so dass ein ziemlicher Unterschied besteht zwischen dem, was wir denken und was wir fühlen.

 

 

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Die meisten Therapeuten testen den Patienten nur in Hinsicht auf psychologische Zustände. Ihre Fragebögen zentrieren sich auf psychische Gesundheit. Wenn eine Patientin sagt „Ich weine oft, aber ich fühle mich gut,“ sollen wir das dann glauben? Wenn wir den Stresshormon-Spiegel (Kortisol) der Patientin untersuchen und sehen, dass er hoch ist, müssen wir misstrauisch sein, wenn die Patientin behauptet, dass sie sich gut fühle.

Ich sah eine Frau, die unter etwas litt, was als maskierte Depression bekannt ist; etwas, dessen sie sich nicht bewusst war, aber sie benahm sich nahezu die ganze Zeit „dead and down“ –„am Boden zerstört.“ Die Messwerte ihrer Vitalfunktionen waren zu Beginn niedrig, und ihr Kortisolspiegel (ein Stresshormon, das wir messen, indem wir Mundabstriche – Speichel – nehmen) war ziemlich hoch. Obwohl sie sagte, sich keines tiefen Leidens bewusst zu sein, behauptete sie, unter leichter Unpässlichkeit zu laborieren. Ihre Physiologie „schrie Bände,“ und später tat das auch sie; das heißt, als sie allmählich Zugang zu ihrem Unbewussten fand. Unser Job besteht in gewisser Hinsicht darin, das Unbewusste mit dem Bewussten zu verschmelzen, uns in Kontakt zu bringen mit dem, was unser Körper sagt. Dafür müssen wir die Sprache des tiefen Gehirns erlernen, das ständig zu uns spricht, wenn wir nur aufmerksam wären, und mit dem wir dennoch selten reden können. Wir müssen seine Sprache lernen, was nicht viel leichter ist als Französisch zu lernen. Was noch schlimmer ist – wir können es nicht durch Worte lernen; nie durch intellektuelle Übungen, nur durch Feelings. Wenn wir die Sprache des Unbewussten, die ihre eigene Syntax und ihr eigenes Lexikon hat, nicht sprechen lernen, können wir uns einfach nicht tiefgreifend ändern.

Der schmerzvolle Aspekt einer Erinnerung tritt ein, wenn Feelings gegen die Verdrängung stoßen. Wenn jemand fühlt und es keinen Grund mehr für Verdrängung gibt, tut es so viel weniger weh. Mit den Gefühlen kommt in einer Sitzung auch der Schmerz hoch. Er wird zu realem Leiden, wenn er sich dem vollen Bewusstsein nähert. Und dann plötzlich – Erleichterung. Man befasst sich mit dem Feeling und fühlt es. Die einzige Alternative, die jemand hat, der sich in konventioneller Therapie befindet, besteht darin, den Schmerz mit Medikamenten zu unterdrücken. Oder ihn in einer Flut von Worten und Gedanken zu ertränken. Mir ist klar, dass man viel freier, offener und liebevoller ist, wenn man sich sich selbst öffnet.

Die dreiunddreißigjährige Amy berichtete ihrer Therapeutin am Primal Therapy Center, dass ihre Woche ziemlich langweilig sei. „Obwohl ich ab und zu weine, scheint mit mir alles in Ordnung zu sein.“ Dennoch verriet sie ihr Körper. Auch in einer

 

Moderne Psychotherapie verfestigt oft den Spalt oder  die Trennung zwischen dem tiefen Primäruniversum und unserem denkenden frontalen Kortex.

 
 

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„langweiligen, ruhigen Umwelt“ war ihr Stresshormon-(Kortisol-)Spiegel hoch. Sie stand eindeutig unter Stress und wusste es nicht, was bei vielen Individuen der Fall ist, die plötzlich an einem blutenden Geschwür erkranken und keine Ahnung haben, warum. Ihr Körper, ihr Unbewusstes kannte die Wahrheit, auch wenn „sie“ sie nicht kannte. Das ist ein wesentlicher Grund, warum wir Zugang zum Unbewussten haben müssen, abgesehen von der Tatsache, dass es uns nicht länger dirigieren soll. Es würde verhindern, dass uns unerklärliche Krankheiten plötzlich befallen. Leute unter Schmerz leiden nicht immer. Ihre Verdrängungs- und Hemmungssysteme funktionieren gut. Leiden ist der gewahre Teil von Schmerz und nicht der bewusste Teil. Damit meine ich, dass wir uns eines gewissen Unbehagens bewusst sein können, uns bewusst sein können, dass wir uns lausig fühlen, aber nicht wissen, warum. Wogegen wir, wenn wir voll bewusst sind, Schmerz fühlen und wissen warum, und woher er kommt. Das ist Wissen als Resultat des Zugangs zu unserem Unbewussten.

Das Leiden bei Depression sollte kein Geheimnis sein.  Es gibt spezielle Ereignisse, die es verursachten, und man kann auf geordnete, folgerichtige Weise darauf zugreifen. Amy fand später, nachdem sie erzählt hatte, wie ihre Mutter sie immer angeschrien hatte, dass niemand lieben kann, der die ganze Zeit so wütend ist. Obwohl sich ihre Mutter sporadisch zu Liebe bekannte, war sie in ihrem Verhalten niemals wirklich offensichtlich. Und Verhalten zählt, nicht nur Worte. Amy trennte sich von ihren Bedürfnissen und von deren Nichtbefriedigung. Klar ersichtlich waren sie in ihrem Ausagieren , wo sie sich an Freundinnen klammerte und die ganze Zeit ihre „Liebe“ und Bestätigung brauchte. Sie war so verzweifelt anhänglich, dass sie einige ihrer Freundinnen vertrieb.

Ein ganzes Universum an Erfahrung liegt so tief im Gehirn, dass die meisten von uns keine Ahnung von seiner Existenz haben. Dieses Universum steuert unser Verhalten und verursacht psychische und physische Symptome. Wir müssen uns ein paar wichtige Fragen stellen: Woher wissen wir von diesem Universum? Wie erlangen wir Zugang zu ihm? Und, was das Wichtigste ist, wie integrieren wir es in unser Bewusstsein, so dass wir nicht von unbewussten Kräften gesteuert werden?

Leider verfestigen viele moderne Psychotherapien den Spalt oder die Trennung zwischen dem tiefen Primäruniversum und unserem denkenden frontalen Kortex. Die Gefühle, die aus dem Primäruniversum nach oben durchsickern, werden von den meisten Therapeuten als Abweichungen behandelt, die Unterdrückung durch unseren Verstand, den Kortex erfordern. Jetzt wissen wir es anders. Dieses Universum existiert nicht nur und ist quantifizierbar (Feelings kann man zusammen mit dem Verdrängungsniveau messen), sondern ist auch entscheidend für unsere Gesundheit.

Der Körper hat eine Stimme, und sie sagt uns, dass er sich, falls der Kortisolspiegel – unser Stresshormon – hoch ist und falls Serotonin – eine Gehirnsubstanz, die andere Gehirnaktivität unterdrückt, - gering vorhanden ist, über alles hinwegsetzen kann, das der Kortex uns gerne glauben machen möchte. Wenn es einen Widerspruch gibt zwischen dem, was wir glauben und was physiologische Tests anzeigen, sollten wir misstrauisch sein.

 

 

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Ein Patient begann die Therapie damit, dass er sagte, er komme aus intellektuellen Gründen, weil er an unsere Philosophie glaube. Nach und nach fanden wir heraus, dass er nicht schlafen konnte, ständig agitiert war und sich nicht entspannen konnte. Er organisierte seinen Tag so, dass er immer etwas zu tun hatte und irgendwohin gehen musste. Die Werte seiner Vitalfunktionen waren hoch – eine Herzfrequenz von konstant 95 Schlägen pro Minute und ein Blutdruck von 160 zu 100. Er sah uns nicht aus philosophischen Gründen. Er schämte sich, neurotisch wie jeder andere zu sein, und konnte es nicht ertragen, ein „Spinner“ zu sein. Dieser Mann hatte, was ich undichte Schleusen nenne. Sein hemmendes, verdrängendes System war defekt. Dafür gibt es viele Gründe, wie wir später sehen werden. Ein wichtiger Grund ist das Geburtstrauma, schwere Anästhesie, die verhindert, dass sich der inhibitorische Kortex richtig entwickelt. Er hatte Schwierigkeiten damit, seine Impulse zu kontrollieren, die während des Schlafs vorwärts drangen, ihn aufweckten und ihn zum Grübeln und Nachdenken über jede Menge trivialer Dinge zwangen. Sein Schleusensystem eignete sich nicht für einen richtigen Schlaf.

Wir haben (zusammen mit Open University, Milton Keynes, England) Imipramin-Bindungs-Studien (blind) an Blutplättchen durchgeführt. Blutplättchen weisen ein hohes Maß an Ähnlichkeit mit Nervenzellen auf, einschließlich Neurotransmitteraufnahme und Bindungsstellen. Wir folgerten, dass wir durch das Blut ersatzweise die Serotonin-Produktion im Gehirn messen könnten. Imipramin spielt eine Rolle als Antidepressivum. Es blockiert die Aufnahme von Serotonin, so dass mehr davon übrig bleibt, um bei der Verdrängung zu helfen. Deshalb ist es wichtig, dass sich die Spiegel nach einem Jahr Primärtherapie normalisierten3. Unsere inoffizielle Analyse einer Reihe von Patienten in Europa ergab, dass manische Patienten geringe Bindungswerte aufwiesen. Das hatten wir erwartet, da ihre frontalen Kontrollmechanismen defekt waren. Wir nahmen an, dass ein frühes Trauma die Entwicklung präfrontalen Gehirngewebes kompromittiert.

Innerhalb unseres Gehirnsystems befindet sich der linke frontale Kortex, der eine enorme Fähigkeit zur Selbsttäuschung aufweist. Sobald wir seine Rolle in der Evolution verstehen, sollten wir vorsichtig sein, wenn wir uns  hinsichtlich Richtigkeit und Wahrheit über innere Erfahrung auf ihn verlassen.Wir können dem linken frontalen Kortex trauen, was äußere Wahrnehmung betrifft, weil das seine Rolle ist, aber nicht hinsichtlich inneren Verstehens. Wenn wir etwas über unser primäres Gefühlsuniversum wissen wollen, müssen wir uns an das rechte Gehirn und den rechten präfrontalen Kortex wenden. Leider zwingt er die linke Seite zum Lügen und Betrügen; vor allem das Selbst zu belügen und zu betrügen.

Wir werden sehen, wie Liebe früh im Leben – auch im Mutterleib – die Systeme und Strukturen des Gehirns aufbaut und lebenslange psychische und physische Gesundheit  bestimmt.

 

 

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Abbildung 1: Gehirnstrukturen

Jüngste Gehirnforschung (später zitiert) hat herausgefunden, dass es, wenn wir früh im Leben unter fehlender Liebe leiden, weniger Schlüsselzellen gibt, die uns beim Denken, Konzentrieren und dabei helfen, unsere Gedanken mit unseren Gefühlen zu verbinden. Wenn wir erst verstehen, dass verborgenen Gefühle einen Großteil unseres Verhaltens lenken, dann verstehen wir, wie wichtig es ist, unsere Gedanken mit unseren Gefühlen zu verbinden. Ohne Verknüpfung können wir das Verhalten oder die körperlichen Symptome nicht kontrollieren, die aus solchen Gefühlen erwachsen.

In der konventionellen Psychotherapie gelingt es uns durch verschiedene Einsichten und Medikamente, zeitweise das zu erreichen, was hätte stattfinden sollen, wenn wir von Anfang an liebevolle Eltern gehabt hätten. Medikamente und Therapie gestatten uns, wenigstens einen vorübergehenden Zustand der Entspannung zu erreichen, indem sie die Wirksamkeit des Abwehrsystems verstärken. Ich behaupte, dass Kognitions-/Einsichts-Therapie eigentlich ein Tranquilizer ist und die Verdrängung der linken Hemisphäre zum Nachteil des Fühlens verstärkt.

Drogen und Medikamente töten den Schmerz, der daraus resultiert, dass wir früh in unserem Leben nicht geliebt wurden, und lässt uns für eine gewisse Zeit glauben, dass wir geliebt wurden, oder lässt uns wenigstens denken, dass es uns einfach gut geht. Weil frühe Liebe die Menge der repressiven Substanzen optimiert, die wir absondern, leiden wir, wenn Liebe fehlt, unter einem Verlust dieser Substanzen und fühlen uns danach selten wohl in unserer Haut.

 

 

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Wenn jemand eine traumatische Geburt hat, ändert sich das gesamte biochemische System, und der Körper kann zum Beispiel weniger alarmierende, wachmachende Substanzen produzieren, was dazu führt, dass ein Mensch träge, passiv und aggressionslos wird. Solche frühen Lebenserfahrungen werden neurochemisch ins Gehirn eingeprägt und beeinflussen unser Leben im Erwachsenenalter.

Die Auffassung der Prägung/Einprägung ist der Schlüssel zu unserer Arbeit und zum Verständnis der Neurose. Wenn eine Erfahrung neurochemisch eingeprägt wird, werden unsere neuralen Verknüpfungen dadurch permanent beeinflusst, was bedeutet, dass sie ein Leben lang in unserem Gehirnsystem bleibt. Jedoch scheint es möglich, die Einprägung zu verändern, indem man die Erfahrung in der Primärtherapie wiedererlebt. Die von der Einprägung verursachte Qual kann vielleicht mit Medikamenten oder Drogen vermindert oder bis zu einem gewissen Grad mit konventioneller Psychotherapie gelindert werden, aber die Einprägung ist unauslöschlich und setzt sich letztendlich durch.

Wie wir sehen werden, setzt sich die Einprägung in jeder Zelle unseres Körpers fest. Sie verzerrt die Organfunktion und reguliert Schlüssel-Sollwerte von Hormonen und neurochemischen Substanzen wie Serotonin neu.  Um sie zu verändern oder zu beseitigen, müssen wir zu den Augenblicken zurückgehen, als sie verankert wurde, die Erfahrung wiedererleben und das System normalisieren. Es gibt keinen Willensakt, kein Bemühen, das uns normalisieren würde; nur wenn wir die Zeit der Abweichung wiedererleben, geschieht dies, und es geschieht ganz aus sich selbst heraus. Deshalb kann ein Depressiver mit einer Körpertemperatur von 96 Grad (F) in die Sitzung kommen, eine tiefe frühe Hoffnungslosigkeit wiedererleben und mit einem normaleren Wert hinausgehen. Warum? Weil die eingeprägte Empfindung/das eingeprägte Gefühl die Abweichung nicht mehr an Ort und Stelle hält. Das bedeutet, dass abweichende Werte ein Produkt der Einprägung sind. Der Körper muss auf schädliche frühe Ereignisse reagieren; er entwickelt niedrige Körpertemperatur nicht aus einer Laune heraus. Sie ist Teil eines im gesamten System wirksamen Reaktions-Ensembles, das die Depression intakt hält. Das ist alles Teil der Erinnerung. Wir können diese Reaktion (Blutdruck und Herzschlag) mit Vitaminen oder New Age–Techniken korrigieren, aber um die ganze Reaktionskaskade zu verändern, müssen wir uns mit dem Zeitpunkt des Primärereignisses befassen.

Wenn wir uns mit Mann oder Frau als Ganzes befassen, erhalten wir einen anderen Reaktionsverlauf, als wenn wir uns hier oder dort mit einem Symptom befassen. Wir wollen nicht das Symptom gesund machen, wir wollen die Person gesund machen, und das Symptom wird sich oft von selbst erledigen. Deshalb kommt es bei unseren Hypertonikern (Patienten mit hohem Blutdruck) nach einem Jahr Therapie zu einem signifikanten permanenten Absinken ihrer Werte. Wir arbeiten nicht direkt am Symptom, wir wissen oft wenig über die Details eines Symptoms. Wir wissen von der menschlichen Bedingung, die Symptome enstehen lässt. Oft wissen Spezialisten immer mehr über immer weniger – mehr über eine spezielle Reaktion (was sehr wertvoll ist), aber oft erklärt das nicht ihren Ursprung und wie man

 

 

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sie los wird. Stattdessen haben sie gelernt, wie man sie mit Medikamenten kontrolliert und handhabt.

Eine depressive Patientin kam chronisch erschöpft und energielos in die Sitzungen. Sie erlebte eine Geburt wieder, bei der die Mutter schwere Betäubungsmittel erhielt – sie konnte nicht heraus, gleich, wie sehr sie sich bemühte. Schließlich zog man sie mit der Zange heraus. Aber die Erschöpfung prägte sich ein und ebenso der Energiemangel. Vor der Therapie hatte man bei ihr ein chronisches Erschöpfungssyndrom diagnostiziert und sie mit verschiedenen Medikamenten behandelt. Aber die Erschöpfung war eine Erinnerung, die nur durch Erinnerung behandelt werden konnte – dorthin zurückgehen, wo alles begann, und die Erschöpfung im Zusammenhang fühlen. Daraufhin normalisierten sich ihre Vitalfunktionen und ebenso ihr Energieniveau. Das geschah nicht nach einer einzigen Sitzung, sondern nach vielen.

Während konventionelle Psychotherapie die organische Anordnung des Gehirns ignoriert, besteht in einigen Medizinkreisen ein umgekehrtes Problem, da dort Gesundheitsprobleme rein auf die Gehirnfunktion reduziert und psychologische Faktoren nicht anerkannt werden. So existiert nach dem gegenwärtigen Zeitgeist eine Essstörung wie Bulimie wegen niedriger Serotoninspiegel, ein vom Gehirn produziertes Hormon, wobei viele zu dem Schluss kommen, es handle sich um eine genetische Funktion.

Der Glaube, dass nur physische Faktoren zählen, zeigt sich in einer als Biofeedback bekannten Medizin-Arena, die behauptet, dass wir ein psychisches Gesundheitsproblem wie Angst ändern können, indem wir zum Beispiel Gehirnwellen ändern, dadurch, dass man einen Patient sich Entspannung vorstellen lässt und dann seine Gehirnwellen in den Alpha-Bereich lenkt, den einige Therapeuten mit einem ruhigen Zustand gleichsetzen. Aber ist das ein ausreichendes Kriterium, um festzustellen, ob eine Behandlung erfolgreich war?

Beim Biofeedback wird eher eine bestimmte Auffassung von Normalität auf den Patienten angewandt, als dass man dem System erlaubt, sich durch einen natürlichen evolutionären Therapie-Prozess zu normalisieren. Es ist die Vorstellung des Therapeuten von Normalität. Es bedeutet, ein Stück oder Fragment unserer Psyche zu nehmen und es zu behandeln, als wäre dies das A und O der ganzen Sache. Stellen Sie sich vor, Sie sind an eine EEG-Maschine angeschlossen und versuchen wie bei Biofeedback durch Visualisierung ihre Gehirnwellen in den sogenannten Normalbereich abzuändern. Es ist purer Mystizismus zu glauben, dass man damit die Auswirkungen eines ganzen Lebens mit einer alkoholkranken Mutter und einem gewalttätigen Vater umkippen kann. Ein solcher therapeutischer Prozess hängt davon ab, dass man sich einen normalen Zustand vorstellt, was bedeutet, dass man sich seinen Weg zur Gesundheit erdenkt. Was man erreicht, ist ein illusorischer Zustand; kurz gesagt etwas, das nicht real oder dauerhaft ist.

Um einen Patienten erfolgreich zu behandeln, ist es unbedingt erforderlich, dass wir seine psychologische Geschichte in Betracht ziehen, eine Geschichte, die Inzest, Verlassenheit und Vernachlässigung beinhalten könnte. Was am wichtigsten ist, wir müssen uns die frühe physische und psychologische Entwicklung eines Individuums anschauen und jene kritische Periode von

 

 

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der Schwangerschaft durch die ersten drei Lebensjahre prüfen, die, wie die Wissenschaft erst jetzt zu erkennen beginnt, so viel mit Problemen im späteren Leben zu tun hat. Man muss sich unbedingt die Person als Ganzes ansehen und die frühe Geschichte des Patienten berücksichtigen, wobei physiologische Faktoren ebenso wie psychologische in Erwägung zu ziehen sind.

Ich nenne die Kluft zwischen Gefühlen/Empfindungen und ihrem psychischen Gegenstück den Janovschen Spalt. Wir werden sehen, wie wichtig dieser Spalt ist, wenn es darum geht zu ermitteln, wie lange wir leben und wie früh im Leben wir an  allen möglichen Leiden sowohl körperlicher als auch psychischer Art erkranken.

Der einzige Fortschritt in der Psychotherapie besteht darin, wieder ganz zu werden, ein Selbst wieder zu finden, das vor langer Zeit verloren ging, und Gefühle wieder zu erlangen, die wir von Anfang unseres Lebens an abgetrennt haben. Nur eine Therapie, die auf Erfahrung basiert, auf der Gehirnentwicklung des Individuums, kann erfolgreich sein. Man muss bei solchen Therapien das gesamte System des Patienten berücksichtigen, so dass das gesamte System gesund werden kann und nicht nur ein Teil davon.

Symptome sind der Ausdruck einer eingeprägten Erinnerung – Erinnerungen an Erfahrungen, die wir in unseren frühesten Momenten machten und die neurochemisch innerhalb unseres Gehirns und Nervensystems verankert wurden. Genau das liegt im Primäruniversum – monumentale Emotionen eingeprägter Erinnerungen, die in die abgelegenen Bereiche des Gehirns abgesondert wurden. Damit ein Patient gesund wird, ist es notwendig, auf diese Erinnerungen auf sichere Weise zuzugreifen, sie ins volle Bewusstsein zu bringen und schließlich zu integrieren. Wenn das geschieht, harmonisiert sich das gesamte System des Individuums, Schlüsselhormone normalisieren sich und das System kommt schließlich wieder in Ordnung. Nachdem eine Verbindung hergestellt worden ist zwischen Gefühlen/Empfindungen und dem Verstand, wird die Wahrnehmung genauer und man erfährt schließlich ein nie zuvor gekanntes Gefühl von Ruhe und Entspannung.

Wir fühlen uns am ganzen Körper besser, nachdem wir die Verbindung zwischen unserem Verstand und unserem eingeprägten Schmerz hergestellt haben, weil man die Spuren eines Traumas in jedem Teil unseres Systems finden kann. Wenn eine wirkliche Verknüpfung mit der Einprägung und ihrem zugehörigen Gefühl oder Empfindung zustande gekommen ist, sehen wir Veränderungen

 

Nachdem eine Verbindung hergestellt worden ist zwischen Gefühlen/Empfindungen und dem Verstand, wird die Wahrnehmung genauer und man erfährt schließlich ein nie zuvor gekanntes Gefühl von Ruhe und Entspannung.

 

 

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der Systemwerte in Gehirn, Biochemie, Hormonen und Blut des Patienten. Solche Fortschrittsmessungen sind in der Psychotherapie möglich und müssen diese verschiedenen Systeme einschließen. Jedoch verschreiben Ärzte oft Medikamente als Methode, diese Systeme zu korrigieren. Ärzte bieten Zoloft, Prozac, Wellbutrin, Paxil an – die Liste wächst ständig – um den Patienten zu helfen, dass sie sich besser fühlen, und manchmal tun sie das. Vielleicht hören sie auf, sich zu betrinken oder vollzustopfen, oder vielleicht sind sie dann fähig, sich zu entspannen. Ist das besser? Natürlich, aber der Patient zahlt einen hohen Preis: Die Medikamente verewigen tiefe Verdrängung, indem sie den Spalt zwischen der eingeprägten Erfahrung und dem Verstand weiten und dafür sorgen, dass der Patient weiterhin seiner Gefühle unbewusst bleibt. Das kann möglicherweise später im Leben zu ernster Krankheit führen.

Der Hauptzweck all dieser oben genannten Medikamente besteht darin, Verdrängung zu unterstützen und Gefühle zu blockieren. Der wirkliche Killer der heutigen Zeit ist Verdrängung; viele Krankheiten entwickeln sich auf dieser Grundlage. Wenn es eine Kraft gibt, die Schmerz unterdrückt, tut das System, was es kann, um zurückzuschlagen. (Damals in den 1970ern schrieb der Psychiater John Diamond darüber, dass der Körper nicht lügt.) Die Energie des Schmerzes muss irgendwohin gehen, und sie wandert zu verschiedenen Organen – Nieren, Leber, Herz oder Blutkreislaufsystem. Wir wissen das, weil Symptome verschwinden und Blutdruck und Herzschlag sich normalisieren, nachdem ein Patient wesentliche frühe Traumen wiedererlebt hat. Die meisten unserer Patienten haben anfangs hohe Stresshormon-Spiegel, und wir wissen, dass langfristig erhöhte Stresshormon-Spiegel zu einer Reihe von Krankheiten führen können,  nicht zuletzt vielleicht zu Alzheimer. Im Klartext: Wenn der real existierende Schmerz nach oben und nach vorne wandern und eine Verknüpfung herstellen würde, würde die Energie nicht zu verschiedenen Organen – zu den anfälligsten – wandern. Aber wenn es keine Verknüpfung gibt, wird lediglich der Energie-Anteil des Feelings freigesetzt und schlängelt sich im System hierhin und dorthin. Der Schmerz hat eine Energiequelle, mit der man sich irgendwie befassen muss. Sie treibt uns an; ganz ähnlich einem Motor, der ständig beschleunigt. Wie ich anderswo erörtere, verringern hohe Langzeit-Stresswerte tatsächlich die Größe des Hippocampus – der Sitz des Gedächtnisses – und beeinträchtigen somit die Erinnerung.

Medikamente vertiefen die Trennung zwischen tiefem Schmerz und dem bewussten Verstand. Das ist kein Weg, um Neurose aufzulösen; im Gegenteil, sie verstärken sie, und die sogenannte Besserung ist künstlich. Wir denken, wir fühlen uns besser, aber der Körper kennt die Wahrheit. Und die Probleme dauern an.

Wenn wir das Verständnis des Gehirns und seiner Systeme vernachlässigen, dann ziehen wir vielleicht Schlüsse über unsere Patienten, die in der physischen Realität keine Basis haben. Wenn wir uns lindernde intellektuelle Ansätze zu eigen machen, Therapien, die sich nur mit der obersten Gehirnebene (dem linken präfrontalen Kortex) beschäftigen,

 

 

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nehmen wir vielleicht den kochenden und zischenden Schmerzkessel weiter unten nicht wahr. Und dieser Schmerz wird wahrscheinlich weiterhin psychische und physische Probleme verursachen, bis sich die denkende Psyche - der Verstand - mit ihm neurochemisch verbindet.

Medikamente verewigen tiefe Verdrängung, indem sie den Spalt zwischen der eingeprägten Erfahrung und dem Verstand weiten und dafür sorgen, dass der Patient weiterhin seiner Gefühle unbewusst bleibt, was potentiell später im Leben ernste Krankheit verursachen kann.

Ich schlage für das Feld der Psychologie einen radikalen Paradigmenwechsel vor, basierend auf einem neuen theoretischen Gefüge, das spezifische Techniken verwendet, um Zugang zu den tiefsten Gehirnebenen zu erlangen, so dass wir die Systeme des Gehirns befreien können und ihm gestatten, auf normalem Niveau zu funktionieren. Dazu aber müssen wir verstehen, wie die Struktur des Gehirns und seine organische Funktion unsere gesamte Gesundheit beeinflusst. Zum Beispiel wissen wir, dass das rechte Gehirn – wo das Fühlen vorherrscht – sich vor dem linken - wo das Denken vorherrscht - entwickelt und starken Einflüssen ausgesetzt ist. Effektive Psychotherapie verbindet offensichtlich die zwei Seiten und integriert sie. Das ist die Bedeutung von Integration, von „alle beisammen“ zu haben. Es bedeutet, ganz zu sein; denken, was wir fühlen, und fühlen, was wir denken. Es bedeutet das Ende der Heuchelei.

Wir werden entdecken, wie wichtig die Verknüpfung zwischen dem rechten und linken Gehirn in jeder wirkungsvollen Psychotherapie ist. Wir werden über den vorderen Teil des präfrontalen Kortex lernen und über seine Rolle bei der Verbindung von Gedanke und Gefühl, und wir werden sehen, wie Erinnerung in unserem System eingeprägt und aufbewahrt wird.

Uns sind zum Beispiel Grenzen gesetzt, wenn wir von einem rein intellektuellen Standpunkt zu verstehen versuchen, wie sich das Geburtstrauma auf die Gesundheit eines Patienten auswirkt. Wenn wir aber die Sprache des Hirnstamms verstehen, welcher der tiefste Kanal des Zentralnervensystems ist, können wir tatsächlich lernen, was während Schwangerschaft und Geburt geschah. Wenn wir den Patienten führen können, während er der Spur folgt, die von seinem bewussten Verstand hinab zu den tiefsten Ebenen seines Gehirns führt, um sich mit einer eingeprägten Erinnerung zu verbinden und seine Erfahrung im Mutterleib „wiederzuerleben,“ können wir für eine effektive Behandlung sorgen, die eine ganze Litanei von Gesundheitsproblemen lindert.

Eine Patientin kam zu uns mit chronisch hohem Blutdruck. Immer wieder erlebte sie das Geburtstrauma; sie kämpfte um herauszukommen,

 

 

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verbrauchte ihre gesamte Energie in dem Kampf. Der Prototyp für hohen Blutdruck hatte sich zu jener Zeit festgesetzt. Ihr Blutdruck verringerte sich nicht, als sie viele spätere Kindheitsgefühle über Vernachlässigung wiedererlebte. Nach sechs Monaten in der Therapie fiel ihr Blutdruck schließlich von 180 zu 110 auf 135 zu 90. Für sie war Primärtherapie lebensrettend.

Seit mehr als drei Jahrzehnten, in denen wir Primärtherapie praktizieren, sehen wir, dass eine Heilung für Neurose oder sogar ernsthafte psychische Krankheit durch eine sorgfältig geplante Therapie erreicht werden kann, die auf neurowissenschaftlicher Forschung und jahrelanger Erfahrung gründet. Der systematische Prozess befähigt einen Patienten, die Geschichte bewusst wiederzuerleben, indem er sich neurophysiologisch mit vergangenen Traumen verbindet. Es bedeutet, dass der Patient drei Wochen lang die ungeteilte Aufmerksamkeit des Therapeuten hat und täglich gesehen wird. Es bedeutet einen schalldichten Raum mit gedämpftem Licht und ruhiger Umgebung. Es bedeutet keine Unterbrechungen durch Telefone oder Sekretärinnen. Der Patient ist voll und ganz der Mittelpunkt. Danach gibt es Gruppen und fortgesetzte Einzelsitzungen, wenn auch nicht jeden Tag. Alle Patienten werden dem Personal vorgestellt und der Behandlungsplan wird diskutiert, so dass alle Therapeuten in der Gruppentherapie wissen, wie sie an die Person herangehen müssen.

Ein Trauma graviert sich in einen Menschen nicht unbedingt in einem einzigen großen, dramatischen Augenblick ein. Es kann durch einfache Vernachlässigung verursacht werden, die einem über viele Jahre Tag für Tag am Lebensanfang zugefügt wird. Das Baby, das nicht aufgenommen wird, wenn es das braucht, leidet. Wenn dieses Leiden über lange Zeit andauert, wird es zu einem Trauma und prägt sich neurochemisch ins Gehirn ein.

Wenn das Trauma früh im Leben geschieht, ist das Nervensystem noch nicht voll entwickelt, und es kann nur eine begrenzte Menge an Stress verarbeiten, bevor es zu einer Schmerzüberlastung kommt. Diese Überlastung wird vom Körpersystem nicht ignoriert; stattdessen wird sie im Gehirn neurochemisch gespeichert und als eingeprägte Erinnerung aufbewahrt. Später kann diese Erinnerung Ursache für ein Verhalten sein, das ein Selbstbild reflektiert wie: „Sie kümmern sich nicht um mich. Was stimmt mit mir nicht?“ Es wird im Jargon unserer Zeit zu einem Mangel an Selbstachtung. Schlimmstenfalls kann eingeprägte Erinnerung Depression, Angst oder hohen Blutdruck verursachen und ebenso die verschiedensten psychischen und körperlichen Krankheiten.

Es ist wichtig, dass Psychotherapeuten sich auf geordnete Weise mit der Geschichte eines Patienten befassen, dass sie nach und nach Schmerz aufdecken, der als eingeprägte Erinnerung gespeichert wird. In der Primärtherapie fangen wir mit den jüngsten, weniger schmerzvollen Erinnerungen an und machen weiter mit den entfernteren und extremen frühen Traumen, bahnen uns mit der Zeit langsam und methodisch den Weg zu den tiefsten Gehirnebenen.

 

Fortsetzung Buch Seiten 34 - 70  

 
TEIL I A , SEITEN 1 - 35         TEIL I B, SEITEN 36 - 70               TEIL I C , SEITEN 71 - 106 TEIL II A, SEITEN 107 - 140      TEIL II B, SEITEN 141 - 181     TEIL II C, SEITEN 182 - 208
TEIL III A, SEITEN 209 - 240                TEIL III B, SEITEN 241 - 272   BUCHÜBERSETZUNG: BÜCHER VON A. JANOV                                             HOME